Irsching
"Endlich geht es wieder los"

Das Gaskraftwerk Irsching bereitet sich auf die Marktrückkehr mit den Blöcken 4 und 5 vor

25.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:33 Uhr
Noch stehen sie still und sind nur "Wahrzeichen" von Irsching: Die Blöcke 4 (links) und 5 des Kraftwerkes dürfen aber im Oktober wieder ans Netz. −Foto: Konze

Irsching - Unsichtbar, aber spürbar ist sie.

Die Begeisterung, die fast schon greifbar wirkt. Die Motivation, die sich im Kraftwerk Irsching breit macht. Nein, die sich breitgemacht hat. Vor knapp zwei Wochen, als die Nachricht die Runde machte, die Blöcke 4 und 5 - nach wie vor ein Aushängeschild, wenn es um effiziente und umweltschonende Stromerzeugung geht - gehen zum Oktober wieder ans Netz. Nicht als Lückenfüller, sondern mit dem Ziel, wieder dauerhaft Strom zu produzieren und am Markt zu verkaufen. Mit Gewinn.

"Wir glauben an den wirtschaftlichen Betrieb der Blöcke", sagt der Uniper-Werkleiter Oliver Schwadtke. "Ich habe in den vergangenen Jahren schon immer gesagt: ,Ich sehe Licht am Ende des Tunnels. '" Michael Schedl, seit Januar Bereichsleiter Produktion und Schwadtkes Stellvertreter, ist auch positiv gestimmt: "Ich hoffe auf einen langfristigen Preisvorteil für unser Kraftwerk. "

Mussten die Mannen um Schwadtke in den zurückliegenden Jahren das Kraftwerk nur als Reserve für Netzengpässe in Schuss halten, geht es im Oktober richtig los. Während auf der grünen Wiese, am Ende des Kraftwerk-Areals angrenzend an die Gelände von Mero und Bayernoil, dann der Bau von Block 6 begonnen wird, produzieren die 2010 und 2011 eingeweihten Blöcke 4 und 5 Strom. Doch momentan ist die Marktrückkehr das beherrschende Thema. "Endlich geht es wieder los. " "Ich freue mich darauf, dass es wieder so ist, wie es früher war. " "Ich kann es kaum noch erwarten, dass wir wieder am Markt sind. " Die Stimmung im Werk war in den vergangenen Jahren nie schlecht. Dafür sorgte auch der Führungsstil von Schwadtke. Aber jetzt, seit zwei Wochen, ist sie so positiv wie schon lange nicht mehr.

Die Mannschaft ist "schlank und kompakt aufgestellt", sagt der Werkleiter. Sie war aber nie ausgedünnt: "Manchmal wurde die eine oder andere Position nicht nachbesetzt. Es gab aber nie einen Personalschwund im Kraftwerk. " Aktuell zählen 62 Personen zum Stamm, die sich im Prinzip auf drei Bereiche aufteilen: Produktion, Instandhaltung und Digitalisierung/ Qualität/Performance.

"Das lange Warten war keine leichte Aufgabe", betont Schwadtke. "Daher danke ich allen, die in dieser Zeit zu uns gehalten oder uns den Rücken gestärkt haben. Auch Bürgermeister Martin Schmid hat sich immer ins Zeug gelegt für uns. " Die schlechten Zeiten seien nun fast überwunden, es kommen die guten. "Das wird sich positiv auszahlen. "

In allen Bereichen herrscht nun vorbereitende Betriebsamkeit. "Wir prüfen derzeit alle Bauteile, zum Beispiel Sicherheitsventile oder Dichtelemente, damit wir sie nicht gleich prüfen müssen, wenn wir wieder am Markt sind", erklärt Schwadtke. Einen Stillstand braucht man in Irsching vorerst nicht, mit diesen Arbeiten lässt sich 2021 wohl durcharbeiten. Diese Revision soll drei Monate dauern, Mitte September sollen die Arbeiten beendet sein, inklusive einiger Testläufe. "Dann wird Strom produziert, vermarktet und verkauft - und das gewinnbringend", formuliert es der Werkleiter.

Schwadtke gibt zu, man habe schon "seit einem Jahr geschaut, wie sich der Markt entwickelt". Er sah, wie gesagt, Licht im Tunnel, Vohburgs Bürgermeister Martin Schmid (SPD) hat laut Schwadtke schmunzelnd gerne geantwortet, das sei das Licht vom Gegenverkehr. Nun freut sich Schwadtke, dass er Recht behalten hat. Der Rathauschef ist natürlich auch begeistert: "Es ist sehr erfreulich, dass nach so vielen Jahren Stillstand eines der mordernsten Gasturbinenkraftwerke der Welt wieder in Gang kommt. Die Rückkehr in den Markt bedeutet auch eine Standortsicherung - schließlich arbeiten in Irsching viele Menschen, die in unserer Gemeinde oder in der näheren Region leben. " Schmid gibt zu, dass der Wiederanlauf auch den Finanzen der Stadt gut tun soll: "Wir hoffen natürlich auch auf Gewerbesteuereinnahmen. "

Zwei Tendenzen waren zuletzt erkennbar, erklären Schwadtke und Schedl: die Verlagerungen der Kapazitäten - 2022 soll das letzte Atomkraftwerk stillgelegt werden - und die enorm gesunkenen Gaspreise. Und dank des Weitblicks - laut Schwadtke wurden die Kosten für die Blöcke 4 und 5 seit einem Jahr geprüft und am Ende "maßgeblich reduziert" - rentiert sich die Marktrückkehr: "Wir brauchen eine geringere Marge für einen wirtschaftlichen Betrieb der beiden Blöcke", betont Schwadtke. Und was passiert, wenn der Gaspreis wieder ansteigt? Schwadtke vertraut den Analysten: "Die Prognose für die kommenden drei Jahre ist, dass das derzeitige Preisniveau erhalten bleibt. " Er gibt aber auch zu, dass es Risiken gibt. "Ausschließen kann man natürlich nichts. Aber wer ängstlich ist, muss zu Hause bleiben. "

Ängstlich sind sie nicht bei Uniper. Eher mutig und innovativ. Schwadtke und Schedl erzählen, bis 2035 wollen sie in Irsching CO2-frei Strom erzeugen. Dazu gibt es eine Absichtserklärung mit Siemens. Auch Wasserstoffbetrieb hat man im Auge. "Die Zukunft wird grün und regenerativ sein", sagt Schedl. Auch, weil die Kohlekraftwerke sukzessive verschwinden werden. "Deren größter Nachteil sind die CO2- Strafzahlungen. "

Fast schon nebenbei entsteht Block 6, der im Sommer 2022 fertig sein muss und laut Schedl "die Energiewende aktiv unterstützt". Baubeginn ist im August, die Turbine kommt aus Genua in Italien. Verzögert die Corona-Krise die Entwicklung? "Wir haben bislang vier Wochen verloren, aber das lässt sich ausgleichen", ist Schwadtke sicher. Die Turbine soll im März geliefert werden, der offizielle Spatenstich erfolgt wegen Corona nicht im August, sondern erst im Frühjahr des kommenden Jahres. Erste Vergaben sind schon erfolgt, zum Beispiel die Betonarbeiten.

Was gibt es Neues vom Tank, der als Vorrat mit Öl befüllt werden soll? Schwadtke: "Da ist noch nichts entschieden. Im August werden wir wie viele andere auch ein Angebot abgeben. " Ob Irsching dann den Zuschlag erhält, ist offen. "Jetzt ist es nicht mehr so wichtig für uns", betont der Werkleiter. Die Marktrückkehr spült Geld in die Kassen. Die Gasölbevorratung steht nicht mehr ganz oben auf der Uniper-Liste.

PK

Oliver Konze