Ingolstadt
"Er hat sich in seinem Selbstmitleid gesuhlt"

Im Franziska-Prozess beschreiben frühere Freundinnen den mutmaßlichen Kindermörder

22.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:23 Uhr

Ingolstadt (DK) Das Spannendste am zwölften Verhandlungstag im Franziska-Prozess spielte sich außerhalb des Sitzungssaals am Ingolstädter Landgericht ab. Das Gericht bestätigte per Pressmitteilung offiziell, dass das viel beachtete Verfahren überraschend schnell zu Ende gehen könnte.

Am Montagvormittag sollen die letzten Zeugen befragt werden, danach könnte der psychiatrische Sachverständige Friedemann Pfäfflin sein Gutachten erstatten, ob der mutmaßliche Kindermörder Stefan B. schuldfähig ist. Sollte es danach keine weiteren Anträge, hier käme wohl als Erstes die Verteidigung infrage, mehr geben, wären am nächsten Mittwoch, dem 15. der bisher 20 geplanten Verhandlungstage, die Plädoyers vorgesehen. Am 11. Mai – und damit vier Prozesstage und drei Wochen früher als geplant, würde das Urteil über den mutmaßlichen Mörder von Franziska gesprochen werden.

Das Landgericht verkündete auch schon vorsorglich einen Umstand, der heftig diskutiert werden dürfte: Die Plädoyers werden voraussichtlich „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ gehalten werden. Die 30 akkreditieren Pressevertreter und die Zuhörer sind dann nicht mit im Saal, wenn Staatsanwaltschaft, Nebenklagevertreterin und die Verteidiger ihre Anträge und die Begründung dafür abliefern. Hintergrund für diese vom Gesetz neuerdings vorgeschriebene Regelung ist die „Beteiligung von Minderjährigen bei den Taten“, so Gerichtssprecher Gerhard Reicherl. Neben der brutal getöteten Franziska soll B. auch zwei weitere Kinder sexuell missbraucht beziehungsweise bedrängt haben. Zudem ist die Vergewaltigung einer damals 21-jährigen Bekannten mit angeklagt.

Gestern ging es aber ausschließlich um den Fall Franziska, wobei das Opfer des brutalen Sexualmordes nur am Rande vorkam. Mit dem vom Gericht bestellten Autosachverständigen Josef Kirmeier von der Dekra versetzten sich alle geistig in den Moment zurück, als Franziska bei ihrem mutmaßlichen Mörder im Auto gesessen haben musste, nachdem sie bei Nassenfels mutmaßlich verschleppt worden war.

Konnte sie noch aus dem Auto raus, selbst wenn Stefan B. das Auto von innen verriegelt gehabt hätte? Praktisch wäre es möglich gewesen, den versenkten Verriegelungsknopf auf der Beifahrerseite zu heben und dann die Tür zu öffnen, realistisch dürfte die Zwölfjährige keine Chance gehabt haben – so lässt sich das Gutachten des Experten verstehen. „Der Sperrknopf ist nicht im direkten Blickfeld“, erklärte Kirmeier. Er habe bei seiner Nachuntersuchung des Autos über die Schulter nach hinten greifen müssen.

Ansonsten stand für das Gericht gestern ausschließlich Stefan B. im Fokus. Zwei frühere Freundinnen berichteten von ihrer Zeit mit ihm. Eine 20-Jährige aus Ingolstadt war mit ihm rund zwei Wochen zusammen, bis der Mord an Franziska passierte. Als der 27-Jährige am Morgen nach dem Tattag vor der Haustür auftauchte und angeblich sagte, er habe „ordentlich Scheiße gebaut“, beendete sie die Beziehung.

Rund zwei Jahre war eine Köchin aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen mit B. liiert. Bis sie ihn Ende 2012 selbst wegen Bedrohung anzeigte. Er habe das Haus anzünden und ihrer Familie etwas antun wollen, erklärte sie. „Er hat sich in seinem Selbstmitleid gesuhlt.“ Von einer auf die andere Sekunde sei er regelmäßig aggressiv geworden und habe sie sogar gewürgt. Beide Frauen berichteten auch über das Sexualleben mit ihm – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.