Bad Reichenhall
Ermittlungen bei den Gebirgsjägern: Verdacht auf Volksverhetzung

Opposition spricht von "systematischen Problemen"

22.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Bad Reichenhall (dpa) Nach dem Skandal um entwürdigende Rituale in der Kaserne in Pfullendorf beschäftigen weitere Belästigungs- und Mobbingvorwürfe die Bundeswehr. Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt unter anderem wegen sexueller Belästigung und Volksverhetzung gegen mehrere Gebirgsjäger im oberbayerischen Bad Reichenhall.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages forderte, besonders bei jungen Soldaten in Kampfverbänden genauer hinzusehen.

Ein Obergefreiter soll einem Schreiben des Verteidigungsministeriums zufolge von Kameraden und Vorgesetzten zwischen November 2015 und September 2016 sexuell belästigt worden sein. Die Bundeswehr ermittelt in dem Fall gegen 14 Soldaten. Das Ministerium bezeichnet die Vorfälle in dem Schreiben als "äußerst bedauerlich und vollkommen inakzeptabel", sie würden aber im Gegensatz zu Pfullendorf nur eine Teileinheit betreffen, die Kommandeure hätten umsichtig und konsequent reagiert. Der direkte militärische Vorgesetzte des betroffenen Soldaten sei aus seiner Funktion herausgelöst worden, der Betroffene selbst sei umgehend versetzt worden.

Die Traunsteiner Staatsanwaltschaft ermittelt seit Februar in dem Fall, teilte ein Sprecher gestern mit. Gegen einen Soldaten richteten sich Vorwürfe wegen Mobbings und "sexualbezogener Verfehlungen". Gegen drei Soldaten werde in zwei Fällen wegen Volksverhetzung und wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ermittelt. Nähere Angaben machte der Sprecher nicht. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), machte sich Anfang März in Bad Reichenhall ein Bild von der Lage. Er sagte, die Vorgesetzten seien verantwortlich mit den Vorfällen umgegangen. Es sei nichts vertuscht worden.

Die Übergriffe offenbarten "ein systemisches Problem bei der Bundeswehr", erklärte hingegen die verteidigungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz. Zwischen 2015 und 2016 sei die Zahl der beim Wehrbeauftragten gemeldeten sexuellen Belästigungen um 50 Prozent gestiegen. "Die Gebirgsjäger in Bad Reichenhall machen nicht zum ersten Mal Negativschlagzeilen." Von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gab es noch keine Stellungnahme. ‹ŒKommentar Seite 2