Erdogan greift an

Kommentar

24.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seiner Ankündigung Taten folgen lassen. Türkische Panzer sind auf syrisches Gebiet vorgedrungen, um die Stellungen des "Islamischen Staates" zu bekämpfen. Nach dem jüngsten furchtbaren Anschlag auf eine Hochzeitsfeier im Südosten der Türkei, der der Terrormiliz zugerechnet wird, sah sich Erdogan in der Pflicht, eine kraftvolle Antwort zu geben.

Er hat lange angenommen, er könnte sein Land schützen, indem er den IS gewähren lässt. Außerdem kam Erdogan der Kampf des IS gegen seinen Erzfeind, den syrischen Diktator Baschar al-Assad, durchaus gelegen.

Der Terror im eigenen Land jedoch hat ihn zum Handeln gezwungen. Er schlägt nun mehrere Fliegen mit einer Klappe: Er empfiehlt sich als Verbündeter im Anti-Terror-Kampf und nutzt zugleich die Gelegenheit, gegen andere "Bedrohungen" für die Türkei vorzugehen: gegen die kurdischen Milizen. Die aber werden von den USA und anderen Nato-Partnern unterstützt. Dadurch entsteht eine neue, brandgefährliche Lage. Denn es besteht das Risiko, dass sich US-Truppen und die türkische Armee ins Gehege kommen. Umso wichtiger war der Besuch von US-Vizepräsident Joe Biden gestern in Ankara.

Der Bürgerkrieg in Syrien mit all seinen Nebenschauplätzen ist auch deshalb so schwer einzudämmen, weil so viele gegensätzliche Interessen im Spiel sind. Unterdessen sterben weiter Menschen. Umso wichtiger wäre es, endlich Fortschritte an der diplomatischen Front zu erzielen.