Neuburg-Schrobenhausen
Eine starke Knolle

Regionale Qualitätsoffensive der Kartoffelerzeuger in Neuburg-Schrobenhausen zeigt Erfolge

18.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:06 Uhr

"Wir können elf Monate im Jahr gute Ware liefern und brauchen keine Importe", sagt Norbert Ziegler, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft für Qualitätskartoffeln Neuburg-Schrobenhausen. - Foto: Richter

Neuburg-Schrobenhausen (DK) Die Kartoffel gehörte einmal zur meistverwendeten Beilage in der Küche. Heute sind die Verbraucher wählerischer. Die Erzeugergemeinschaft im Raum Neuburg-Schrobenhausen wirbt mit dem Argument der regionalen Qualität für die Knolle und sieht mit ihrer Kampagne erste Erfolge.

Mal rund, mal länglich, mal dick und mal dünn - die Kartoffel gibt es in vielfacher Form, aber immer wirkt sie recht unscheinbar. Nicht wirklich geeignet für die Vermarktung als "sexy" Lebensmittel. "Wir bekommen immer mehr internationale Vielfalt in die Läden, da bleibt das Heimische oft auf der Strecke", bedauert Else Greßmann vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ingolstadt. "Manche Leute halten die Kartoffel für altmodisch. Dabei ist sie eines der wertvollsten Nahrungsmittel und unendlich vielfältig in der Zubereitung. Man muss sich nur ein wenig Zeit nehmen."

Daran scheint es vielen zu fehlen. Lag der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland gleich nach dem Zweiten Weltkrieg noch bei fast 200 Kilogramm im Jahr, sind es heutzutage nur rund 58 Kilogramm. Im Freistaat sieht es kaum besser aus. "Wir haben eigentlich schon um 2000 erkannt, dass wir etwas gegen diese Entwicklung tun müssen", sagt Norbert Ziegler als Vorsitzender der Kartoffelerzeugergemeinschaft Neuburg-Schrobenhausen, die größte ihrer Art in ganz Bayern. Ihre etwa 400 Mitglieder produzieren zirka 200 000 Tonnen Erdäpfel im Jahr. Diese Menge will allerdings auch vermarktet sein.

Als einzelne Region sind die Möglichkeiten indes sehr beschränkt. "Uns war schnell klar, dass wir nur zusammen stark auftreten können", sagt Ziegler. 2012 entstand eine neue Gesellschaft, sie nennt sich "Bayerische Kartoffel" - inzwischen gehören schon 16 Erzeugergemeinschaften in Bayern dazu. Ein rundes, blaues Logo mit drei goldgelben Knollen darin weist darauf hin, dass Waren mit diesem Markenzeichen im Freistaat gewachsen sind, hier sortiert und abgepackt wurden.

Das Marketing unter dem Dach der "Bayerischen Kartoffel" umfasst viele Bereiche, wozu der ebenso abgedroschene wie belanglose Slogan "Voll lecker" gehört, den in der Lebensmittelbranche kaum einer auslässt. Für mehr Aufmerksamkeit und Wirkung sorgen dagegen Bandenwerbung, Faltblätter, Feldschilder, Plakate, die Auftritte einer Kartoffelkönigin und der fast schon obligatorische Kalender mit mehr oder weniger nackter Haut. Gleichzeitig rühren die Erzeuger kräftig die Werbetrommel, etwa seit drei Jahren auf der "Fruit Logistica", einer Fachmesse in Berlin. Den Nährwert der Knolle priesen sie auch beim Triathlon in Roth an. Die Botschaft: "Energie kommt nicht nur aus Nudeln. Kartoffeln sind viel gesünder, weil sie Vitamine und viele Mineralstoffe enthalten", sagt Erzeuger Ziegler.

Die Nachfrage nach heimischen Kartoffeln steigt tatsächlich, nicht zuletzt dank verfeinerter Methoden bei Anbau und Lagerung. "Wir können elf Monate im Jahr gleichbleibend gute Ware liefern", verspricht Ziegler. Kühlhallen halten die Herbstware bis zum Juni frisch.

Junge Leute verbinden Kartoffeln vor allem mit Fritten - dass es daneben viele Variationen rund um die Kartoffel gibt, muss wieder mehr ins Bewusstsein rücken, finden die Erzeugergemeinschaften. Die Großabnehmer wissen die Erdäpfel aus dem Donaumoos und der Umgebung dagegen längst wieder zu schätzen. "Ketten wie Edeka und Rewe setzen groß auf bayerische Kartoffeln", sagt Ziegler.

Die Branche setzt auf die Vermarktung mit vielen Säulen, dazu gehören Märkte in der Region und in München oder der Verkauf über Abpacker und Zwischenhändler. Mit der örtlichen Gastronomie laufen Kooperationen, Gourmetwochen machen Lust auf die Knolle. "Die Wirte sagen, dass es den Gästen gut schmeckt. Ich habe das Gefühl, die Verbraucher scheuen daheim nur die Arbeit mit dem Schälen", glaubt Ziegler.

Politisch müssen die Kartoffelbauern nicht um Unterstützung betteln. "Das Thema liegt mir sehr am Herzen. Die Ingolstädter nennen mich manchmal den Kartoffel-Landrat. Das ist für mich ein Ehrentitel", sagt Roland Weigert, Landkreis-Chef in Neuburg-Schrobenhausen. Er habe selbst den Kartoffelhandel erlernt. "Für mich ist das ein Premiumlebensmittel."

Wie wertvoll örtlich produzierte Lebensmittel sind, können Besucher an diesem Wochenende bei einer Regionalmesse erfahren, Veranstaltungsort des "Erlebnisfestivals" ist das Haus im Moos in Karlshuld. Mitmachaktionen, Musik und Kulinarisches laden am Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr zum Bummeln, Einkaufen und Probieren ein. Zugleich findet eine von den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ingolstadt und Pfaffenhofen ausgerichtete Regionalkonferenz für Fachbesucher statt.