Neuburg
Erinnerungen an ein besonderes Leben

Jubilarin Dorothea Reimer blickt auf 90 ereignisreiche Jahre zurück

09.02.2020 | Stand 02.12.2020, 12:00 Uhr
Zwei, die sich gut verstehen: Dorothea Reimer an ihrem 90. Geburtstag mit Pflegerin Gerty Habermayr. −Foto: Heumann

Neuburg - Die Jahreszahl ist ihr jetzt im Trubel mit dem ganzen Besuch glatt entfallen.

Aber so ist das mit regelmäßig wiederkehrenden Ereignissen. Gefeiert wird der Tag aber stets, "er ist wichtiger bei uns als Silvester und Neujahr", sagt Dorothea Reimer zu jenem 17. Dezember Mitte der 1990er-Jahre, als sie und ihr Mann - endlich - in Deutschland ankamen. Doch auch ihren 90. Geburtstag feierte die Jubilarin am vergangenen Samstag.

Es ist ein schöner Brauch im BRK-Seniorenheim am Schwalbanger, dass bei runden Geburtstagen ein Ständchen angestimmt wird, am Nachmittag traf sich dann die Familie. Dorothea Reimer hat ihren Mut und auch die Freude am Leben nicht verloren. Auch wenn gerade die vergangenen Jahre die Frau doch sehr gezeichnet haben. Zwischenzeitlich musste ihr auch der zweite Fuß abgenommen werden. Noch mit einem Bein hatte sie zuletzt ihren Mann Alexander gepflegt, der 2017 starb. Dann aber, als das mit dem zweiten war, musste sie ihre Selbstständigkeit aufgeben, weiß sich heute beim Roten Kreuz aber gut umsorgt. Und doch ist es für sie erst die vorletzte Station. In absoluter Natürlichkeit, kein bisschen grüblerisch, melancholisch oder weinerlich erzählt die Frau von dem tiefen Grab, das sie schon gekauft habe. Wichtig nur und ganz selbstverständlich für sie, dann wieder mit ihrem Mann vereint zu sein.

Dem Mann, mit dem sie 63 Jahre lang verheiratet war, mit dem sie fünf Kinder hat, ein arbeitsames Leben teilte. Geboren in Gnadendorf, einer deutschen Siedlung unweit der Wolga und der Stadt Saratow als Nesthäkchen unter acht Kindern wurde sie samt Familie 1941 nach Kasachstan zwangsausgesiedelt. Der Mann, Alexander, Sascha von ihr nur genannt, arbeitete in einem großen landwirtschaftlichen Betrieb, fuhr den Traktor, wie die Frau voller Stolz berichtet.

Sie selbst, alsbald mehrfache Mutter, musste mit Hand anlegen. Tagsüber kümmerte sie sich um die Kinder, um fünf dann begann ihre Schicht. Damit nicht genug, ging's daheim weiter, auch der Garten wurde zur Selbstversorgung genutzt. Dorothea Reimer erzählt von den Erlebnissen mit Bienen und Hunden, von der großen Apfelernte. Und immer wieder vom 17. Dezember, der Tag, der mit der Ankunft in der neuen Heimat noch einmal fast alles in ihrem Leben ändern sollte.

lm