Pfaffenhofen
"Eine Wahl gegen die CSU"

Christsoziale büßen an vielen Fronten ein - und so gut wie alle Konkurrenten können davon profitieren

31.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:37 Uhr
Die Enttäuschung steht ihnen ins Gesicht geschrieben: Dem scheidenden Landrat Martin Wolf (links) und dem unterlegenen Stichwahlkandidaten Martin Rohrmann (rechts) war am Sonntagabend unschwer anzusehen, wie sehr sie das schwache Abschneiden der CSU überrascht hat. −Foto: Kraus

Pfaffenhofen - Die Wähler haben entschieden - und Bayerns großer Volkspartei auch bei den Kommunalwahlen im Landkreis einen Denkzettel verpasst.

Die CSU hat nicht nur das fnhofener Landratsamt an Albert Gürtner (FW) verloren, sondern auch zwei Rathäuser und etliche Gemeinderatssitze. Als Gewinner dürfen sich allen voran die Freien Wähler, aber auch die Grünen fühlen, die auf kommunaler Ebene gehörig zugelegt haben. Und sogar die SPD kann mit ihrem Abschneiden zumindest ganz gut leben.

CSU

Das Landratsamt und die Rathäuser in Reichertshausen und Hohenwart aus den Händen gegeben, fünf Sitze im Kreistag verloren - und auch in den 19 Stadt- und Gemeinderäten ging es meist nach unten: Die CSU hat zwei ernüchternde Sonntage zu verdauen. "Wir müssen offen zugeben, dass es kein schöner Stichwahlabend gewesen ist", räumt mit Karl Straub der CSU-Kreisvorsitzende ein. "Es war allerorten eine Wahl gegen die CSU - aber wir haben das natürlich selbst zu verantworten. "

Die Gründe für die Einbußen zu nennen, fällt Straub nicht leicht. "Die Leute wollten den Wechsel, das sieht man deutlich. " Bei der Landratswahl habe es in seinen Augen nicht am Kandidaten gelegen, und auch nicht am Vorgänger. "Wir sind in den vergangenen sechs Jahren nicht geschlossen genug aufgetreten", vermutet der CSU-Kreischef. Dass mit Karl Huber ein Parteifreund sogar auf einer neu gegründeten Liste als Landratskandidat gegen Rohrmann angetreten sei, will er nicht als Ausrede gelten lassen - und Huber schon gar nicht den Schwarzen Peter zuschieben.

Vielmehr fordert Straub eine thematische Erneuerung innerhalb der Kreis-CSU. "Die Menschen wollen eine andere, vor allem eine innovativere Politik. Dem müssen wir uns stellen und alles analysieren. " Gürtner habe sich klar zu einer Bunten Koalition bekannt. "Und das scheinen die Menschen auch wirklich zu wollen. " Die Einbußen bei den Kreistagssitzen habe er kommen sehen, fügt Straub an. "Wir haben intern mit 19 oder 20 Sitzen gerechnet. Und da sind wir auch gelandet", räumt er ein. Mit der Bürgerliste (BGL) und der AfD seien zwei neue Gruppen angetreten, die - zumindest im Fall der BGL - ihre Stimmen vorrangig bei früheren CSU-Wählern gesammelt hätten.

Bitter sei für die CSU auch der Vertrauensverlust direkt an der Basis, also der Stimmenschwund bei den Gemeinderatswahlen. "Es ist deutlich zu sehen: Wir haben eine gewisse Basis an Stimmen. Aber nicht mehr. Um über 50 Prozent zu kommen, braucht es ein breiteres Spektrum. Da ranzukommen, das haben wir nicht geschafft. "

FREIE WÄHLER

Die Rathäuser in Manching und Scheyern verteidigt, in Hohenwart ein drittes hinzugewonnen - und in Wolnzach nur um ein Haar das vierte verpasst. Dazu ein klarer Zuwachs bei den Kreistagssitzen. "Und als i-Tüpfelchen mein Sieg bei der Landrats-Stichwahl. Es ist super gelaufen, wir sind total zufrieden", kommentiert FW-Kreischef Albert Gürtner das Abschneiden seiner Gruppe. Sein Lob gilt der ganzen FW-Truppe. "Jürgen Haindl hat das in Hohenwart großartig gemacht. " Möglich habe all das "eine Aufbruchsstimmung, die ich so noch nie erlebt habe und die alle unsere Ortsverbände erfasst hat", gemacht. Die zwei Monate Wahlkampf seien wahnsinnig anstrengend gewesen. "Aber sie haben auch enorm viel Spaß gemacht - und die ganze Mühe hat sich ausgezahlt", findet Gürtner.

Auch wenn es gerade in den Kreistag vor allem die alten Hasen geschafft haben, sieht Gürtner viel frischen Wind bei den Freien Wählern. "Wir hatten mehr Frauen auf den Listen, auch viel mehr junge Kandidaten. Und genau da wollen wir in den kommenden sechs Jahren anknüpfen. " Bis dahin würde den FW zwar viel harte Arbeit bevorstehen. "Schließlich werden wir unsere Versprechen jetzt auch in Taten umsetzen", versichert der künftige Landrat.

Als Rückenwind empfindet Gürtner die Regierungsbeteiligung der FW. "Wir haben dadurch mehr Aufmerksamkeit, weil Hubert Aiwanger und sein Team einfach einen guten Job machen. " Und genau diese positive Energie setze sich bis runter in die einzelnen Ortsverbände fort.

SPD

"Gut gehalten" lautet das Fazit des SPD-Kreisvorsitzenden Markus Käser. In einzelnen Kommunen habe man freilich verloren. So gab die SPD in Pfaffenhofen zwei Sitze an die Grünen ab. "Es gibt gerade eine konservative und eine grüne Bewegung, dazwischen sind wir erdrückt worden. " Das sei aber so erwartbar gewesen. Insgesamt stelle man aber mit Thomas Herker weiter den Bürgermeister, auch die Bunte Koalition könne weitermachen. "Uns ist mit neuen Köpfen die Neugeburt der SPD gelungen, weil sich Personen mit ihren Themen profiliert haben. "

Zudem gebe es auch positive Überraschungen im Landkreis, zum Beispiel in Rohrbach. Das deutliche Ergebnis für den 24-jährigen Christian Keck zeige, "dass die SPD alles andere als tot" und "immer wieder für eine Überraschung gut" sei. Außerdem habe man in einigen Gemeinden zugelegt. "Bei mir überwiegt die Freude, es gibt nur ein paar Wermutstropfen. " Zu Letzteren zählt Käser den Verlust von drei Kreistagssitzen. "Darüber bin ich traurig, aber ich gönne es den Grünen. " Immerhin gehe man "zu 98 Prozent die gleichen Wege".

DIE GRÜNEN

Die Grünen sind deutlich erstarkt, entsprechend glücklich ist auch Kreisvorsitzende Kerstin Schnapp: "Ich bin absolut zufrieden. " Dass die Grünen in Scheyern, Gerolsbach, Jetzendorf, Reichertshausen und Baar-Ebenhausen auf Anhieb je zwei Gemeinderäte reingebracht haben, das sei stark. "Das war nur möglich, weil wir dort Ortsverbände gegründet haben - und weil die Leute wirklich wollten", so Schnapp. Auch im Kreistag sitzen künftig sieben statt bisher vier Grüne. "Das ist gewaltig. " Schnapp glaubt, dass sich teils auch Wähler anderer Parteien für die Grünen entschieden haben. "Kommunalwahl ist immer auch eine Persönlichkeitswahl." So bekam Josef Breitsameter in Scheyern bemerkenswerte 1573 Stimmen, "das können nicht nur Grünen-Wähler gewesen sein". Jetzt hofft Schnapp, dass grüne Themen mehr Gewicht haben werden. "Allerdings muss jede Partei in Zeiten der Coronakrise ihr Programm neu priorisieren. "

SZ