Ingolstadt
Erster Jodelkurs an der Vhs Ingolstadt - eine bleibende Erfahrung und Mordsgaudi

"Jo-dl i-ti ri ri-ei ho ho-e ri-ei ho ho-ho-da-ra hul-djo"

27.07.2021 | Stand 31.07.2021, 3:33 Uhr
Lisa Seebauer (l.) zeigt, wie Jodeln geht. Es ist nicht so einfach, wie man meinen möchte - aber eine echte Gaudi. −Foto: Pehl

Ingolstadt - Da stehen sie nun an einem Samstagvormittag im Rudolf-Koller-Saal der VHS: Lauter erwachsene Menschen, die freiwillig sehr seltsame Dinge tun.

Sie schütteln wie wild ihre Arme und stoßen dazu archaische Laute aus. Erzeugen mit wachsender Begeisterung mit den Lippen prustende Geräusche und Triller. Heben und senken die Arme und produzieren dazu "S"- und "Sch"-Laute. Lassen zur Auflockerung die Schultern kreisen - und zwar gegeneinander -was nicht einfach ist! Und sie werfen sich minutenlang imaginäre Bälle zu und juchzen und jauchzen jedesmal vor Begeisterung. Nein, das ist kein Encounter für enttäuschte FCI-Fans in einem Ashram in Poona, der aus dem Ruder gelaufen ist. Es ist der erste Jodelkurs an der Volkshochschule Ingolstadt.

Geleitet wird er von Lisa Seebauer, staatlich geprüfte Atem-, Stimm- und Sprechlehrerin in München. Die Therapeutin ist mit Musik aufgewachsen - und da gehörte das Jodeln von Kindheit an mit dazu. "Es geht nicht darum, dass es schön klingt", macht sie den Teilnehmern Mut. Deshalb wird zunächst ohne Noten geprobt. Und ganz wichtig: "Nie ans Singen denken! " Denn beim Jodeln, das übrigens auf mehreren Kontinenten verbreitet ist, geht es genau um das, was man beim Singen vermeiden will: Den Schnackler, also das hörbare Umschlagen von der Kopf- zur Bruststimme. Zuvor hatten die Teilnehmer die eingangs erwähnten Lockerungsübungen absolviert, und die sind auch dringend nötig. Denn Jodeln ist Lebensfreude, die man akustisch rauslässt. Und dafür lockert man am besten die Stimmbänder.

Natürlich haben die Teilnehmer die Gelegenheit, sich kurz kennenzulernen. Und natürlich denkt man bei einem Jodelkurs nicht nur an eines der letzten Stadtgeflüster, in die es die VHS-Veranstaltung geschafft hat, sondern an Loriots unsterblichen Sketch-Klassiker: Das Jodeldiplom. "Du dodl di! Dö dudl dö ist zweites Futur bei Sonnenaufgang" lautet eine bekannte Passage. " Und immer wieder schön: "Da hab ich was in der Hand. . . und ich habe als Frau das Gefühl, dass ich auf eigenen Füßen stehe. Da hab ich was Eigenes. Da hab ich mein Jodeldiplom. "

Wegen einer Urkunde sind die Teilnehmer freilich nicht gekommen. Sie sind im Gegensatz zum Verfasser dieser Zeilen fast alle begeisterte Sänger. Jürgen ist Chorleiter in Regensburg: Ihn interessiert die Technik. Ulrike ist Kantoristin und singt auch im Chor des Stadttheaters. Jürgen ist ebenfalls Chorsänger sowie Bandmusiker und hat schon Country-Jodeln probiert. Dass Jodeln ohne Anleitung schwierig ist, hat Susanne festgestellt. Rosi hat als Tenoristin eine tiefe Stimme und singt Gospel. Monika hat schon mal einen Jodelkurs in Sachsen absolviert, der ihr riesig Spaß gemacht hat, Tanja lässt sich überraschen und Sabine ist mit ihren Freundinnen oft auf Hütten in den Bergen, wo sie richtig jodeln wollen.

Und schließlich geht es ans Werk, nachdem der Schnackler nach Anleitung und etwas Übung einigermaßen sitzt. "da Großtante ihrer" heißt das erste Stück. Und das hat es durchaus in sich, wie der Neuling recht schnell merkt: Denn nur weil ein Stück keinen Text hat, ist es nicht einfach. Es ist nämlich keineswegs so leicht, sich sofort folgende sinnbefreite Textzeile zu merken: "Jo-dl i-ti ri ri-ei ho ho-e ri-ei ho ho-ho-da-ra hul-djo. " Doch nach mehreren Versuchen klappt es schon ganz gut und Lisa Seebauer erweist sich als gute Lehrerin. Der Anfänger freut sich - bis er kapiert, dass das nur die erste Stimme war. Es gibt noch zwei weitere, die etwas später einsetzen, dank minimaler Textkürzungen aber miteinander aufhören. Und alles in F-Dur.

Sänger mit Chorerfahrung sind da eindeutig im Vorteil. Mit wachsender Begeisterung proben sie das Stück unter der Leitung von Lisa Seebauer immer und immer wieder, bis es erstaunlich flüssig klingt. Keiner hätte das in so kurzer Zeit erwartet. Weitere Stücke werden einstudiert, wie etwa der "Goaßsuacha" oder "Tjo-e-ho". Nach drei Stunden ist der Jodelkurs an der VHS vorbei. Ohne Diplom, aber mit begeisterten Jodlern aus Ingolstadt - sowie einem geplanten weiteren Einsteiger- und einem Fortgeschrittenen-Kurs im Herbst.

DK