Riedenburg
Eine Währung gegen den Bewertungswahn

Der Riedenburger Fabian Helmich hat mit dem "Knet" eine neue Währung erfunden

11.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr


Riedenburg (DK) Ein Bier, ein Knet. Eine Flugschrift, zwei Knet. Dein Hut? Vielleicht drei.

Eine einfache Rechnung. Oder? Geht es nach Fabian Helmich, könnte das durchaus so sein. Zumindest für all diejenigen, die die Philosophie hinter dem Knet verstehen. Die Münze aus Heimatholz – Riedenburger Ahorn, um genau zu sein – ist für ihn sichtbares Zeichen gegen den, wie er sagt, allgegenwärtigen Bewertungswahn unserer Gesellschaft. Eine neue Währung für die Kunst, die viel zu oft in Verbindung gesetzt wird entweder mit der Geltungssucht dessen, der sie konsumiert, dem Anspruch persönlicher Einzigartigkeit oder einer egozentrischen Definition des eigenen sozialen Status. Wer sich Kunst in die Hütte hängt, gehört zur Elite. Wer sie im Tresor hortet, weiß um ihren Wert. Je mehr Nullen vor dem Komma dafür nötig waren, desto besser ist sie wohl. Echt jetzt?

 

Für Fabian Helmich ist Kunst ein Medium der Kommunikation. Es geht um Austausch, geistige Freiheit und ein Bekenntnis zur individuellen Wahrheit. Diese Worte findet der Fotograf und Verleger aus Riedenburg, wenn er die Existenz des Knet begründet. „Der Knet ist ein mit Ernsthaftigkeit erfundener künstlerischer Akt, aber auch ein Akt der Tat und der Befreiung“, steht auf dem Zettel, der bei der Präsentation der neuen Währung neben den immer zu fünft verpackten Holzscheiben lag. Vorgestellt hat Helmich den Knet nicht etwa in einer Galerie, einer Umgebung, die man sofort in Verbindung mit Kunst bringt. Sondern im Backstage in seiner Wahlheimat München, beim Free&Easy-Festival, zwischen wabernder Musik, kühlem Bier und einer Horde Menschen, die eine gute Zeit verbringen wollte. „Es musste hier sein“, sagt er. So einfach ist das. So frei soll der Knet machen.

Kunst und Geld. Das ist für alle, die von ihrer Kreativität leben, ein stets gegenwärtiges Dilemma. Den Wert eines Werkes in die Dimensionen eines Rechenschiebers zu zwängen, ist da oft nötig. Dem Wesen von Kunst entspricht es nicht. „Der Knet fordert auf, die Unwertigkeit und das Nichtwissen zu genießen, um dem einen oder anderen aus der monetären kunstbegleitenden Szene eine andere Welt, die Welt der Flugschrift und von Entlegenes zu zeigen“, schreibt Helmich in seinem Plädoyer für den Knet.

Entlegenes, das ist Helmichs Verlag in Riedenburg. Ein Ort, an dem neue Ideen frei von jeder Wertung entstehen dürfen. Die Flugschrift „Durchaus“ ist eine Bühne für kreative Köpfe, die Helmich zusammen mit dem befreundeten Künstler Mike Prinz Ende 2014 aus der Taufe gehoben hat. Das Faltblatt erscheint in Editionen, die zehnte widmet sich der neuen Währung. Mit beidem will Fabian Helmich den Spagat zwischen wirtschaftlichem Unternehmergeist und der im Grundgesetz verankerten Freiheit der Kunst wagen. Der Knet als Grundlage der Kunst als eigenständigem Pfeiler der Gesellschaft soll Freude bereiten, wird Ärger einhandeln, Diskussionen auslösen und Lösungen aufzeigen, so die Hoffnung des Erfinders. Den Gegenwert für einen Fünferpack bestimmt der Käufer. Er entscheidet, ob er 50 Cent oder 50 Euro hergibt. Jeder Einzelne entscheidet für sich selbst, wie viel ihm die Kunstwährung wert ist. Ein Konzept, das genauso gut scheitern wie die Welt neu erfinden kann. Fabian Helmich ist sich sicher, dass der Knet im Kreise derer, die seine Philosophie verstehen, funktionieren wird.

Die Idee selbst stammt aus diesem Kreis, aus dem Austausch mit Gleichgesinnten. Der Knet ist das Ergebnis vieler Gespräche über einen fixen Einfall. Der Name für die neue Währung hat sich dabei unvermittelt verfestigt. Bei der Gestaltung hat Fabian Helmich keine Kompromisse gemacht: Sein Konterfei prangt auf der Holzmünze. „Arrogant darf man sein“, meint er, ganz ernsthaft und irgendwie doch nicht. Nun geht es darum, zu schauen, wie sich der Knet entwickelt. Vielleicht zahlt bald jeder mit Riedenburger Ahorn? „Visionen darf man haben“, betont der Erfinder. Und das meint er absolut ernst.

Währung


Riedenburger Ahorn, 180 Stück, so groß wie eine Zwei-Euro-Münze: Das ist der Knet. Hergestellt hat die neue Währung Drechslermeister Anton Obermeyer aus Riedenburg. Wer den Knet nicht als Zahlungsmittel, sondern lieber als Entscheidungshilfe gebrauchen will, hat in diesem Fall tatsächlich die Wahl zwischen Kopf oder Zahl. Auf der einen Seite ist gestempelt: 1 Knet. Auf der anderen: das Konterfei von Erfinder Fabian Helmich.

Flugschrift


Ein kleines Jubiläum und der perfekte Anlass für die Vorstellung der neuen Kunstwährung: Die zehnte Edition der Flugschrift "Durchaus" heißt Knet. Das Faltblatt im DIN-A3-Format ist ein von Fabian Helmich und Mike Prinz entwickeltes Medium, über das befreundete Künstler ihre Werke zu einem vorgegebenen Stichwort präsentieren können. 

Künstler


Fabian Helmich ist Fotograf und Verleger, stammt aus Riedenburg und wohnt in München. Mike Prinz lebt und arbeitet als Künstler in der Landeshauptstadt und kommt ursprünglich aus dem schwäbischen Memmingen.