"Erhebliche Verunsicherung"

Der bayerische Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert (FW) über den Brexit und seine Auswirkungen auf den Freistaat

10.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:13 Uhr
Roland Weigert. −Foto: Foto: Janda

Herr Weigert, wie wirkt sich die Brexit-Hängepartie auf die bayerische Wirtschaft aus?

 


Roland Weigert: Es gibt enge Verflechtungen zwischen beiden Märkten. 2016 war Großbritannien nach den USA und China für Bayern der drittgrößte Exportmarkt mit einem Anteil von 8,2 Prozent. 2017 waren es 7,3 Prozent, das Vereinigte Königreich ist auf den vierten Platz abgerutscht und 2018 mit einem Anteil von 6,7 Prozent auf den 5. Platz hinter den USA, China, Österreich und Frankreich. Die bayerischen Unternehmer wünschen sich endlich klare Vorstellungen und Details, wie es weitergeht. Keiner weiß, was Sache ist. Und das führt zu einer erheblichen Verunsicherung.

Welche Vorkehrungen trifft der Freistaat für den Brexit?

Weigert: Wir bieten ein umfassendes Beratungsangebot, es gibt zum Beispiel eine Hotline für Unternehmer. Je nach Thema sind verschiedene Ministerien die richtigen Ansprechpartner. Unternehmen, die vor konkreten Finanzierungsherausforderungen stehen, können sich beispielsweise an die LfA Förderbank Bayern wenden. Unser Ministerium hat alle Informationen auf www. stmwi. bayern. de/brexit gebündelt zusammengefasst.

Wie kann Bayern betroffene Unternehmen unterstützen?

Weigert: Wir dürfen praktische Informationen weitergeben, aber weder Staatsministerien noch Bundesministerien dürfen rechtliche Beratungen anbieten. Die konkrete Beratung übernehmen in vielen Fällen die Kammern, zum Beispiel die Steuerberaterkammer oder die Industrie- und Handelskammern.

Sind wegen des Brexits Arbeitsplätze in Bayern in Gefahr?

Weigert: Das hängt vom Szenario ab, die Briten wissen ja selbst nicht, was sie wollen. Nur, was sie nicht wollen. Das ifo-Institut prognostiziert einen Rückgang des bayerischen Bruttoinlandsprodukts, das bei etwa 590 Milliarden Euro liegt, um 0,1 bis 0,25 Prozent. Da ist die Hoffnung dabei, dass der Brexit nicht in einem abrupten Austritt mündet. Es werden Zölle und damit auch Bürokratiekosten kommen, die werden die Entwicklung des Handels hemmen. Das ist bedauerlich.

Wie schätzen Sie persönlich und politisch den Brexit ein?

Weigert: Nach Gesprächen mit britischen Abgeordneten im Europaparlament empfinde ich den Grad der Emotionalität und die Härte der Debatte fast wie eine Art Selbstverstümmelung. Bedenkt man, dass die größten Ökonomen aller Zeiten aus Großbritannien stammen und die Briten wider besseres Wissens aus dem europäischen Markt ausscheiden wollen, dann ist das fast ein Treppenwitz der Geschichte. Ich bedauere das, denn wenn uns die EU irgendetwas bewiesen hat, dann dass sie für Frieden und Wohlstand gesorgt hat. Das ist eine einzigartige Bilanz. Die EU hat Reformbedarf, keine Frage. Aber von mir gibt es ein ganz klares Bekenntnis zu Europa und zum europäischen Wirtschaftsraum. Die Fragen stellte

Verena Belzer.