Schrobenhausen
Einheit Nummer eins nach der Zwangspause

Trotz großer Auflagen: Kicker des FC Schrobenhausen wagen sich wieder auf den Platz

12.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:20 Uhr
Vorbildliches Training während der Corona-Pandemie: Die Fußbälle befinden sich zwar eng beieinander, aber die Kicker halten dagegen sehr wohl einen deutlichen Sicherheitsabstand ein. −Foto: M. Schalk

Schrobenhausen - Was für äußere Bedingungen: nerviger Regen, glitschiger Rasen, einfach nur unangenehm.

 

Beziehungsweise ideal für jeden gestandenen Kicker, der es liebt, nach Herzenslust zu grätschen sowie Zweikämpfe zu führen. Aber genau das geht aktuell ja nicht - in den momentanen Zeiten der Corona-Pandemie. Stattdessen heißt es für die Fußballer des FC Schrobenhausen an diesem Mittwochabend: brav die Abstandsregeln beachten, konsequent die Vorgaben des Verbandes beziehungsweise des Gesetzgebers einhalten.

Und das tun sie dann auch: acht Unentwegte vom noch ungeschlagenen Tabellenführer der B-Klasse Aichach /Neuburg inklusive Spielertrainer Oguzhan Halici, die sich zu ihrer allerersten Übungseinheit seit rund drei Monaten versammelt haben. "Zugegeben, mit einem ,normalen' Training hat das überhaupt nichts zu tun", weiß Stephan Rausch, der Sportliche Leiter des FCS: "Aber die Jungs wollten endlich wieder auf den Platz, wollten endlich wieder gegen einen Ball treten. Und diesen Wunsch mochten wir ihnen als Verein erfüllen - auch wenn hierfür doch ein erheblicher Aufwand nötig war. "

Der 34-Jährige weiß, wovon er da redet - schließlich hatte er von Anfang an mit dem Schrobenhausener "Re-Start" in Sachen Trainingsarbeit zu tun. "Und gerade zu Beginn unserer Planungen musste ich viel nachfragen", erinnert er sich: "Wir wollten ja auf keinen Fall etwas falsch machen, auf keinen Fall gegen irgendwelche Regeln verstoßen - nicht einmal aus Versehen, denn dafür ist dieses Thema zweifellos viel zu wichtig. "

Für Rausch bedeutete das zunächst einmal: ab in die Arztpraxis seines Vertrauens im Herzen von Schrobenhausen, um sich dort signifikante Hinweise zu holen. "Und in der Tat fand ich dort mit Michaela Oelze eine verständnisvolle Hygienebeauftragte, die mir in einer rund einstündigen Unterweisung exakt das näher brachte, was zu einem ordnungsgemäßen Fußballtraining während der Corona-Krise dazugehört", berichtet der 34-Jährige: "Ja, diese rund 60 Minuten lohnten sich hundertprozentig. Man würde gar nicht glauben, was man beim Vorbereiten einer Einheit aktuell keinesfalls vergessen darf. "

Immerhin, seit dem vergangenen Montag dürfen wieder Gruppen von 20 Personen gemeinsam trainieren - nachdem das Ganze zuvor auf maximal fünf Spieler beschränkt gewesen war. Aber trotzdem bleiben die Auflagen üppig - beginnend damit, dass die Umkleidekabinen geschlossen bleiben müssen. Direkt neben dem Trainingsplatz hat derweilen ein Desinfektionsmittel für die Hände zu stehen, was die Kicker vor dem Betreten und nach dem Verlassen des Rasens auch zwingend zu benutzen haben. Des Weiteren dürfen die Bälle keinesfalls von den Feldspielern in die Hände genommen werden, der Keeper hat ein Spucken in seine Handschuhe zu unterlassen, auf die geltenden Abstandsregeln ist außerdem zu achten - und so weiter, und so weiter. . .

Wer soll bei alldem den Überblick behalten? Rausch lächelt: "Offiziell wird uns als Klubs vorgeschrieben, dass wir Corona-Beauftragte benennen müssen, die die Verantwortung für die Einhaltung aller Regeln tragen. " Beim FCS im Speziellen gebe es nun deren sechs: drei für die erste Garnitur, drei für die Reservemannschaft. Und an deren Spitze steht eben der Sportliche Leiter, der auch die Unterweisung der fünf restlichen vorgenommen hat.

Mit einem Desinfektionsmittel sowie dem Regeln-Einhalten vor Ort ist es allerdings nicht getan. Vor dem erstmaligen Treten in einen Ball sind zudem vielerlei Schreibtätigkeiten nötig. So muss jede einzelne Trainingseinheit beim Landratsamt angemeldet werden - mit exaktem Datum und exakter Uhrzeit, ohne anschließend hiervon abweichen zu dürfen. "Außerdem muss jeder teilnehmende Kicker unterschreiben, dass ihm die Regeln genau erklärt worden sind - und seine Telefonnummer muss er ebenfalls zwingend hinterlassen. "

Lohnt sich all dieser Aufwand überhaupt - vor allem schon jetzt, schließlich wird es vor dem 1. September definitiv keine Punktspiele geben? Rausch nickt: "Ich kann mich in diesem Punkt nur wiederholen. Unsere Spieler wollten endlich wieder auf den Platz, also versuchen wir, ihren Wunsch nun bereits in den nächsten Wochen zu erfüllen. Aus meiner Sicht ist das alles nur eine reine Gewöhnungssache und kein Hexenwerk. Man muss halt einfach mit den geltenden Regeln leben und flexibel sein. "

 

Für den FCS bedeutet das bis auf Weiteres: Jeden Mittwoch- und Freitagabend trainiert ab sofort die erste Mannschaft, jeden Freitagabend tut dies zudem das Reserveteam. Auch weiterhin mit so viel Spaß wie bei der Premiere nun am Abend vor dem Fronleichnamsfeiertag? "Weshalb denn nicht", fragt Chefcoach Halici mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht: "Endlich dürfen wir wieder kicken, endlich haben wir wieder einen Ball am Fuß. Das ist doch das Wichtigste - auch wenn die aktuelle Arbeit auf dem Platz nicht einmal annährend das Gleiche einbringt wie in Einheiten vor der Corona-Pandemie. "

Diese Sätze stammen übrigens vom Mittwochabend um exakt 20.27 Uhr - unmittelbar, nachdem Halici das erste offizielle FCS-Training nach der Corona-Zwangspause beendet hat. Klatschnass ist er zu diesem Zeitpunkt, das würde doch regelrecht nach einer heißen Dusche schreien. Aber nichts da, der 28-Jährige muss sich noch ein bisschen gedulden - weil eben laut Regeln die gemeinschaftlichen Umkleideräume inklusive des Sanitärbereichs geschlossen sind. Also geht's für ihn - und auch die sieben restlichen Teilnehmer der Premiereneinheit - in den durchgeweichten Trainingsklamotten in die Autos, um mit diesen dann möglichst schnell zur Körperpflege in die heimischen Wohnungen zu gelangen. Aber halt, bevor das so weit ist, muss Rausch erst noch ein weiteres Zugangstor aufsperren - schließlich dürfen die Aktiven das städtische Sportgelände nicht an der gleichen Stelle verlassen, an der sie zuvor hineingekommen waren. . .

Schauen wir rund eineinhalb Stunden zurück, auf den Beginn des ersten "FCS-Coronatrainings": Wer glaubt, dass Halici jenes nicht mit dem sonstigen Elan angehen würde, der täuscht sich gewaltig. Akribisch positioniert er um 18.56 Uhr zahlreiche Hütchen auf dem Platz, exakt 25 sind es am Ende. "Oguzhan hat sich sehr viele Gedanken gemacht, wie er trotz aller Einschränkungen interessante sowie unterhaltsame Einheiten bieten kann", weiß Rausch: "Er nimmt das Ganze sehr ernst. "

Ja, ein Stück weit hat das Ganze tatsächlich etwas von Trainingsnormalität. FCS-Geschäftsführer Peter Fischer etwa ist ebenfalls da - und freut sich vor allem über den Regen: "Gott sei Dank ist er in den vergangenen Tagen gekommen, ansonsten wären die Plätze auf dem Sportgelände doch ziemlich ausgebrannt", sagt er. So mancher gelbe Fleck auf den Rasenflächen gibt ihm durchaus Recht. Woraus zu folgern wäre: Auch in Coronazeiten ist Flüssigkeit für Pflanzen ausgesprochen wichtig.

Genau so wie eine schön aufgepumpte Kugel für Fußballerbeine. Schrobenhausens Mittelfeldakteur Besart Hoxha beweist das - um exakt 19.06 Uhr, als er fast schon überglücklich auf das Trainingsfeld stürmt und genüsslich in ein rundes Leder tritt. "Wow, ist das geil", ist deutlich zu hören. Und, ach ja, nur der Vollständigkeit halber: Die Bälle waren zuvor von Rausch sowie Halici per Plastikhandschuhe aus dem Geräteraum geholt worden - nachdem sie dort ordnungsgemäß desinfiziert worden waren.

Apropos desinfizieren: Die dazu befestigte Flasche am Rande des Platzes wird vor Trainingsbeginn tatsächlich von niemandem der acht Teilnehmer vergessen. Trotzdem hält es Halici für zwingend notwendig, anschließend alle seine Kicker zu einem weiten Kreis zusammenzuholen - um ihnen dort nochmals alle Hygiene- beziehungsweise Abstandsregeln für das folgende Training näherzubringen. Dabei die Blicke der Anwesenden: höchst konzentriert. Weil jeder Einzelne von ihnen sehr wohl um seine Verantwortung gegenüber den Teamkollegen, dem Verein und sich selbst weiß. "Die Gesundheit von jedem Einzelnen ist viel zu wichtig, um bei diesem Thema nicht ernst zu sein", ergänzt Rausch völlig richtig.

Um 19.21 Uhr geht's schließlich los - ganz klassisch mit Laufen. Nun gut, mit gehörigem Sicherheitsabstand - aber irgendwie sieht das aus wie immer. Ebenso wie dann die erste Ballübung - mit Zuspielen über eine große Entfernung und anschließenden Spurts in eine andere Richtung. Der unangenehme Nieselregen stört hierbei keinen der Kicker, es scheint ihnen Spaß zu machen.

In den letzten 30 Minuten wird das Vergnügen sogar nochmals gesteigert - weil zum Abschluss Torschussübungen auf dem Programm stehen. Ja, mit voller Kraft dürfen die FCS-Fußballer nun in Bälle treten, die nach schnellen Doppelpässen in ihre Laufbahn kommen - und sie tun das riesengroßer Lust. Einzig Keeper Patrick Leuner entpuppt sich immer wieder als "Spielverderber", indem er mit sehenswerten Paraden so manchen Torerfolg verhindert. Nein, die zuvor mehrmonatige Corona-Zwangspause ist vor allem ihm an diesem Mittwochabend nicht anzumerken - selbst wenn der 29-Jährige an so manchen "Zauberball" von Coach Halici dann doch nicht mehr ganz herankommt.

Um 20.24 Uhr ist definitiv Schluss. Die acht Unentwegten gehen vom Platz - selbstverständlich nach erneuter Händedesinfektion, während Rausch erneut frische Gummihandschuhe anzieht, um die Bälle zu verstauen. "Das ist, wie bereits erwähnt, alles reine Gewöhnungssache und gewiss kein Hexenwerk", so der 34-Jährige ganz entspannt. Nur das Wetter dürfe seiner Meinung nach "das nächste Mal schon gerne ein bisschen besser sein".

SZ

Roland Kaufmann