Einzigartig - Anmerkungen zur Stadthallendebatte

30.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:15 Uhr

Es gibt ja nichts, was es nicht schon gab, aber in diesem Fall drängt sich dann doch ein Superlativ auf: einzigartig. Dass ein Bürgermeister sagt, er sucht sich die Mehrheit, die sein Stadtrat nicht zusammenbringt, dann eben bei den Bürgern, das ist mindestens selten. Wenn nicht – einzigartig. Anmerkungen zur Stadthalle in Schrobenhausen von SZ-Redaktionsleiter Mathias Petry.

Und ein Armutszeugnis für diesen Stadtrat ist das noch dazu. Wie angefressen muss er sein, der Bürgermeister, dass er allen Ernstes erwägt, seinen Stadtrat, der sich in seiner Sitzung am Dienstag zu keiner Entscheidung beim Thema Stadthalle durchringen konnte, mit Hilfe eines Bürgerbegehrens auszuhebeln?

Genau genommen ist das ein glatter Ausverkauf: Der Bürgermeister einer Stadt hält seinen Stadtrat für nicht fähig, eine Entscheidung zu treffen. Das muss man sich auf der Zunge zergehenlassen.

CSU-Stadtrat Andy Vogl, der nicht gerade durch Dynamik glänzt, der als Jugendreferent bis zuletzt die alte Spitze des Jugendzentrums öffentlich gestützt hat und damals nichts zur überfälligen Reform beitrug, er ist es jetzt, der – durchaus überraschend – die Initiative ergriffen hat, und einen neuerlichen Antrag auf Stadthallenneubau einreichte. Und er ist kommunalpolitisch noch immer derart unbeleckt, dass aufgrund einer Formulierung die Rechtsaufsicht prüfen muss, ob dieser Antragüberhaupt zulässig ist.

Denn: Ein politisches Gremium sollte eigentlich nicht so oft über ein- und denselben Antrag abstimmen können, bis am Ende ein Ergebnis herauskommt, das gefällt. Und genau darauf zielt Vogls Formulierung ab: Er begründete seinen Antrag ja damit, dass am Dienstag im Stadtrat allein deshalb kein Beschluss zum Thema Stadthalle zustande kam, weil drei Befürworter eines Neubaus nicht da waren.

Hätte er genau diesen Hinweis weggelassen und sich auf einen Antrag auf Neubau mit Kostenrahmen und ein paar Details zur Größe der Stadthalle beschränkt, dann wäre eine rechtsaufsichtliche Prüfung nicht nötig geworden. Aber am Ende wird man es schon irgendwie hinbiegen. Es passt jedenfalls ins Bild, das dieser Stadtrat abgibt. Was ist das? Amtsmüdigkeit? Bei einigen wäre es kein Wunder, die Hälfte der Mannschaft samt Vizebürgermeisterin war schon unter Josef Plöckl dabei, und der ist seit bald zehn Jahren in Rente. Und Politikverdrossenheit. Sie wollen für ihre Stadt arbeiten, nur bitte ohne die Spielregeln des politischen Geschäfts. Aber das klappt nicht.

Es ist eigentlich ein wunderbares Demokratieverständnis, wenn jeder etwas sagen darf, wie in einem Debattierclub. Ergebnisorientiertes Arbeiten bedeutet aber – leider – manchmal, dass ein Ober einen Unter sticht. Und wenn man halt sieben Jahre lang nicht zu einer wegweisenden Entscheidung kommt...

Insofern ist es fast schon kein Wunder mehr, wenn der Bürgermeister jetzt erwägt, seinen Stadtrat per Bürgerbegehren auszuhebeln. Die Besprechung am Donnerstag mit Stadthallen-Aktivisten hat übrigens ergeben, dass man zunächst die rechtliche Prüfung des Vogl’schen Neubau-Antrags abwartet. Danach wird entschieden, ob es zum bürgermeisterlichen Bürgerbegehren kommt.

Aber wo ist der politische Wille des Stadtrats, einen gemeinsamen Kompromiss zu finden? In der SPD gibt es immerhin eine Beinahe-Einigkeit. Schön, dass drei Stadträte sich jetzt zusammengetan haben, um ihre Sichtweise zu erklären. Dabei passt es ins Bild, dass ausgerechnet die Fraktionschefin nicht mitmacht. Da ist so viel Demokratie innerhalb der Fraktion, dass nicht mehr viel fehlt, bis der erste walddorfmäßig seinen Namen tanzt. Immerhin: Die drei SPD-Stadträte reden Tacheles. Sie benennen die aus ihrer Sicht Schuldigen für das Debakel: proSob.

Bürgermeister Stephan hat ganz andere Schuldige ausgemacht, nämlich die Umfaller, die sich nicht an ihre Zusagen im Vorfeld der Stadtratssitzung hielten, die aber nicht namentlich benannt wurden. Vielleicht muss man hier suchen: Die CSU-Stadträte Vogl, Siegl und Hartmann hatten der Generalsanierung nicht zugestimmt.

Aber eigentlich ist das auch schon wurscht. Wenn man noch fünf Stadträte fragt, wird man mutmaßlich wieder andere Schuldige finden. Das Signal lautet: Jetzt beginnen sie also, sich gegenseitig zu zerfleischen. Ob das zielführend ist?