Antarktis
Einsatz in der Antarktis

Thomas Börner war für die Bauer AG sechs Wochen lang auf Expedition im ewigen Eis

26.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:18 Uhr

Foto: DK

Antarktis (SZ) Es ist kurz vor 22 Uhr abends, es ist dunkel und es weht eine kräftige Brise. Thomas Börner trinkt seinen Kaffee aus und macht sich auf den Weg in Richtung Kontrollstand, als von der Brücke die Eisbergwarnung kommt. Eine Minute später ist die Entscheidung bereits gefallen. Es ist höchste Zeit für ein Ausweichmanöver, das Meeresbodenbohrgerät muss aus dem Wasser.

Sechs Wochen lang war der 36-jährige Bauer-Mitarbeiter an Bord des Forschungseisbrechers "Polarstern" im pazifischen Südpolarmeer unterwegs. Das Ziel: die Gletscher der Antarktis. Die Expedition sollte die Prognosen für den weltweiten Anstieg des Meeresspiegels verbessern. Genauer gesagt, ging es darum zu erforschen, mit welcher räumlichen und zeitlichen Variabilität und in welchem Tempo sich der westantarktische Eisschild in der Vergangenheit vorgeschoben und zurückgezogen hat.

Zehn Uhr morgens, das Thermometer zeigt Minus zwei Grad Celsius. Thomas Börner ist erleichtert, dass in der Nacht alles gut gegangen ist. Der Bauer-Mitarbeiter beginnt seine Vier-Stunden-Schicht im Kontrollstand, also dem Ort, von dem aus der komplette Bohrvorgang gesteuert wird. Dunkel ist es hier, nur die Monitore, auf denen Bilder aus der Tiefsee vorbeiflimmern, werfen ein diffuses Licht auf die konzentrierten Gesichter der beiden "Piloten". Thomas Börner steuert die Kameras und schreibt Protokoll, sein Kollege setzt das MeBo 70 in etwa 1000 Metern Tiefe am Meeresboden ab - ein Vorgang, der fast schon einer Mondlandung gleicht. Die Bohrung kann beginnen.

Am 8. Februar brach die Polarstern von Punta Arenas in Chile aus über die Magellanstraße in Richtung antarktische Gewässer auf. Eine Woche lang dauerte allein die Überfahrt. Insgesamt 100 Menschen waren mit an Bord, etwa die Hälfte davon gehörte zur Besatzung: neben Kapitän, Offizieren, Ingenieuren und Matrosen natürlich auch ein Koch und Stewardessen. Und auch ein Arzt war für den Notfall mit dabei. Insgesamt 50 Wissenschaftler arbeiteten unter der Leitung des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) und im Auftrag des Zentrums für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen (MARUM) zusammen: Biologen und Geologen, Ozeanographieforscher, Meteorologen, Walforscher und Chemiker.

Nach zwei Stunden an der Kamera wird gewechselt. Thomas Börner steuert nun die Probennahme über ein Spezialkabel, das das MeBo mit dem Schiff verbindet. Das rotierende Bohrgestänge, das immer wieder aus einem Magazin verlängert wird, teuft nach und nach tiefere Sedimentschichten ab. Der Bauer-Mitarbeiter ist gespannt, was die Bohrkerne bringen: Wie tief kommt der Bohrstrang ins Gestein? Wie hoch ist der Kerngewinn, also das gewonnene Sedimentgestein in den Rohren? Aus welchen Sedimenten besteht das erbohrte Material? Und etwas ganz Entscheidendes: Kann eine Bohrung lange genug und damit ausreichend tief durchgeführt werden, ohne dass sie aufgrund eines nahenden Eisbergs, großer Eisschollen, eines technischen Defekts oder unerwarteten Verschleißes der Bohrkrone vorzeitig abgebrochen werden muss?

Leben auf einem Schiff heißt Leben auf begrenztem Raum: Im Inneren der 118 Meter langen "Polarstern" teilten sich jeweils zwei Leute eine Kammer von 10 Quadratmeter und ein kleines Badezimmer. Im Aufenthaltsraum "Roter Salon" konnte man etwas trinken oder fernsehen, im Speisesaal gab es dreimal am Tag eine warme Mahlzeit, wie Thomas Börner berichtet. An Bord gab es ein Fitnessstudio, ein Solarium, eine Sauna, eine Tischtennisplatte und ein Schwimmbad. Zwei Bordhelikopter brachten Wissenschaftler auf nahegelegene Inseln und das antarktische Festland, damit sie dort Gesteinsproben nehmen konnten.

Der Bauer Mitarbeiter hat Glück - die Bohrung ist ein Erfolg. Zwar kommen einige der 2,35 Meter langen Rohre leer oder nur teilweise gefüllt an Deck, aber gerade beim unteren, dem eigentlich interessanten Abschnitt der Bohrung, bricht große Begeisterung im Geolabor aus, als die Bohrkerne aus den Innenrohren des Bohrstranges herausgeschoben werden. Mittlerweile ist es 2 Uhr morgens. Thomas Börner hat Feierabend und hoffentlich wieder ein Stück dazu beigetragen, mehr über das andere Ende der Welt zu erfahren.