Ermittlung läuft auf Hochtouren

21.08.2009 | Stand 03.12.2020, 4:43 Uhr

Ingolstadt (hri) Die Ermittlungen gegen einen 49-jährigen Lehrer wegen Verdachts des Kindsmissbrauchs dürften viele Wochen dauern. Die Polizei überprüft derzeit rund 200 Namen von Leuten, die früher auf Zeltlager mit dem Beschuldigten waren. Bei einem solchen soll es zuletzt Übergriffe gegeben haben.

Der Beschuldigte ist Lehrer an einer Ingolstädter Grundschule und gleichzeitig seit Jahrzehnten als Handballtrainer und Funktionär beim ESV Ingolstadt tätig. Nach einem Zeltlager mit dem Vereinsnachwuchs an einem der Lichtenauer Badeseen in der ersten Augustwoche war der Mann festgenommen worden, weil er fünf kleine Mädchen im Alter von acht bis elf Jahren zum Teil schwer sexuell missbraucht haben soll. Seither sitzt der 49-Jährige im Neuburger Gefängnis in Untersuchungshaft.

Der Verein hat der Kriminalpolizei zwischenzeitlich eine Teilnehmerliste früherer von dem Lehrer organisierter Zeltlager gegeben. Eine eigene Ermittlungsgruppe, die sich "EG Handball" nennt, versucht seither, mögliche weitere Opfer ausfindig zu machen. Das gestaltet sich aber nicht einfach, da diese Freizeitaktivitäten mitunter mehr als zehn Jahre zurückliegen. Viele der damals teilnehmenden Mädchen sind mittlerweile erwachsen, von Ingolstadt weggezogen oder haben geheiratet und einen anderen Namen angenommen. Die Auswertung der knapp 200 Namen zählenden Liste wird also noch eine ganze Weile andauern.

"Keine Gewalt"

Hinweise dafür, dass der 49-Jährige weitere Kinder missbraucht haben könnte, gibt es bisher aber nicht. Der Beschuldigte hat dem Vernehmen nach zwölf Übergriffe gestanden. Sein Anwalt Jörg Gragert hält "zehn für strafrechtlich relevant. Wichtig ist außerdem, dass mein Mandant niemals Gewalt angewandt hat". Dem Lehrer wird vorgeworfen, die Kinder bei Kitzelspielen mit einer Vogelfeder zum Ausziehen bewegt zu haben, um sich dann teils massiv an den Mädchen zu vergehen. Per Handzeichen – linke Seite heißt Stopp, rechte Seite bedeutet Zustimmung – soll der Beschuldigte es jeweils seinen jungen Opfern überlassen haben, das Ende seines Tuns selber zu bestimmen.

Ex-Rektor entsetzt

Für Behauptungen, wonach es schon seit den 1990er Jahren auch an der Schule Auffälligkeiten wegen angeblicher pädophiler Neigungen des 49-Jährigen gegeben haben soll, findet sich bisher keine Bestätigung. Die Elternbeiratsvorsitzende wollte sich nicht dazu äußern, wohl aber der damals verantwortliche Rektor. "Es hat in dieser Richtung überhaupt nie etwas gegeben, weder Hinweise von Eltern noch sonst einen Verdacht. Der Kollege war vielmehr allseits geschätzt", sagte der frühere Schulleiter. Er selber sei zwei Tage "völlig ruhelos" gewesen, als er von den Vorwürfen erfuhr. Die Vorstellung, dass es unter seiner Verantwortung zu Übergriffen gekommen sein könnte, habe ihn sehr mitgenommen. Der amtierende Rektor ist zurzeit in Urlaub. Der Beschuldigte hatte nach nach seiner Festnahme laut seinem Anwalt erklärt, dass in der Schule nie etwas vorgefallen sei. Die Polizei wird das prüfen.

Die Aussage einer 46 Jahre alten früheren Animierdame hat derweil weitere Ermittlungen ausgelöst. Die Frau hatte im Mai 2007 während eines Prozesses gegen sie von einem Kunden berichtet, für den sie sich als Schulmädchen mit Zöpfen habe herrichten sollen, weil er darauf stehe. Bei dem Mann, so behauptet sie heute, handelt es sich um den jetzt beschuldigten Grundschullehrer. "Ich habe ihn klar auf den Fotos im Internet erkannt." Anwalt Gragert hat die Polizei von den Behauptungen informiert. Er schätzt die Glaubwürdigkeit der Zeugin als gering ein – "und strafbar wäre so etwas ohnehin nicht!"