Ingolstadt
Eine neue Bühne für rockende Talente

Die Reihe Local & Established löst die Ingolstädter Musikszene ab – Ohrakel schließt am Jahresende

10.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:00 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Musikszene der Stadt nimmt andere Formen, Strukturen und vor allem Räume an. Local & Established heißt das neue Projekt des Kulturamts – ein Ersatz für die Ingolstädter Musikszene nach fast 30 Jahren. Eine Geschichte von etwas geliebtem Alten und etwas vielversprechendem Neuen.

„Es geht darum, nicht im eigenen Saft der Lokalität zu schmoren“, sagt Verena Gutsche vom Ingolstädter Kulturamt. Daher die neue Idee, die das Projekt „Ingolstädter Musikszene“ ablösen soll: Jeweils eine lokale Band soll gemeinsam mit einer etablierten Band ein Konzert geben. Daraus ergibt sich auch der neue Name: „Local & Established“.

Die etablierten Bands vermittelt eine Agentur – deutschlandweit oder sogar international. „Damit wollen wir eine professionelle Ebene in die Konzerte bringen“, sagt Verena Gutsche. Die Zeiten, in denen das Publikum bei den Lokalband-Konzerten im Wesentlichen aus Verwandten und Freunden der Musiker bestand, sind damit vorbei. Der Wert der Veranstaltung soll mit dem Zuschauerkreis steigen. So ist zumindest der Plan.

Zu Ende geht dafür eine Veranstaltungsreihe mit einer langen Tradition. Seit 1985 hat es die Ingolstädter Musikszene gegeben. Die Konzerte fanden im Ohrakel am Hauptbahnhof und auf der Kleinkunstbühne in der Neuen Welt statt. So konnte es aber nicht weitergehen, denn das Ohrakel wird es 2015 nicht mehr geben. Wieso? „Weil uns die IFG den Vertrag gekündigt hat“, sagt Betreiber Michael Sawatzki. Das Tochterunternehmen der Stadt erweitert hier sein Parkhaus.

Zum Abschied soll aber noch einmal so richtig gefeiert werden, deswegen plant er am 29. und 30. Dezember zwei große Konzerte mit lokalen Bands. Am 31. Dezember soll es außerdem eine Party mit DJ und freiem Eintritt geben. Doch Sawatzki scheidet nicht ganz aus, denn auch in der neuen Halle 9 am Hauptbahnhof ist er mit dabei: „Ich mache die Gastronomie und werde elektronische Veranstaltungen organisieren, mit Party und Disco.“

Und die Neue Welt? „Ich habe von mir aus den Schlussstrich nach den letzten Musikszene-Konzerten dieses Jahr gezogen, vollkommen freiwillig“, sagt Walter Haber, der Betreiber. Die Neue Welt wäre so und so aus der Ingolstädter Musikszene ausgestiegen, ganz egal, ob es sie nun insgesamt nicht mehr gibt oder nicht. „Bis vor sechs Jahren waren auch Konzerte von Ingolstädtern ausverkauft, aber die Bands selber zeigen heute zu wenig Interesse“, sagt Haber. „Am Anfang war das anders, da waren die Konzerte wichtig, die Leute haben teilgenommen.“

Woran das liegt? Die Jugendlichen hätten nicht mehr so viel Zeit – und viel mehr Möglichkeiten, ihr Taschengeld auszugeben. Zu den fast 30 Jahren Ingolstädter Musikszene sagt er: „Es war eine super Zeit, es ist aber auch schön, wenn etwas Neues kommt.“ Im Rahmen der Ingolstädter Musikszene haben Musiker ihre ersten Schritte gemacht, die heute in aller Munde sind. Chris Boettcher wagte zum Beispiel seine ersten Versuche auf der Bühne mit der Band Slip 33 oder auch Günter Grünwald, Bonfire und Slut starteten in der Musikszene. Konzerte gibt es trotzdem weiterhin in der Neuen Welt, nur eben nicht über die städtische Schiene.

Wichtig war Walter Haber immer, den lokalen Bands zeigen zu können, wie so ein Konzert wirklich läuft, wie man einen Abend gestaltet, auch vor kleinerem Publikum. Als Supportact (zu Deutsch Vorgruppe) sei man „immer benachteiligt mit Soundcheck und so weiter“. Trotzdem versteht er natürlich, was die Bands an dem neuen Projekt reizen wird: Mit großen Bands auf der Bühne zu stehen. Alles in allem findet Haber kleinere Räume besser, denn große Hallen gelte es eben immer zu füllen – und so viele Leute kämen in Ingolstadt meistens doch nicht zu lokalen Bands, sagt er.

Einer, der die Ingolstädter Musikszene für den DONAUKURIER von Anfang an begleitet hat, ist Karl Leitner. „Anfangs war sie sehr klein, dann hat sich die Banddichte durch die Musikszene erhöht. Beides ist angewachsen, hat sich gegenseitig hochgeschaukelt“, erzählt er. In den letzten Jahren wäre die Musikszene als Präsentationsplattform nicht mehr so gebraucht worden, die lokalen Bands hätten sich nicht mehr so dahintergeklemmt, keine Werbung gemacht. „Die raue Bühnenluft schnuppern“, das war der Ausgangspunkt der Musikszene vor mehr als 25 Jahren und für die lokalen Bands in den 90er Jahren oft auch die einzige Möglichkeit, das einmal zu tun.

Im Januar soll es nun die ersten Konzerte im Rahmen von „Local & Established“ geben. Stattfinden werden sie sowohl im Kulturzentrum Halle 9 als auch in der Eventhalle am Westpark. Für die lokalen Musiker, die Lust haben, als Vorgruppe einer etablierten Band aufzutreten, ist es jetzt Zeit, sich zu bewerben – oder besser gesagt, zu präsentieren. „Wir wollen einen Pool an Bands haben“, erklärt Verena Gutsche. Aus dem soll dann je nach Genre und Niveau eine Vorgruppe ausgewählt werden. Das hänge davon ab, welche nationale oder internationale Band nach Ingolstadt kommen wird.