Kemnathen
Eine Standpauke zum Jahresbeginn

Anton Auer redet beim Neujahrsempfang der CSU Kemnathen seiner Partei ins Gewissen

16.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Rund 40 Gäste sind zum Neujahrsempfang der CSU Kemnathen gekommen. - Foto: Sturm

Kemnathen (swp) Beim Neujahrsempfang des CSU-Ortsverbandes Kemnathen hat der Vorsitzende Anton Auer seiner Partei eindringlich ins Gewissen geredet, vor allem ins soziale. Auch an der Gemeindepolitik hatte er das eine oder andere auszusetzen.

Der Ortsverband der Christsozialen in dem Breitenbrunner Ortsteil hat zwar nur 21 Mitglieder. Dennoch waren trotz winterlicher Straßenverhältnisse fast doppelt so viele Gäste aus weiten Bereichen des öffentlichen Lebens zum Dorfwirt gekommen, um in lockerer Runde, bei einem Imbiss und einem Glas Sekt, auf das neue Jahr anzustoßen und über aktuelle Themen aus der großen Politik und aus der Kommunalpolitik zu diskutieren.

Heuer ist das Jahr der Bundestagswahl. Da sind die Mandatsträger - und solche, die es werden wollen - der politischen Parteien von Anfang an viel unterwegs. Den Weg nach Kemnathen gefunden hatten der Bundestagsabgeordnete und CSU-Kreisvorsitzende Alois Karl sowie der designierte Listenkandidat zur Bundestagswahl, Stephan Meier aus Pölling. Was ihnen ihr Parteifreund Auer zum Thema "Uns geht es so gut wie nie zuvor" und zu manch anderen Dingen mit auf den Nachhauseweg gegeben hat, das war mehr als deutlich.

"Es geht vielen Menschen gut, aber ich kenne auch Altersarmut, schlecht bezahlte Arbeit, die Zeitarbeit als eine Form moderner Sklavenarbeit sowie den Niedergang der Mittelschicht", sagte Auer. Die Diskrepanz zwischen Arm und Reich werde immer größer, man bekomme langsam aber sicher "amerikanische Verhältnisse". Am Beispiel der ehrenamtlichen Sprachpaten an der Breitenbrunner Schule machte Auer deutlich, dass es in Sachen Anerkennung des Ehrenamts noch großen Nachholbedarf bei der Politik gebe. "Außer einem warmen Händedruck und Dankesworte hat es für die Sprachpaten keinerlei Unterstützung gegeben. Das Schulamt habe zum Beispiel ein Fahrgeld mit der Begründung abgelehnt, die Sprachpaten hätten keine "universitäre Ausbildung". "Das schreit zum Himmel, deswegen ist hier unser Ortsverband eingesprungen", so Auer.

Ein Dorn im Auge ist Auer außerdem der Streit der Schwesterparteien CSU und CDU: "Der Streit, zum Beispiel über Höchstgrenzen, ist nicht zielführend. Statt Einigkeit zu zeigen, Lösungen zu erarbeiten und der Frage nachzugehen, warum so viele Menschen hierzulande unzufrieden sind, werden die Wähler in die Hand der AfD getrieben." Kritisch äußerte sich Auer zur 10-H-Regelung: "Hier hat der Ministerpräsident der Atomlobby nachgegeben und die Energiewende geopfert. Ich wohne lieber 1000 Meter neben 20 Windrädern, als einen Kilometer neben einem Atomkraftwerk." "Wir haben den humanitären Akt doch einigermaßen geschafft", sagte Auer zur Flüchtlingssituation. Terroranschläge seien auch ohne Flüchtlinge nicht auszuschließen. Wütend machte es den Ortsvorsitzenden, dass in Deutschland Politiker als "Volksverräter" und Teile der Medien als "Lügenpresse" bezeichnet werden dürfen. "Jeder sollte froh sein in einer Demokratie leben zu dürfen. In manch anderen Staaten wird man nach solchen Äußerungen weggesperrt."

Natürlich sagte Karl in seinem Grußwort "Uns geht es so gut wie noch nie." Bayern sei in den 70 Jahren, die es die CSU gebe, vom Armenhaus Europas aufgestiegen in die Champions League. Karl lobte die Kemnathener CSU als lebendigen Ortsverband und sagte zum Thema Asyl: "Wer einen Anspruch darauf hat; muss aufgenommen werden, aber nur vorübergehend." Man brauche eine grenznahe Registrierung der Flüchtlinge. Er sprach sich für einen "Marshallplan" für Afrika aus. "Wir leben nicht über unsere Verhältnisse, wir leben über die Verhältnisse der Menschen dort." Ein bisschen Wahlkampf musste auch sein: "Mein Wahlkreis ist größer als das Saarland. Ob ich wieder in den Bundestag eingeladen werde, entscheiden sie alle."