Neuburg
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

In "NeuSobPolis" geht es wie unter den Erwachsenen zu - Korruption, Inflation, Party und Gemeinschaft

09.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:21 Uhr
Patricia Viertbauer
Eine neue Geschäftsidee hatten einige Bürger und eröffneten die T-Shirt-Malerei in der Kinderstadt. −Foto: Foto: Viertbauer

Neuburg (DK) Die erste Woche der Neuburger Kinderstadt neigt sich dem Ende zu. An jedem Tag kamen neue Ideen aber auch Problemchen hinzu, die "NeuSobPolis" formten. Die 55 Bürger haben immer mehr Verständnis für Geld, einen Arbeitstag, aber auch die freie Gestaltung ihrer Freizeit.

"Die Kinderstadt ist bisher ein absoluter Selbstläufer, die Kleinen lernen sehr schnell aus Fehlern und passen ihr Verhalten an", so Mit-Organisatorin Magdalena Schmid über den Verlauf des "NeuSobPolis"-Projekts. Anders, als man vielleicht erwarten würde, wissen die Kinder genau, welche Verpflichtungen sie erfüllen müssen, damit sie das Leben in ihrer Stadt genießen können. So verstehen die Bürger sehr wohl, dass sie sich ohne einen Arbeitsplatz, in ihrer Freizeit nichts gönnen können. "An sich arbeiten die Kinder auch sehr gerne, vor allem, wenn ihnen die Tätigkeit gut gefällt", so Schmid.

Natürlich gab es auch schon Vorfälle in "NeuSobPolis", die vom Gegenteil zeugen. So gab es am Dienstag schon eine Arbeitslose, die dachte, dass ihr am Vortag verdientes Geld für einen unbeschwerten, freien Folgetag reicht. "Das Mädchen hat aber schnell gemerkt, dass je mehr Freizeit sie hat, desto mehr gibt sie auch aus", erklärte Schmid. Sie habe aber aus ihrem Fehler gelernt und ist noch am selben Tag zum Arbeitsamt auf Jobsuche gegangen. Auch Betreuerin Linda Strobl hat am Anfang der Woche bei einigen Bürgern einen Plan aufgeschnappt, der so nicht umsetzbar sein wird: "Ein paar Kinder wollen Montag bis Donnerstag arbeiten und am Freitag dann nur Spaß haben ohne ihren Beruf", so Strobl. Doch die Kleinen vergessen dabei, dass wenn keiner arbeitet, auch Berufspavillons wie Kino oder Freizeitpark außer Betrieb und somit geschlossen sind. "Das werden sie dann schon merken", meinte die Betreuerin grinsend. Auch politische Komplikationen regen die Kinder zum Nachdenken an. So musste Bürgermeister Tim, der erst seit vier Tagen im Amt ist, mit einem ersten Putsch-Versuch zurechtkommen. "Ein anderer Junge hat zehn Kindern jeweils zehn Neusobs gegeben, damit sie gegen mich als Bürgermeister protestieren", sagte der Zehnjährige. Der korrupte Bürger wurde aber verhaftet und konnte seinen Plan nicht in die Tat umsetzen, Tim zu stürzen. Mit ihm hat "NeuSobPolis" einen vernünftigen Bürgermeister gewählt, der sich der Pflichten im Alltag durchaus bewusst ist: "Ich habe schon auch Freizeit, aber deutlich mehr Arbeit." Aber die Tätigkeit in ihren Berufen bringt den Kindern auch Geld.

Davon ist derzeit aber zu viel in Umlauf, man steuert in der Kinderstadt geradewegs auf eine Inflation zu. "Die Kinder haben so viel Geld, deswegen wird das Organisations- und Betreuerteam darüber nachdenken, in den folgenden Wochen das Startkapital zu senken", so Magdalena Schmid. Vielleicht wird sich das Preisniveau in "NeuSobPolis" auch von selbst regulieren, denn mit dem zunehmenden Wohlstand nimmt auch die Anzahl der Freizeitangebote zu. Ein Tattoostudio, ein Nagelsalon und der neue Supermarkt kommen super bei den Kindern an. Auch neue Berufsstationen, wie die T-Shirt-Malerei sind sehr beliebt auf dem Gelände des Jugendzentrums. Grundstationen wie Kino und Freizeitpark haben ihr Spektrum an Angeboten für die Bürger im Laufe der Woche erweitert. "Bei uns im Freizeitpark gibt es eine Hüpfburg, Bobbycars und seit heute auch Twister und Uno", erzählte Betreuer Jonas Stubenrauch. Seit Kurzem bieten er und seine drei Mitarbeiter auch Wasserbomben und Spritzpistolen an, das Wasser kaufen sie bei der Feuerwehr. Auch das "NeuSobPolis"-Kino bietet eine Auswahl für die Gestaltung der Freizeit in der Kidnerstadt. "Wir zeigen viele verschiedene Kinderfilme, wie TKKG, jeweils 30 Minuten lang", sagt Kino-Betreuerin Manuela Lenz, die eine Ausbildung zur Erzieherin an der Neuburger Fachakademie macht. In jedem Beruf in der Kinderstadt hält sich das Verhältnis von Arbeit und Vergnügen die Waage. "Ab acht arbeite ich, erst in der Küche und dann in der T-Shirt-Malerei, am Nachmittag habe ich dann Spaß mit meinen Freundinnen, am coolsten ist die Hüpfburg", sagte die zehnjährige Anna. Für Kino-Mitarbeiter Nico ist der Tag am entspanntesten. "Ich arbeite im Kino und gucke da die Filme mit, wenn gerade keine Filme laufen spiele ich draussen", sagte der Achtjährige über seinen lockeren Alltag. Über seine Bezahlung kann er auch nicht klagen, er verdiene genug zum Spaß haben.

Mit ihrem Job waren in der ersten Woche aber nicht immer alle zufrieden. So kündigten am Mittwoch alle Feuerwehrleute ihrem Betreuer Marcel Egen weil es nicht genügend Brandnotfälle gab. "Die Kinder haben gesagt, dass ihnen langweilig ist, weil es kein Feuer gibt. Deswegen haben mir alle an einem Tag gekündigt", so Egen über die Verzweiflung des Vortages. Nach drei Stunden ohne Feuerwehr haben Betreuer und ehemalige Angestellte aber einen Kompromiss gefunden und legten Polizei und Feuerwehr zusammen, sodass die Motivation bestehen bleibt. Mitarbeiter der "Feuerlizei" verdienen nach Tarifverhandlungen sechs NeuSobs pro Stunde. Am vierten Tag des Projekts konnte man sehen, dass die Kinder über sich hinauswachsen und aus ihren Fehlern lernen. "Die Kinder sehen NeuSobPolis nicht als Spiel an, es ist für sie wie eine zweite Realität", so Magdalena Schmid.

Patricia Viertbauer