Nürnberg
Erwerbslosenzahl auf Rekordtief

Arbeitsmarkt trotz Krisen überaus robust – Bestwerte auch in der Region Ingolstadt

30.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Nürnberg/Ingolstadt (DK) Der Arbeitsmarkt in Deutschland präsentiert sich trotz mannigfaltiger Krisen und der eher flauen Weltkonjunktur robuster denn je. In vielen Unternehmen entstehen weiter neue Jobs und die Arbeitslosigkeit sinkt – auch in der Region Ingolstadt.

Trotz des Tauziehens um die Zukunft Griechenlands und anderer internationaler Krisen ist die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland auf ein neues Rekordtief gesunken. Mit 2,71 Millionen Jobsuchern verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit (BA) die niedrigste Juni-Arbeitslosigkeit seit 1991. Dabei gab es 51 000 Erwerbslose weniger als im Mai und 122 000 weniger als vor einem Jahr, wie die Bundesbehörde gestern in Nürnberg mitteilte. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Punkte auf 6,2 Prozent.

BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise zeigte sich mit der Entwicklung zufrieden. Allerdings machte er für die sinkende Erwerbslosigkeit hauptsächlich saisonale Faktoren verantwortlich, wie die verstärkte Beschäftigung in witterungsabhängigen Berufen: „Zum Ende der Frühjahrsbelebung ist die Zahl der Arbeitslosen nochmals gesunken – und zwar im saisonüblichen Rahmen“, erläuterte Weise. Ohne jahreszeitliche Sonderfaktoren wäre die Zahl der Erwerbslosen dagegen nur um rund 1000 niedriger ausgefallen.

Auch im Raum Ingolstadt ging die Zahl der Jobsuchenden weiter zurück. „In keinem Juni seit Inkrafttreten der Hartz-IV-Arbeitsmarktreform im Jahr 2005 war die Arbeitslosigkeit in unserer Region niedriger“, erklärte der Leiter der Agentur für Arbeit Ingolstadt, Manfred Jäger. Insgesamt waren in seinem Zuständigkeitsbereich im Juni 5336 Menschen ohne Beschäftigung, 137 weniger als im Mai und 533 weniger als im Juni 2014. Die Arbeitslosenquote ging im Vorjahresvergleich um 0,2 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent zurück. Am besten ist nach wie vor die Arbeitsmarktlage im Kreis Eichstätt mit 821 Erwerbslosen und einer Quote von 1,1 Prozent.

In Bayern insgesamt sank die Zahl der Menschen ohne Arbeit auf rund 238 800. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent.

Auswirkungen der Griechenlandkrise auf den Arbeitsmarkt sieht BA-Chef Weise vorerst nicht. Dazu seien die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Deutschland und Griechenland nicht eng genug. Dennoch schloss er mittel- oder langfristige Risiken nicht aus: „Die Frage ist, was passiert in der Geldpolitik“

Auch der zum Jahresanfang eingeführte Mindestlohn hat nach seiner Beobachtung bislang keine erkennbaren Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. „Es gibt keine Auswirkungen in dem Sinne, dass in der Summe Jobs verloren gehen“, sagte Weise. Zwar würden im Einzelnen Minijobs wegfallen; das habe die Wirtschaft aber durch neu geschaffene Stellen kompensiert.

So gab es nach Weises Angaben nach den jüngsten Daten vom März mit 30,58 Millionen rund 521 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr als im Jahr davor. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg zwischen Mai 2014 und Mai 2015 um 206 000 auf 42,8 Millionen. Die gute Entwicklung spiegelt sich auch in der Zahl der offenen Stellen wider: Im Juni waren bei den Arbeitsagenturen 572 000 Jobangebote gemeldet, 78 000 mehr als vor einem Jahr. „Besonders gesucht sind zurzeit Arbeitskräfte in den Berufsfeldern Metallerzeugung, Verkauf sowie Verkehr und Logistik“, berichtete die BA.

Unterdessen kündigte BA-Vorstand Raimund Becker angesichts der hohen Asylbewerberzahlen eine Betreuungsoffensive für Flüchtlinge an. Über bestehende Pilotprojekte hinaus sollen weitere Ausländer frühzeitig auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Dazu will die Bundesagentur in den nächsten Monaten rund 80 zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Sie sollen schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge geeignete Job-Bewerber auswählen. Diese sollen dann in einem dreimonatigen Förderprogramm direkt in Betrieben mit der deutschen Arbeitswelt vertraut gemacht werden.

Weise und Becker räumten ein, dass es nicht ausreiche, allein die aus Versicherungsbeiträgen finanzierten Arbeitsagenturen auf die wachsende Zahl arbeitssuchender Flüchtlinge vorzubereiten. Über kurz oder lang werden wohl rund 90 Prozent der arbeitslosen Flüchtlinge in die Zuständigkeit der aus Steuermitteln bezahlten Jobcenter fallen. Diese gelten allerdings schon jetzt als unterfinanziert.