Schrobenhausen
Energiewende in Bürgerhand

Zehn Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima: BEG zieht eine mittelmäßige Zwischenbilanz

05.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:13 Uhr |
Windkraft würde sich die Bürger-Energie-Genossenschaft auch in Schrobenhausen wünschen, nicht nur wie hier in Gerolsbach. − Foto: M. Schalk

Schrobenhausen - Die Bilder der Katastrophe gingen um die Welt - und sie veränderten die Welt: Am 11. März 2011 erschütterte eines der stärksten jemals gemessenen Erdbeben die Küste Japans. Bis zu 40 Meter hohe Wellen brachte der dadurch ausgelöste Tsunami mit sich. Mehrere Kühlsysteme im japanischen Atomkraftwerk Fukushima kollabierten und erhebliche Mengen radioaktiver Stoffe wurden freigesetzt.

Heute, zehn Jahre später, hat sich im Bereich Klimaschutz viel getan - auch in der Region. Doch es reicht noch lange nicht, das macht die Bürger-Energie-Genossenschaft (BEG) Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt klar. Der Vorsitzende Peter Mießl betont, dass die Versorgung mit erneuerbaren Energien nur mit einem Blumenstrauß an Technologien funktioniere. Am wichtigsten: Sonne und Windkraft. "Biogas ist im Grunde schon ausgereizt", ist seine Meinung. Sie sei aber gut, die Schwankungen auszugleichen - dann, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht.

Zusammen mit Bürgern und Kommunen will die BEG die Energiewende vorantreiben. In Schrobenhausen, so Mießl, sei man aktuell dabei, mit Stadt und Stadtwerken die Daten zu sammeln für ein großes Holzkraftwerk, das man gerne verwirklichen würde. Eine PV-Freiflächenanlage ist in der Högenau bereits am Entstehen. Außerdem war Schrobenhausen tatsächlich die erste Kommune, mit der man zusammengearbeitet habe, wie BEG-Geschäftsführer Matthias Haile, erzählt. Und zwar bei einer Solaranlage auf der Dreifachturnhalle, die das Freibad mitversorgt - eine hohe Eigenstromnutzung also.

Auch in Neuburg ist man an einer PV-Freiflächenanlage dran, in Königsmoos entsteht hierzu ebenfalls gerade ein Konzept zusammen mit der BEG, ebenso wie ein kaltes Nahwärmenetz für zwei Baugebiete. In Oberhausen sind es sogar drei Solarparks, die man verwirklicht hat und in Möckenlohe ein heißes Nahwärmenetz für den Kernort.

Ziel der BEG ist es, dass jeder mitmachen und mitreden kann bei der Energiewende. "Die Menschen sollten Verantwortung übernehmen", ist Mießl überzeugt - und sein Eindruck ist: Sobald die Bürgerinnen und Bürger vor Ort teilhaben an den Projekten, seien die meisten auch begeistert davon. Und: "Die Wertschöpfung bleibt hier."

Die Klimaziele der Stadt sind für Mießl längst überholt - in 15 Jahren sollte man aus seiner Sicht CO2-neutral sein, nicht erst in 30. "Man könnte schon deutlich weiter sein", betont auch Haile. Klar hätten die Kommunen auch andere Baustellen, "aber man darf nicht trödeln". Denn gerade bei diesen sieht er eine Vorreiterrolle. Ein großer Schritt in Schrobenhausen sei das geplante Baugebiet Kellerbergbreite mit kaltem Nahwärmenetz als klimaneutrales Quartier. Dennoch: 2018 kamen laut Energieatlas erst 18,4 Prozent des Stroms in Schrobenhausen aus erneuerbaren Energien. "Damit sind wir weit unter Bundesdurchschnitt", weiß Umweltingenieurin Maxi Schwarzbauer. Ihre wie auch die Sorge vieler Klimaschützer: Dass Kipppunkte beim Klimawandel erreicht werden, die sich nicht mehr aufhalten lassen. Wenn die Polarkappen schmelzen oder der Golfstrom erliegt. Deshalb geht ihr alles noch zu lasch voran.

Was die BEG sich für Schrobenhausen wünschen würde ist Windkraft. "Sie ergänzt sich super mit Sonnenenergie", weiß Haile. Und seien zudem wirtschaftlich umsetzbar, schließlich muss auch eine Genossenschaft wirtschaftlich denken. Ein Bürgerwindrad könnte er sich vorstellen, doch auch bei anderen Projekten für erneuerbare Energien könnten die Kommunen eine Bürgerbeteiligung mit vorschreiben. "Das Geld bleibt dann in der Region und das steigert auch die Akzeptanz und hilft, Vorurteile abzubauen", ist Maxi Schwarzbauer überzeugt. Mit dem Windkümmerer und der Stadt sei man bereits in einem Findungsprozess. Und die Windkraftgegner? "Das ist meist eine sehr laute Minderheit", so Haile. Jeder wolle ein hochtechnisiertes Leben, aber keine sichtbaren erneuerbaren Energien in der Umgebung. Dabei sei es auch ein Industrie- und Gewerbefaktor. "Wir planen ja keinen Windpark, sondern wir haben einen sanften Ausbau vor." Doch Fakt sei: "Der ländliche Raum ist das Rückgrat der Energiewende." Und jedes Unternehmen brauche Strom, umso wichtiger sei es, den Wirtschaftsstandort Bayern mit dem Vorantreiben der erneuerbaren Energien auch zu erhalten.

Eine Online-Veranstaltung zum Thema gibt es am Montagabend um 18.30 Uhr. Die klimapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Lisa Badum, berichtet, wie im Bundestag politisch für die Energiewende gearbeitet wird. Den Einwahllink können Interessierte unter info@buergerenergie.bayern erfragen oder auf der Homepage und der Facebookseite einholen.

SZ

Isabel Ammer

Zu den Kommentaren