Elektronik-Riese in der Führungskrise

16.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:49 Uhr
Im Umbau: Im Mai verkündete MediaMarktSaturn ein großes Sparprogramm, das auch Hunderte Arbeitsplätze in der Ingolstädter Verwaltung kostet. −Foto: Oppenheimer

Nach nicht einmal acht Monaten steht Ceconomy-Chef Jörn Werner vor dem Aus. Der Mutterkonzern des Ingolstädter Elektronikhändlers MediaMarktSaturn will den Manager loswerden. Als Interimschef ist offenbar Aufsichtsrat Bernhard Düttmann im Gespräch.

Ingolstadt/Düsseldorf (DK) Der Ingolstädter Elektronik-Riese MediaMarktSaturn kommt nicht zur Ruhe. Per Ad-Hoc-Mitteilung gab der Düsseldorfer Mutterkonzern Ceconomy am Dienstagabend bekannt, dass man auf einer heute stattfindenden Aufsichtsratssitzung über eine Beendigung des Vertrags von Vorstandschef Jörn Werner beraten werde. So eine Mitteilung verschickt man in der Regel nicht ohne Grund: Die Trennung dürfte heute also reine Formsache sein. Die Personalie lässt den Aufsichtsrat unter Führung von Ex-Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen nicht besonders gut aussehen, denn Werner hatte seinen Job erst im März dieses Jahres angetreten. Gemeinsam mit Karin Sonnenmoser als Finanzchefin und Dieter Haag Molkenteller, verantwortlich für Compliance, bildete er das neue Führungstrio. Auch Haag Molkenteller ist inzwischen nicht mehr im Amt.

Ganz überraschend kommt der Bruch mit Werner nicht. Dass er und MediaMarktSaturn-Chef Ferran Reverter bislang nicht an einem Strang zogen, ist kein Geheimnis. Angeblich arbeitete man sogar eher gegeneinander. Beide wollten das kriselnde Unternehmen umbauen, hatten aber offenbar unterschiedliche Vorstellungen. Reverter ließ nach Informationen unserer Zeitung Werner über viele Vorgänge im Dunkeln. Nach siebeneinhalb Monaten entschied sich der Aufsichtsrat nun offenbar, dem Tauziehen um die Macht ein Ende zu setzen.

Laut einem Bericht des "Manager Magazins" könnte Ceconomy-Aufsichtsratsmitglied und Ex-Lanxess-Finanzchef Bernhard Düttmann als Interimschef einspringen.

Der Abschied von Jörn Werner wäre der nächste Abgang eines Topmanagers in einer ganzen Reihe. Im vergangenen Jahr musste Konzernchef Pieter Haas seinen Hut nehmen, auch Finanzchef Mark Frese musste gehen. Als Ferran Reverter die Nachfolge von Haas als MediaMarktSaturn-Chef antrat, folgten Trennungen von vielen weiteren Führungskräften.

Die Frage ist nun, wie es weitergeht. Denn das Hauptproblem ist die Struktur des Konzerns - und das lässt sich so ohne weiteres nicht lösen. Eigentlich war die Idee, MediaMarktSaturn wieder in die Erfolgsspur zu führen, indem man den Elektronik-Riesen unter dem Dach der neu geschaffenen Ceconomy von der Metro abspaltete. Doch es ging immer weiter bergab. Vor allem der Online-Handel machte und macht dem Ingolstädter Elektronik-Riesen zu schaffen. Dazu lähmte jahrelang ein Streit der Gesellschafter das Unternehmen bei wichtigen Entscheidungen. Über zahlreiche Beschlüsse stritt man vor Gericht.

Nach dem Tod von Minderheitsgesellschafter und Media-Markt-Mitgründer Erich Kellerhals schien man die Differenzen überwunden zu haben. Doch im Mai kochte der Streit erneut hoch: Die Familie Kellerhals wehrte sich - am Ende erfolglos - gegen die Aufnahme von Freenet-Chef Christoph Vilanek in den Ceconomy-Aufsichtsrat. Freenet hält knapp zehn Prozent der Anteile an Ceconomy. Auch der bevorstehende Rauswurf von Werner dürfte die Familie Kellerhals als Minderheitseigner von MediaMarktSaturn wenig erfreuen.

Im Prinzip gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder man holt einen neuen Ceconomy-Chef, der weitgehend auf strategische Entscheidungen und einen Eingriff ins operative Geschäft zugunsten des MediaMarktSaturn-Chefs verzichtet. Wobei sich in diesem Fall natürlich die Frage stellt, wozu es die Dachgesellschaft mitsamt Chef dann eigentlich überhaupt braucht. Die Antwort, die man hinter vorgehaltener Hand erhält, lautet: Dieser solle sich "um den Kapitalmarkt kümmern". Möglichkeit zwei wäre, dass Reverter - oder jemand anderes - den Chefposten sowohl in Ingolstadt als auch in Düsseldorf zugleich besetzt, so wie es schon Pieter Haas tat.

Kaum strittig ist, dass die Trennung von Werner nach so kurzer Zeit den Konzern eine Stange Geld kosten wird. Den Verwaltungsangestellten in Ingolstadt, denen im Mai ein massiver Stellenabbau verkündet wurde, dürfte das mit Sicherheit sauer aufstoßen.