Kleinhohenried
Erschlagende Argumente

Tierökologe Moning fordert: Naturschutz nicht für politische Absichten im Kampf gegen die Energiewende missbrauchen

11.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:42 Uhr

Landwirtschaft und Energiewende: Man muss neue Wege gehen, fordert Tierökonom Christoph Moning - Foto: M. Schalk

Kleinhohenried (SZ) Durch die Kollision mit Windrädern verlieren viele Rotmilane ihr Leben – aber muss man deswegen gleich diese Art der Stromerzeugung grundsätzlich infrage stellen? Es sind heikle Fragen, mit denen sich die Naturschützer derzeit herumschlagen müssen. Was den Tierökologen Christoph Moning an der ganzen Debatte am meisten stört: „Der Artenschutz läuft Gefahr, als der ewige Verhinderer zu gelten.“

„Energiewende – eine Schicksalsfrage nicht nur für Rotmilane“: So hatte Moning (kleines Foto), der auf Einladung der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe im Haus im Moos sprach, eine der vielen Folien betitelt, auf denen er interessante Zahlen zum Konfliktbereich Energiewende/Naturschutz präsentierte. So gebe es aus Großbritannien zuverlässige Zahlen, wonach eine Windkraftanlage – davon gibt es im Bayern derzeit etwa 800, in ganz Deutschland 25 000 – jährlich etwa zehn bis 20 Vögel erschlage. Aber: Fünf bis zehn Millionen Vögel sterben in Deutschland alljährlich wegen des Straßenverkehrs, in etwa dieselbe Summe an Hochspannungsmasten. Und auf den Einwurf eines Besuchers, dass in Deutschland jedes Jahr 40 Millionen Vögel das Opfer von Katzen würden, meinte Moning nur: „Die Tätigkeit von Katzen ist nicht genehmigungspflichtig.“

Nun wird zum Beispiel der Rotmilan in der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen, weil sein Bestand immer stärker gefährdet ist – was, wie Moning sagte, sicherlich auch zum Teil auf Windräder zurückzuführen sei, trotz aller dem Bau vorgeschalteten artenschutzrechtlichen Prüfungen. Man müsse hier andere Wege gehen, zum Beispiel das direkte Umfeld eines Windradturms unattraktiv für Kleinsäuger machen, die die bevorzugte Beute des Rotmilans seien und ihn deshalb anlockten. Oder man lasse Windradbetreiber in Fonds einzahlen, aus denen Schutzmaßnahmen für Rotmilane finanziert werden.

Am Beispiel eines Solarparks zeigte der Referent, wie sich Energiewende und Naturschutz vereinbaren lassen: Dort seien unter den Panelen Feuchtbiotope angelegt worden, mit der Folge, dass hier zahlreiche Kröten, Unken und Frösche ein Zuhause gefunden hätten. Und sogar die Stromproduktion sei gestiegen, weil die Panele im Sommer eine etwas kühlere Umgebung hätten, was sich positiv auf den Ertrag auswirke.

Handlungsbedarf sah Moning vor allem in der Land- und Forstwirtschaft. Hier müsse die EU mit ihren Subventionen steuernd eingreifen, zum Beispiel verhindern, dass Grünland umgebrochen und für den Anbau von Energiemais genutzt werde. Man könne zum Beispiel mit Blühmischungen als Alternative für die Biomasseerzeugung experimentieren. Und auch über die Holzernte im Wald müsse man sich Gedanken machen: Werden nur die Stämme entnommen, bleibe mit den Blättern, Ästen und dem Totholz gerade der nährstoffhaltige Teil im Wald zurück, während er bei der Vollbaumernte verloren gehe.

Man müsse, so Monings Fazit, die Risiken der Energieträger für die Umwelt gegeneinander abwägen – „wir verlieren zurzeit auch durch die Braunkohle große Flächen“. Vor allem dürften Belange des Artenschutzes nicht für politische Absichten missbraucht werden – „das ist ja das, was uns im Moment so große Sorgen bereitet“. Der Naturschutz werde, wie Moning sagte, viel zu oft „als Schutzschild“ vorweggetragen, um andere Interessen durchzusetzen.