Eine Schande

Kommentar

12.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:41 Uhr

Erst die bunte, fröhliche Party, dann die Eskalation der Gewalt. Szenen wie im Bürgerkrieg, dabei sollte es ein friedliches Fußballfest sein. Es sind Bilder, die an die Fußball-Weltmeisterschaft 1998 erinnern, als deutsche Hooligans in Frankreich den wehrlosen Gendarmen Daniel Nivel beinahe zu Tode geprügelt hatten, das Leben dieses Mannes zerschmetterten.

In Marseille war es jetzt 18 Jahre später ein englischer Fan, der - bereits leblos am Boden liegend - von brutalen Gewalttätern weiter zusammengetreten wurde. Hier handelt es sich nicht um Fußball-Fans, sondern um Schwerverbrecher, die den Sport für ihren Wahnsinn missbrauchen und ihn diskreditieren.

Blutige Ausschreitungen auf den Straßen, Randale auf den Rängen nach dem Spiel - da kommen Zweifel auf, ob das Sicherheitskonzept der Fußball-EM keine Lücken hat. Angesichts der Terrorwarnungen und konkreten Bedrohungslage hätte man solche Defizite nicht für möglich gehalten. Drei Tage lang terrorisieren Hooligans die französische Hafenstadt, hinterlassen eine Spur der Verwüstung. Dabei war die Partie als Risikospiel eingestuft, die Gefahr durchaus erkannt, aber nicht ausreichend gebannt worden. Nicht nur auf den Straßen, sondern auch im Stadion spielten sich nach der Begegnung England gegen Russland unfassbare Szenen ab. Wo war der Sicherheitsdienst, wo die Polizei? Die Regie des Fußballverbandes Uefa verzichtete zunächst lieber auf diese Bilder der Schande. Doch mit Zensur lässt sich das Problem nicht lösen. Und auch die Drohung mit dem Ausschluss beider Mannschaften, sollte sich die Gewalt wiederholen, dürfte die Hooligans kaum abschrecken.