Ingolstadt
Erste und letzte Werke

Vor einem Jahr starb der Bildhauer Alf Lechner - Nun wird in Ingolstadt sein Frühwerk den Bildern seines Lehrers Alf Bachmann gegenübergestellt

23.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Wie wird man Künstler? Für Alf Lechner war es vielleicht Zufall. In der Schule sollte er als Hausaufgabe einen Baum malen - was er nicht konnte. Also klopfte er an die Tür von Alf Bachmann, dem bekannten Maler, der im gleichen Haus am Starnberger See wohnte. Der sollte es ihm erklären. So war der Kontakt hergestellt. Eine Begegnung mit lebenslangen Folgen. Denn Lechner wurde zu dem vielleicht wichtigsten Schüler des deutschen Landschaftsmalers. Rund zehn Jahre lang hat Lechner bei ihm studiert, etwa von 1940 (damals war Lechner 15 Jahre alt) bis 1950.

Die Beziehung zwischen den beiden Künstler ist ab heute Gegenstand einer eindrucksvollen Ausstellung im Ingolstädter Lechner-Museum mit dem Titel "Alf Bachmann - Alf Lechner: Himmel - Wasser - Stahl." Zu sehen sind 55 Werke, die zum größten Teil zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden. Eine Schau voller Überraschungen.

Denn der junge Alf Lechner unterscheidet sich von dem Künstler der späteren Jahren so stark, wie man es sich nur vorstellen kann. Fast hat man das Gefühl, einen völlig anderen Charakter kennenzulernen.

Die Ausstellung zeigt Lechner vor allem als Lernenden, als hochbegabten Anfänger, als Nachahmer und Nacheiferer seines Lehrers. Später sollte er einmal sagen, das er bei Bachmann das Sehen und Denken gelernt habe. So erzählt es jedenfalls der Kurator der Ausstellung, Lechners Sohn Daniel McLaughlin. In der Ausstellung sind auch einige Beispiele von sehr kreativen Kopien von Bildern Bachmanns zu sehen.

Tatsächlich zeichnen sich die Bilder des Landschaftsmalers Bachmann durch ihre stilistische Reinheit und die Genauigkeit der Beobachtung aus. Der in Danzig geborene Maler war weit gereist, um die Motive für seine Kunst zu finden: von Spitzbergen bis Patagonien und Ägypten. Und das zu einer Zeit, als das Reisen in diese Weltgegenden noch beschwerlich und abenteuerlich war. All das, um fast metaphysisch anmutende Momente plötzlicher Licht- und Stimmungsveränderungen in meist menschenleeren, naturbelassenen Landschaften sehr schnell aufs Papier zu bannen. Bachmann hat fast so gemalt, wie heute manche Künstler fotografieren. Aus den skizzenhaften Pastellen entstanden dann immer wieder repräsentative Ölgemälde, faszinierender sind jedoch die kleinen, ebenso spontan wie brillant gestalteten Pastelle.

In der Ausstellung werden zahlreiche der meisterhaften Landschaftsbilder gezeigt - und sie stehen unmittelbar Werken von Alf Lechner gegenüber. Die Werke der beiden Künstler gleichen sich in dieser Zeit bis zur Ununterscheidbarkeit. Die Ausstellung legt es geradezu darauf an, die Ähnlichkeit der beiden Maler zu betonen. So sieht man, wie sich Bachmann für bizarre Wolkenformationen begeistert, für das Spritzen der Gischt am Strand, das plötzliche Durchbrechen des Sonnenlichts in der Ferne. Und man erkennt, wie Alf Lechner das imitiert. Auch hier werden Landschaftszustände, Lichtzustände abgemalt, fast so als wären es Spiegelbilder der Seele. Bilder, die Ruhe und Stille ausstrahlen, oder auch Bewegung, Dynamik.

Und doch: Es gibt kleine Unterschiede. Wenn Lechner als 17-Jähriger die Zugspitze malt, dann ist eine erstaunliche Sensibilität für die fast abstrakte, flächenhafte Formensprache des Berges zu spüren. Insgesamt sind Lechners Werke spröder, formaler, weniger gefällig als die Bilder seines Lehrers.

Es gibt keinen wirklichen Übergang zwischen dem frühen und dem späteren Lechner, dem großen konkreten Künstler. Die letzten Bilder im zweiten Stock entstammen den 50er-Jahren, als Lechner längst kein wirklicher Künstler mehr war, sondern Unternehmer und Grafiker. Und die Bilder reflektieren eher den Stand der Dinge der damals aktuellen Kunstszene, der abstrakten Malerei. Zu seinem eigentlich Stil als Bildhauer fand er dann in den 60er-Jahren.

Lechner hat die Bilder seiner Anfangsjahre niemals abgelehnt oder versteckt. Kurator Daniel McLaughlin erzählt, wie er bis zuletzt den Wunsch verfolgte, die Werke Bachmanns eines Tages in seinem Museum zu zeigen. Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen - genauso wie noch ein weiterer. Denn bis zuletzt wollte Lechner die Doppel-T-Träger, die er bereits vor rund zehn Jahren in Ingolstadt in der Ausstellung "Schnitte" gezeigt hatte, in einer neuen anderen Weise präsentieren: als Labyrinth. Im Erdgeschoss des Lechner-Museums hat McLaughlin nun die rostig-robusten Stahlträger neu arrangiert. Wohl Lechners letztes, faszinierendes Werk, das nun zusammen mit seinen ersten Werken zu sehen ist. Genau ein Jahr nach seinem Tod am 25. Februar 2017.

 

Die Ausstellung wird am Sonntag, 25. Februar, 11 Uhr, eröffnet und läuft bis zum 9. September.