Kottingwörth
Eine Tradition hält das Dorf zusammen

Kottingwörther feiern jedes Jahr im Juli ein großes Fest – Bauerntheater als Höhepunkt

29.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr
Publikumslieblinge: Rudi Armbruster (links) und Nikolaus Rieger haben auf der Bühne im Treffer Stadel schon so manche Glanzleistung vollbracht. Gleiches gilt für alle anderen Schauspieler aus der Truppe. −Foto: Wittmann

Kottingwörth (DK) Eigentlich fing alles bereits im Jahr 1980 an.

Obwohl die Kottingwörther Theatergruppe erst ein Jahr später gegründet wurde, kann man das Jahr zuvor als den Ursprung der langen Tradition zuerst von Pfarr-, später von Dorffesten in Kottingwörth sehen. Denn ohne die Entdeckung des Treffer Stadels als Veranstaltungsort wäre wohl auch keine Theatergruppe aufgebaut worden. Der Höhepunkt war und ist jedes Jahr die aufwendige Aufführung eines bayerischen Lustspiels. Inzwischen erstreckt sich das Kottingwörther Dorffest sogar über zwei Juli-Wochenenden.

Die Geschichte: 1080 ist der Ort Kottingwörth an der Altmühl als „Werede“, woraus später „-wörth“ wurde, erstmals urkundlich erwähnt worden. Beides bedeutet „Insel“, was bei großen Hochwassern nachvollziehbar wird. 1980 wurde diese 900 Jahre zurückliegende urkundliche Erwähnung groß gefeiert. Für die Festivitäten außerhalb der Pfarrkirche musste ein geeigneter Ort beziehungsweise Raum gefunden werden. Den großen Saal im Gasthaus Forster gab es damals noch nicht. So geriet der wenig genutzte Jura-Stadel in der Ortsmitte, der sogenannte Treffer Stadel, der im Besitz der Familie Weigl war, ins Blickfeld. Großen Anteil daran, dass das landwirtschaftliche Gebäude zum Veranstaltungsraum wurde, hatte der damalige Pfarrer Ferdinand Albrecht.

Damit war der Anfang gemacht. Die Idee, in den Stadel eine Theaterbühne einzubauen und jährlich im Sommer einen lustigen Dreiakter aufzuführen, war nicht mehr abwegig, zumal die Familie Weigl damit einverstanden war. Mit der Gründung der Kottingwörther Theatergruppe im Jahr 1981 begann dann die beeindruckende Tradition. Erster legendärer Regisseur war Alfred Winkelbauer, der leider bereits 2006 im Alter von 70 Jahren überraschend starb, nachdem er 24-mal Regie geführt hatte.

Seit nunmehr 36 Jahren gibt es also den „Kottingwörther Komödienstadel“, allerdings mit einigen Unterbrechungen, so im Jahr 1998. Da war das Gebäude baufällig geworden, wie der Einsturz des großen rückwärtigen Torbogens bewies. Daran änderte auch eine Notsicherung nichts. So fand das Dorffest mit Theateraufführung in den nächsten Jahren im jährlich aufgestellten Zelt auf dem freien Grundstück gegenüber dem Stadel statt – für viele keine Dauerlösung. So entwickelte der im Jahr 1998 gegründete „Verein für Tradition und Kultur in Kottingwörth e. V.“ (VfTK) eine kühne Idee: den Stadel kaufen und renovieren. Treibende Kraft war die Ortssprecherin und damalige VfTK-Vorsitzende (bis 2010) Brigitte Frauenknecht, die vor allem die nötigen Zuschüsse beschaffte, sodass der Wunschtraum mit der Arbeitskraft zahlreicher freiwilliger Helfer tatsächlich Wirklichkeit werden konnte. Im Juli 2006 wurde das renovierte denkmalgeschützte Juragebäude eingeweiht. Eine besondere Würdigung erfuhr die Rettung des Kulturgutes durch die Dorfgemeinschaft mit der Verleihung der Bayerischen Denkmalschutzmedaille im November 2007.

Inzwischen ist eine professionelle Bühne eingebaut. Hier hat sich vor allem Klaus Mayer, der stellvertretende Vorsitzende des VfTK, sehr verdient gemacht. Dem Organisationstalent von Reinhard Schmidt, langjähriger Schriftführer des VfTK und auch noch Kirchenpfleger, ist die komplette Bestuhlung und der günstige Erwerb von Kühlgeräten zu verdanken.

So kam eins zum anderen, sodass die Kottingwörther Dorfgemeinschaft inzwischen ein Kulturgut sein Eigen nennt, das mit Leben erfüllt werden will. Es steht allen Vereinen und Gruppen zur Verfügung und wird auch eifrig genutzt. Der Höhepunkt ist aber jedes Jahr eindeutig das Dorffest an den zwei Juli-Wochenenden – immer wieder ein organisatorischer Kraftakt und eine Bewährungsprobe für den Zusammenhalt im Dorf.

Am meisten gefordert ist die Theatergruppe, die jedes Jahr bereits im zeitigen Frühjahr mit den Proben beginnen muss, wenn der derzeitige Regisseur Helmut Hauber, der heuer sein Zehnjähriges feiern kann, wieder ein neues Stück ausgewählt hat. VfTK-Vorsitzender Gerhard Paulus ist seit Anbeginn aktiv dabei. Nikolaus Rieger, Günter Eibner und nicht zuletzt Marianne Mayer gehören ebenfalls zu den Urgesteinen, um nur die zu nennen, die heuer ein weiteres Mal auf der Bühne stehen. Mit dabei ist auch wieder Publikumsliebling Rudi Armbruster in einer Paraderolle als Stotterer. Aber auch die Nachwuchskräfte Sarah Eibner und Madeleine Richter haben sich in den vergangenen Jahren in die Herzen der Zuschauer gespielt und werden erneut ihr schauspielerisches Talent unter Beweis stellen.

Ein Ehemaliger und ein Auswärtiger als Zugpferde: Nikolaus Rieger agierte 1982 das erste Mal auf der Kottingwörther Bühne. Dieses Jahr ist der Vollblutschauspieler zum 25. Mal dabei. Dass er 1996 von Kottingwörth nach Gösselthal umgezogen ist, war nun wirklich kein Grund für ihn, aufzuhören. Er ist aus der Truppe auch nicht wegzudenken. In den vergangenen Jahren bekleidete er immer eine Hauptrolle, heuer hat er wieder einmal mit großem Abstand die meisten Einsätze. „Ich muss jedes Mal am meisten lernen!“, jammert er mit gespielt klagender Stimme. Regisseur und Mitspieler loben: „Der Klaus kann seinen Text meistens als Erster und ist äußerst zuverlässig.“

Rudi Armbruster ist ein echter Auswärtiger aus Winden. „Ein hübsches Mädchen hat mich einst ins Altmühldorf gelockt“, verrät er im Gespräch mit unserer Zeitung. Im Jahr 1984 bewies er beim Stück „Der keusche Josef“ zum ersten Mal sein außerordentliches Talent, begriffstutzige Charaktere zu mimen. Das hat ihn in Kottingwörth zum Publikumsliebling gemacht. Nach einer längeren Pause war er in den vergangenen Jahren wieder regelmäßig im Treffer Stadel zu sehen. Heuer ist er nun zum 13. Mal dabei.

DAS PROGRAMM

Das Dorffest startet heuer am Freitag, 7. Juli, um 20 Uhr mit einem großen Watt-Turnier im Jura-Stadel. Neben der Siegerprämie von 150 Euro sind viele weitere Preise zu gewinnen. Am Samstag folgt ab 20 Uhr ein „Bunter Abend“ mit einem Dorfquiz, bei dem Biertisch-Teams miteinander konkurrieren. Gesucht werden die „echten Kottingwörther/-innen“. Nach dem sonntäglichen Festgottesdienst um 10.30 Uhr in der Pfarrkirche wird dann in den Stadel zum Mittagessen mit Festbraten eingeladen. Beim Biergartenbetrieb am Sonntagnachmittag sind für die Kinder wie jedes Jahr Spiele und eine Hüpfburg vorbereitet. Großen Anklang findet sicherlich auch wieder das gesellige Beisammensein bei Kaffee und Kuchen. Am Sonntagabend steht schließlich um 18 Uhr die Premiere für das bayerische Lustspiel „Feurio - Aufruhr im Spritzenhaus“ auf dem Programm. Der abendfüllende Dreiakter wird am folgenden Wochenende (Freitag und Samstag um 19 Uhr und am Sonntag bereits um 18 Uhr) dreimal wiederholt. Am ersten Dorffestsonntag wird auf Initiative des Touristikverbands Beilngries um 14 Uhr zusätzlich eine etwa einstündige Kirchenführung mit Josef Wittmann angeboten (Teilnahmegebühr drei Euro). | jwt