Hohenwart
Es bleibt schwierig

Unterschiedliche Lesarten bei den Hohenwarter Übertrittszahlen

02.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:45 Uhr
Vertrauenskrise: An der Hohenwarter Schule besteht noch Redebedarf. −Foto: Archiv

Hohenwart (SZ) Ist der Druck, der an der Grund- und Mittelschule Hohenwart auf den Kindern lastet, normal, oder ist er zu hoch? Darüber wird seit Wochen hinter vorgehaltener Hand und inzwischen auch öffentlich diskutiert. Ganz offensichtlich geht es dabei nicht um Helikoptereltern.

"Meine beiden Kinder waren im M-Zug auf dieser Schule", erzählt eine Mutter. "Bei beiden kam in der siebten Klasse der Wunsch, auf Real- oder Wirtschaftsschule zu wechseln. Beide Male erlebten wir, dass man die Kinder unbedingt halten wollte, mit allen möglichen Mitteln, zum Schluss mit Panikmache. Das ist nicht in Ordnung."

Und genau das wird immer wieder gesagt: Schulleiter Ralph Lanz soll Eltern sogar zu Hause angerufen und sie aufgefordert haben, ihre Kinder in Hohenwart zu lassen. "Wenn Ihr Kind an der Realschule scheitert, brauchen Sie nicht glauben, dass wir es wieder zurücknehmen" - ein Zitat, das ihm zugeschrieben wird. Von der Möglichkeit, Stellung zu beziehen, macht der Schulleiter keinen Gebrauch, er will sich nicht zu neuen Vorwürfen, die im Raum stehen, äußern.

Und das zuständige Schulamt in Pfaffenhofen kann zu diesem Aspekt wenig beitragen. Was ein Schulleiter in seinem Hause sagt oder nicht sagt, erfahren die Mitarbeiter der Behörde ja auch nur über Dritte. Insofern bleibt abzuwarten, was eine Untersuchung der Situation ergibt; man will sich behördlicherseits noch einmal sehr genau ansehen, ob in Hohenwart alles so läuft, wie es gedacht ist.

Lastet zuviel Druck auf den Schülern?


Dann wird es auch noch einmal um die Zahlen gehen. Nach und nach stellt sich heraus, dass es da durchaus unterschiedliche Lesarten gibt. Schulamtsdirektorin Karin Olesch hatte gegenüber unserer Zeitung erklärt, es gebe keine Auffälligkeiten in Hohenwart, was die Übertritte auf weiterführende Schulen betrifft. Das stimmt wohl so, bezieht sich aber nur auf die Zahl der Kinder, denen die Befähigung zugesprochen wird, auf eine weiterführende Schule zu wechseln. Wie viele Kinder dann tatsächlich übertreten, wird an Schulämtern aber gar nicht erfasst.

Der Vorsitzende des Schulverbands, Manfred Russer, der ja einen Neubau der Schule anstrebt, hatte sehr wohl Übertrittszahlen genannt: zwischen 65 und 70 Prozent. Und das wäre ein Wert, der in die Region südlich von Ingolstadt passt; da gingen in den vergangenen Jahren meist knapp 30 Prozent aufs Gymnasium und etwas mehr auf Realschulen. Die tatsächliche Übertrittsquote in Hohenwart scheint sich aber nach Elternbeobachtung dann doch in anderen Dimensionen bewegt zu haben: Von 44 Kindern in den beiden vierten Klassen (eines ist weggezogen) sollen vergangenes Jahr sieben aufs Gymnasium und 16 auf Realschulen gegangen sein, also insgesamt 23 - damit wären fast die Hälfte in Hohenwart geblieben.

Dazu passt ein weiterer Satz von Schulleiter Ralph Lanz, der durch Hohenwart geistert. Er soll in diesem Schuljahr gesagt haben, dass aus der aktuellen vierten Klasse 35 Schüler in Hohenwart bleiben müssten. Eltern erzählen das entsetzt.

Wäre es denkbar, dass Eltern sich einen solchen Satz ausdenken? Oder kann ein Missverständnis im Raum stehen? Um das zu klären, fehlt die Sichtweise des Betroffenen; auf Rückrufanfragen hat Schulleiter Lanz wiederholt nicht reagiert.

35 Schüler - das wäre jedenfalls eine feste Basis, um die Mittelschule Hohenwart solide zweizügig sicherzustellen und ein gutes Argument, um den angepeilten Neubau zu realisieren, mutmaßen Hohenwarter Eltern. Kinder aus Waidhofen, Hohenried und später auch aus Reichertshofen kommen ja noch dazu. Und immer wieder dieser Hinweis auf die "höheren Kräfte", die im Spiel sein sollen. Konkret mag aber bisher niemand werden.

Bei vielen Eltern hat die Hohenwarter Schule übrigens - offenbar schon eine Weile - einen Spitznamen weg: "Grundschulgymnasium". Dieser Ruf hat Konsequenzen: Es gibt Mütter, die extra Jobs angenommen haben, um die Montessorischule bezahlen zu können, damit Kinder nicht in diese Schule müssen. "Bitte schreiben Sie das, das ist die Wahrheit", betont eine Mutter. Andere bestätigen das.

Und sie betonen noch einmal, dass sie keine Helikoptereltern sind. Es gehe ihnen nicht darum, dass ihre Kinder unbedingt auf die Realschule oder aufs Gymnasium müssten, sondern darum, dass die Kinder ihre Fröhlichkeit und Unbeschwertheit zurückgewinnen.