Eingriff in die Landschaft störte schon beim Autobahnbau niemanden

25.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:53 Uhr

Zum Bericht „Zu laut zum Unterhalten“, HK vom Dienstag, 11. August 2015:

In den vergangenen Tagen wurden mehrere Leserbriefe zum Thema Lärm und Lärmschutz in Greding veröffentlicht. Die dort gemachten Aussagen kann ich nur voll unterstützen.

Den Feststellungen habe ich nichts hinzu zufügen, will aber drei Aspekte aufgreifen. Zum ersten die Lärmpegelbestimmung: Bereits 1985 existierten Berechnungen des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz, berechnet nach der Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen RLS-81 (veröffentlicht 1981 durch den Bundesminister für Verkehr). Diese berechneten Werte wurden angezweifelt. In einer Gruppe interessierter Bürger führten wir 1985 eigene Messungen nach DIN 45641 durch. Die ermittelten Werte am Standort Unterm Kalvarienberg überstiegen die der Berechnungen um 5 bis 10 db(A). Durch diese Erkenntnis führte das Bayerische Landesamt für Umweltschutz 1986/1987 eigene Langzeitmessungen durch. Unsere Ergebnisse wurden bestätigt. Damit gilt, die für die Ebene ausgelegte Lärmberechnung gilt für Greding nicht. Ursache hierfür ist die Gredinger Topographie, die Troglage und somit die Reflexionen des gesamten steil ansteigenden westlichen Hanges Richtung Kraftsbuch. Diese Erkenntnisse müssen analog in den Entwurf Lärmaktionsplan der Regierung Mittelfranken übernommen werden.

Zum zweiten die technische Lärmbekämpfung und ihre Kosten: Ende der 1980er Jahre wurden die technischen Möglichkeiten eines Lärmschutzes diskutiert zwischen der Gemeindeverwaltung Greding, dem bayerischen Landesamt für Umweltschutz und dem Autobahnbaulastträger. Eine einvernehmliche Lösung wurde nicht gefunden. Die Möglichkeiten reichten von einer einfachen Betonwand bis hin zu einer über die Fahrbahnen geneigten, den Schall absorbierenden Lärmschutzwand. Noch besser wäre eine Halbschale über der gesamten Autobahn. Lärmschutzmaßnahmen wurden abgelehnt, zum Teil wegen eines zu großen Eingriffs in die Landschaft und Sicht auf Greding. Wen hat das interessiert, als die Autobahn ursprünglich erbaut worden ist? Die Erstellungskosten in Verbindung mit einem Lärmschutzeffekt sind die entscheidenden Kriterien für eine Verwirklichung. Was passierte? Wegen der Wiedervereinigung Deutschlands waren alle Gelder Richtung Osten unterwegs. Damit war eine Lärmschutzlösung für Greding in den folgenden Jahrzehnten tot. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, diese Kostensituation hätte sich verbessert. Im Gegenteil, Herr Dobrindt braucht alles Geld, um die Straßeninfrastruktur zu reparieren. Ade Lärmschutz Greding!

Ich will noch erwähnen, dass wir Bürger laufend unsere verkehrsbedingten steuerlichen Abgaben entrichten, dafür wäre doch ein technisch wirksamer, für alle Gredinger befriedigender Lärmschutz leistbar.

Zuletzt geht es mir um die Wertigkeit und Rechtsverbindlichkeit des Lärmaktionsplans: Hier hatten die EU bzw. die Europa-Abgeordneten eine tolle Grundidee. Zwar wird der Plan nach EU-Vorgaben erstellt und umgesetzt, aber die örtlichen, realen Wirklichkeitsverhältnisse (gemessene Werte) müssen einfließen und berücksichtigt werden, sonst ist der Plan nichts wert. Er dient sonst lediglich den Verantwortlichen als Grundlage zur Rechtfertigung, nichts zu tun. Eine einklagbare Rechtsverbindlichkeit des Planes im nationalen Recht ist bislang nicht erkennbar. Hat der Plan eine Alibifunktion?

Zuletzt sei noch die Frage erlaubt, wo die Stimme unserer Bundestagsvertreterin Marlene Mortler zu diesem Thema bleibt – wo doch auf ihrer Homepage die Qualität der Heimat an prominenter Stelle steht?

Solange der politische Wille fehlt, geschieht nichts und wir Gredinger Bürger zahlen mit unserer Lebensqualität und Gesundheit.

Jürgen Ratzke

Greding