Ersparte Niederlage

Kommentar

08.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:59 Uhr

Spätestens als Anna Piel ihre Kandidatur angekündigt hat, wird Simone Peter klargewesen sein, dass ihre Zeit an der Spitze der Grünen vorbei ist. Denn bislang wurden ihr lediglich Chancen auf eine weitere Amtszeit eingeräumt, weil sich noch niemand aus dem linken Lager für den Posten beworben hatte.

Bei der Sonnenblumenpartei geht es streng nach Proporz. Sogar im doppelten Sinne: Realo und Fundi, Frau und Mann.

Bei einer Kampfkandidatur hätte Peter schlechte Karten gehabt. Sie hat nicht überzeugt, ist farb- und profillos geblieben. Ihre Attacke auf die Kölner Polizei nach der Silvesternacht 2016 hat inner- und außerhalb der Partei für Entsetzen gesorgt. Mit ihrem Rückzug erspart sie sich also eine Niederlage.

Piel, die dem linken Flügel zugerechnet wird, ist auf Bundesebene ein neues Gesicht. Und personelle Erneuerung können die Grünen wahrlich gebrauchen. Cem Özdemir hat bereits vor längerer Zeit angekündigt, nicht erneut zu kandidieren - weil er fest mit einem Ministeramt in einer Jamaika-Koalition gerechnet hat. Politik kann grausam sein. Und Parteien können es auch. Besonders die Grünen. Sie machen sich gerne das Leben schwer mit ihren Prinzipien.

Der Proporz hatte vielleicht einst seine Berechtigung. Wenn er jedoch dazu führt, dass nicht der beste Kandidat ein Amt bekommt, sondern derjenige, der dem "richtigen" Flügel angehört, schadet sich die Partei selbst. Dennoch wird die Basis an der - wie es Özdemir nennt - "doppelten Doppelquote" nur zögerlich rütteln. Umso erfreulicher wäre, wenn es noch weitere Bewerber gäbe. Die Grünen haben viele kluge und engagierte Politiker. Die Realos Robert Habeck und Annalena Baerbock, die ihre Kandidatur für den Chefposten bereits erklärt haben, sind nur zwei Beispiele.