Nürnberg
Engagiert an jedem ersten Dienstag

Drei Fragen an: Doris Rosenkranz zum Ehrenamtskongress am 6. und 7. Juli in Nürnberg

04.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:08 Uhr
Doris Rosenkranz. −Foto: Foto: Christ/epd

Nürnberg (epd) An der Technischen Hochschule Nürnberg forscht Doris Rosenkranz zum Bürgerschaftlichen Engagement, zu Seniorengenossenschaften und Nachbarschaftshilfen.

Sie gehört dem Vorstand der "Zukunftsstiftung Ehrenamt Bayern" an und organisiert den 4. Bayerischen Ehrenamtskongress, der morgen und am 7. Juli in Nürnberg stattfindet. Fast 550 Menschen aus ganz Bayern werden zwei Tage lang über aktuelle Themen des Freiwilligenengagements diskutieren.

Frau Rosenkranz, "Ehrenamt" klingt so, als könnte jeder, der Lust hat, mitmachen. Aber: Wie wichtig ist eine gute Qualifizierung?

Doris Rosenkranz: Ist das Ehrenamt mit bestimmten Anforderungen verbunden, ist es natürlich wichtig, dass die Ehrenamtlichen geschult werden. Zum Beispiel im Rettungsdienst. Es ist aber insgesamt gesehen von noch größerer Bedeutung, jene Personen zu schulen, die für die Ehrenamtlichen verantwortlich sind. Und zwar in allen Bereichen - ob es um Telefonberatung geht, die Freiwillige Feuerwehr oder Dienste in kirchlichen Gemeinden. Die Ansprechpartner der Ehrenamtlichen müssen wissen, wie man Freiwillige gewinnt, sie hält, sie gut begleitet und auch gut verabschiedet. "Freiwilligenmanagement" heißt das. Leider sehen viele Organisationen diesen Bedarf noch nicht.
Fast jeder zweite Bürger Bayerns über 14 Jahren ist ehrenamtlich tätig. Dennoch klagen viele Verbände, dass sie niemanden finden.

Rosenkranz: Eigentlich müsste man andersherum fragen: Was machen die, die noch Ehrenamtliche finden, richtig? Geht man dieser Frage nach, stellt man fest: Diese Verbände haben einen Rahmen für das Ehrenamt geschaffen. Zum Beispiel wurde jemand benannt, der für das Ehrenamt zuständig ist. Außerdem haben diese Organisationen erkannt, warum sich Menschen nicht engagieren: nämlich aus Angst, nicht mehr aus dem Ehrenamt herauszukommen. Transparente Stellenbeschreibungen sind wichtig. Die Suche sollte immer möglichst konkret sein. Also zum Beispiel eine Person, die etwa ein Jahr lang an jedem ersten Dienstag im Monat zwei Stunden am Nachmittag in die Kita geht und vorliest.

Inwieweit hat sich das Ehrenamt in den vergangenen Jahren für Menschen geöffnet, die bisher keine Akteure waren?

Rosenkranz: Es gibt keine Daten, wie viele Menschen mit Behinderung sich ehrenamtlich engagieren. Wir selbst haben eine Studie mit der Lebenshilfe durchgeführt und festgestellt, dass das Interesse von Menschen mit geistiger Behinderung am Ehrenamt sehr groß ist. Inzwischen gibt es auch einige gute Modelle, wie man Menschen mit Behinderung einbeziehen kann. In der evangelischen Kirche in Hamburg unterstützen etwa nicht-beeinträchtigte Ehrenamtliche Menschen mit Behinderung, damit diese im Ehrenamt aktiv sein können. Es braucht auf jeden Fall auch hier konkrete Angebote. Außerdem müssen natürlich die Rahmenbedingungen wie Barrierefreiheit stimmen.

Das Gespräch führte

Pat Christ