Ingolstadt
Eine pädagogisch wertvolle Gaudi

Die Kinder der Wilhelm-Ernst-Grundschule entspannen sich jetzt in einem Zimmer voller Gesellschaftsspiele

27.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:22 Uhr

„Spielen macht Schule“: Denise, Melanie und Sophia (v. l.) erkunden das „Magische Labyrinth“. - Foto: Rössle

Ingolstadt (sic) Ein Tritt in den Elefantenhaufen, oder besser: in den Haufen des Elefanten, gibt Punktabzug. Kleine Plastikteile in entsprechender Optik markieren die Tretminen tierischer Herkunft auf dem Spielbrett. Die Drittklässlerinnen Violeta, Annika und Esra manövrieren ihre Holzfiguren zielsicher über den Safariparcours, sie würfeln, ziehen Karten, die über den Weg zum Sieg mitentscheiden, und addieren auf Strichlisten, wie oft sie bisher reingetappt sind.

Das Gesellschaftsspiel heißt „Kalimambo“. Die Mädchen setzen sich gern davor. „Wir finden es lustig und spannend!“ Und das Gewinnen, ergänzen die drei, sei schließlich auch was Schönes.

„Kalimambo“ ist eines von 20 pädagogisch wertvollen Brett- und Kartenspielen, die seit diesem Jahr in der Wilhelm-Ernst-Grundschule an der Stollstraße die Kinder erfreuen. Das Beste: Alles gab es kostenlos, denn die Schule hat sich mit Erfolg bei der Initiative „Spielen macht Schule – Spielend zum Lernerfolg“ beworben. Evi Raith, die Rektorin, hat eigens ein Spielzimmer einrichten lassen, das jetzt eingeweiht wurde.

Die Initiative „Spielen macht Schule“, die das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen 2007 mit weiteren Partnern ins Leben gerufen hat, schenkt Grundschulen in ganz Deutschland, die sich beworben haben, jedes Jahr eine Spieleausstattung. Fast 1000 Schulen sind bisher bedacht worden, eine davon ist jetzt die Wilhelm-Ernst-Grundschule.

Die Schulleiterin weiß um den hohen pädagogischen Wert der Gesellschaftsspiele: „Sie stärken die Konzentration. Die Schüler müssen sich beim Spielen länger als zehn Minuten mit einer Sache beschäftigen.“ Nicht zu vergessen den Entspannungseffekt, denn es sind bisher meist Kinder aus Ganztagsklassen, die im neuen Spielzimmer an den Brettern sitzen, und kreative Zerstreuung ist bei dieser Form des rhythmisierten Unterrichts von 8 bis 16 Uhr ein wichtiger Teil des Konzepts. „Die Spiele sind sehr geeignet für die Ausgleichsphasen“, sagt Evi Raith. „Das ist keine vertane Zeit.“

Die Lehrerin Nicola Pütz hat zusammen mit Kolleginnen das Konzept für den Unterrichtseinsatz der Spiele erarbeitet. „Es gibt viele tolle Spiele für jedes Alter!“, berichtet sie. Ihre Aufgabe ist es nun, die Regelwerke den Kindern zu erklären. Das ist oft gar nicht so einfach. Denn Brettspiele wie „Abenteuer auf dem Zahlenfluss“, „Das magische Labyrinth“, „Crosswise“ oder „Weltreise für Kinder“ sind ziemlich anspruchsvoll und erfordern einige Übungszeit. Oder sie vermitteln Grundwissen auf amüsante Art, so etwa das Spiel „Rinks & Lechts“.

Die meisten Schüler arbeiten sich begeistert in die Spiele ein, erzählt Nicola Pütz. „Man darf nicht vergessen, dass viele Kinder Brettspiele von Zuhause her noch nicht kennen.“ So öffnet sich ihnen im Spielezimmer eine neue, aufregende Welt. Die Vorfreude, verrät die Lehrerin, „ist immer sehr groß, für manche ist es das Highlight der Woche“. Deshalb kündigt Rektorin Raith an, dass neben den Ganztagsschülern bald auch die anderen Klassen im Spielzimmer entspannen dürfen. „Zum Beispiel als Belohnung.“

Die Schüler lernen noch mehr dabei: „Vor allem, dass man Regeln einhalten muss“, berichtet Nicola Pütz. „Dass man warten und sich gedulden muss, wenn andere am Zug sind.“ Und nicht zuletzt: „Die Kinder lernen, dass man nicht nur gewinnen kann.“

Einen Tisch weiter umringen Denise, Melanie und Sophia das geheimnisvolle „Magische Labyrinth“. Sie ziehen ihre Figuren über unheimliches Terrain – voller verborgener Abgründe. „Unter den Figuren hängt an einem Magneten eine Kugel aus Metall, die man aber nicht sieht, weil dazwischen das Spielbrett ist“, erklären die Mädchen. „Ein falscher Schritt – und die Kugel fällt in die Falle.“ Das hebt die Stimmung und schult die Konzentration. Deshalb ist auch das ,Magische Labyrinth' eine große, pädagogisch wertvolle Gaudi.