Ingolstadt
Eiskalt erwischt

Warum manche Radfahrer am Dienstag trotz Schnee und Wind unterwegs waren

30.11.2021 | Stand 04.12.2021, 3:34 Uhr
Laut dem Triathleten Matthias Hausmann formen Wind und Schnee den Charakter: "Das Wetter kann man sich am Wettkampftag auch nicht aussuchen." −Foto: Schoch

Ingolstadt - Der November verabschiedet sich mit Schnee und Wind.

Der erste Wintereinbruch hält einige Radfahrer allerdings nicht vom Fahren ab.

Die Schneeflocken fliegen waagrecht über die kahle Landschaft. Windböe folgt auf Windböe. Melanie Schoch umklammert fest den Lenker. Schneewehen türmen sich auf. In Schlangenlinien versucht sie vorwärts zu kommen. Nicht einfach. Weder der Wind noch die Fahrbahn lassen höhere Geschwindigkeiten zu. Ihr grauer Mantel ist schon weiß gefärbt. Sie klopft den Schnee ab. "Eigentlich bin ich warm eingepackt", sagt sie. "Aber heute zieht der Wind richtig gemein durch. Ich bin froh, wenn ich daheim bin. " Sie wollte nur kurz etwas erledigen und nahm das Rad - ein bisschen hat sie es schon bereut. Zumindest wartet zu Hause eine warme Tasse Glühwein. Noch hat sie aber ein paar Minuten bis Bettbrunn vor sich.

29 Kilometer - einfache Strecke - fährt der Ingolstädter Holger Wanke jeden Tag mit dem Fahrrad. Er arbeitet in Münchsmünster. Der Wintereinbruch ist für ihn kein Problem - auch wenn seine dunkle Sturmhaube, zum Schutz vor der Kälte, vom Schnee weiß ist. "Das macht keinen Unterschied zu sonst", erzählt er. "Das ist wie beim Autofahren, man passt sich der Witterung an. " Wanke fährt jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit - egal ob Sonne, Regen, Schnee oder Wind. Ein gutes Training. Aber es gäbe eben ein paar Regeln zu beachten. Eine sei: "Die richtige Kleidung ist wichtig", sagt er. Und: umsichtiges Fahren natürlich.

Alexander Geith aus Hitzhofen lässt sich von Schnee und Wind ebenfalls nicht abhalten aufs Rad zu steigen. "Ich selbst bin sehr kälteresistent und freue mich immer an die frische Luft zu kommen. Mit den richtigen Klamotten fühle ich mich auch bei Kälte und Schnee pudelwohl", sagt er. Wie beim Autofahren auch, setzt er - je nach Witterung - auf stark profilierte Reifen oder sogar auf Reifen mit Spikes. "Dazu bin ich bei einem solchen Wetter ein großer Fan davon, die Hände und Füße warm zu halten. Wind- und Wasserbeständigkeit sind natürlich Grundvoraussetzung für erträgliche Stunden bei Eis und Schnee. " Vor allem am gestrigen Dienstag.

Robert Wittenburg aus Niederarnbach (Landkreis Pfaffenhofen) fährt täglich zur Arbeit nach Manching. "Heute wäre Homeoffice und Zwift (virtuelles Radtrainingsprogramm, d. Red. ) besser gewesen", scherzt er. Trotzdem hat er noch ein paar Tipps für Winterradler: "Die Kleidung ist wichtig. Das beginnt bereits bei der Brille", sagt er. Klare Gläser seien bei dem Wetter empfehlenswert. Für längere Fahrten mit dem Rad nimmt Wittenburg bei einer solchen Witterung zwei Paar Handschuhe mit und wechselt diese, sobald das erste Paar durchnässt ist. Winterradschuhe seien gut, damit die Zehen nicht auskühlen. Oder Neoprenüberschuhe. "Manche nutzen auch eine Sohlenheizung", sagt er. Und auch das Fahrrad müsse für so ein Wetter gerüstet sein. "Meist fahre ich im Winter ein Crossrad oder ich nehme das Mountainbike mit tiefen Stollenreifen. "

"Warum ich bei so einem Wetter Rad fahre? ", wiederholt Matthias Hausmann aus Ingolstadt. "Das ist eine gute Frage. " Er überlegt kurz und streicht sich die Schneeflocken aus dem Bart. "Ich bin ja Triathlet und nur Indoor zu fahren bringt es auch nicht. Für mich gehört Radfahren im Freien dazu. Am Wettkampftag kann man sich das Wetter ja auch nicht heraussuchen. " Deshalb hat Hausmann beim Schneetreiben das Crossrad aus dem Keller geschoben. "Wind formt den Charakter und Schnee ja auch ein bisschen", sagt er, lacht, schwingt sich auf sein Rad und verschwindet im dichten Schneetreiben. An diesem Tag war es also für alle Radfahrer eine echte Charakterprobe.

tis