"Entweder gescheit oder gar nicht"

06.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:50 Uhr

Beilngries (DK) Bürgermeister und Rektoren der elf Altmühl-Jura-Gemeinden haben in Beilngries über ein Projekt "Sprachkultur" debattiert. Ziel ist es, den Dialekt wieder mehr zu nutzen und zu schätzen. Eine Einigung gab es nicht, sondern eher Verständigungsschwierigkeiten. Weitere Gespräche sollen folgen.

Dem ehemaligen Bürgermeister von Breitenbrunn, Josef Köstler, ist der Dialekt und seine Wertschätzung ein Anliegen. Schon zu Zeiten von Jura-2000 hat er sich für dieses Projekt stark gemacht. Es sollte dabei, wissenschaftlich begleitet von Professor Rupert Hochholzer und einer Doktorandin der Uni Regensburg und von Professor Hermann Scheuringer von der Uni Wien, um die bayerische Sprache, um die Pflege des Dialekts in den fünf Gemeinden gehen. Um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Dorf zu Dorf und um das geschärfte Bewusstsein dafür.

Nun stellte Köstler beim Bürgermeistertreffen seinen ehemaligen Kollegen die Idee als "Sonderbeauftragter" vor, eigens angereist waren die beiden Professoren. Das Konzept für den "Sprachraum Jura" in der Tasche. Außerdem waren Rektoren der verschiedenen Schulen eingeladen, da sich diese mit den Klassen ebenfalls beteiligen könnten. "Es gibt viele Möglichkeiten. Von der Erhebung bis zu Theaterstücken und Geschichten in Mundart", sagte Köstler.

Nach Worten von Professor Hochholzer geht es bei dem Projekt darum, die regionale Sprache und insbesondere den Sprachgebrauch zwischen Dialekt und Hochsprache in den Gemeinden zu beschreiben und mittelbar den Gebrauch und die Wertschätzung der regionalen Sprache zu fördern. "Zugleich wird beabsichtigt, in der Bevölkerung das Bewusstsein für den eigenen Dialekt zu stärken, durch die Förderung eines neuen Sprachbewusstseins die Einstellung zum Dialekt zu verbessern und so dessen aktiven Gebrauch zu fördern." Mittels Fragebogen und Interviews, persönlich oder etwa im Internet auf den Homepages der Gemeinden, könnte die Erhebung vonstatten gehen. "Außerdem ist auch die Mitwirkung der Schulen in besonderer Weise gefragt."

Sein Kollege Scheuringer aus Wien sagte, dass man auch dem Gerücht entgegenwirken könne, dass "der Dialekt tot ist". Dem sei nicht so. Letztlich geht bei diesem Projekt auch "um eine Wertschätzungssteigerung des Dialekts".

Das Projekt solle zwei Jahre dauern, die Kosten belaufen sich beim Projekt "Sprachraum Jura", das Gegenstand einer Promotion würde, auf 68 000 Euro für eine halbe Stelle für die wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine studentische Hilfskraft. Die Hälfte würde, so teilte Franz Stephan (CSU), Vorsitzender von Altmühl-Jura und Bürgermeister von Dietfurt, mit, gefördert.

Dass sich die Gemeindezahl inzwischen mehr als verdoppelt hatte, dass im Laufe des Gesprächs im Fuchsbräu nicht deutlich wurde, wie die Gemeinden sich mit der Bevölkerung einbringen wollen und die Schulen verstärkt in den Fokus gerieten, oder dass statt Ideen und Vorschlägen irgendwann vermehrt Forderungen an die Professoren gestellt wurden, irritierte sie mehr oder weniger.

Hochholzer machte deutlich, dass die Gemeinden der Auftraggeber seien. "Wenn gewünscht, können wir auch ein Projekt für die Schulen entwickeln." Was die Kosten angehe, stieße man bei einem umfassend erweiterten Projekt jedoch an Grenzen.

Rita Böhm (CSU), Bürgermeisterin von Kinding und stellvertretende Vorsitzende von Altmühl-Jura, hatte vorgeschlagen, dass die Schulen enger betreut werden müssten oder man das Projekt auch auf fünf Schulen begrenzen könne. Grundsätzlich stellte sie die Frage nach der Zielsetzung des Projekts: "Wir wollen nicht unmittelbar die Sprachforschung finanzieren."

Zuvor hatte Hochholzer anschaulich skizziert, dass Forschungsergebnisse in einer Internetpräsentation zugänglich gemacht würden und weitere Begleitpublikationen möglich seien.

Skeptisch-zurückhaltend waren auch einige Rektoren, die mit Detailfragen reagierten, bevor die Sache an sich diskutiert war. "Was sage ich nun meinen Kollegen. Da muss ich konkrete Anhaltspunkte haben", hieß es nicht nur einmal.

Bürgermeisterin Brigitte Frauenknecht (BL/FW) sprach sich gegen den Vorschlag von Böhm aus, das Projekt zu begrenzen. Vielmehr sei es eine Chance, den Dialekt unter verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. "Und es bestehen viele Möglichkeiten und Chancen, das individuell an den Schulen weiterzuentwickeln." Grundsätzlich sagte sie: "Dialekt hat auch etwas mit Identität zu tun." Und Köstler sagte, dass er persönlich für eine "große Lösung" plädieren würde. "Entweder gscheit oder gar nicht."