Eine Nacht voller Highlights

08.09.2019 | Stand 02.12.2020, 13:07 Uhr
Fulminant die Show der Breakdancer aus Rostock: Die Typhon Breakdance Crew brachte eine frische Prise aus dem Norden in das Lechner-Museum, wo sich die Zuschauer drängten und viele sich mit Stehplätzen begnügen mussten (oben). Carlotta und Johanna übten in der Schreibwerkstatt des Heinrich-Stiefel-Museums Sütterlin-Schrift (links unten). Drei Etagen höher bewiesen die Hip- Hopperinnen von Basement Performance Art enorme Körperbeherrschung und Koordination. Kerstin Schulz und Jens Lohse (rechts) begeisterten im Deutschen Medizinhistorischen Museum mit Lieder rund um die Schönheit. −Foto: Fotos: Hammerl

Ingolstadt (DK) Musikalische Lesungen, Breakdance, Vorführungen der Spielleute, schöne und hässliche Lieder: Fast schon eine Überfülle an Programm bot die stimmungsvolle Ingolstädter Nacht der Museen in diesem Jahr.

Der Liebe im Mittelalter musikalisch und literarisch im Stadtmuseum nachspüren, im Garten der Alten Anatomie Liedern "Von schön bis hässlich" lauschen oder in der Harderbastei Künstlern bei der Arbeit zusehen - das sind nur einige Highlights der 22. Nacht der Museen.

Die hat nur einen Fehler - sie ist zu kurz, um auch nur die Hälfte des Programms in elf Ingolstädter Museen und Galerien zu erschnuppern. Also heißt es Schwerpunkte setzen und manchmal auch, früh dran zu sein. Der Barocksaal des Stadtmuseums ist schon eine Weile vor Beginn von "Liebe(n) im Mittelalter" bis auf den letzten Platz besetzt. Die von Martina Neumeyer zusammengestellte musikalische Lesung hält, was sich die Zuschauer versprochen haben. Unterhaltsam und informativ, dabei amüsant und professionell von den Spielleuten dargeboten, wechseln Musik und Texte, deren früheste ins vierte Jahrhundert zurückreichen. Ob als Karl der Große und seine dritte Ehefrau Hildegard, Tristan und Isolde oder als Héloise und Pierre Abélard - Spielmann Sascha Römisch und Spielfrau Margret Gilgenreiner gelingt eine atmosphärisch dichte Darbietung, die mit der Musik Brigitte Pinggéras (Klavier) und den projizierten Bildern der "malenden Spielfrau" Ronja Hora eine wunderbare Mittelalter-Collage ergeben, die Autorin Neumeyer als Erzählerin begleitet.

Während das Stadtmuseum die Historie wachwerden lässt, geht es im Lechner-Museum mit modernem Tanz zur Sache. Die Typhon Breakdance Crew aus Rostock darf sich ebenfalls über volles Haus freuen, wenn der Drummer und Fischer seine Angel auswirft und die Fische zu einer energiegeladenen, stürmischen Performance tanzen lässt. Die drei athletischen Tänzer trotzen Sturm und Gefahr, gehen vor der Bühne in Deckung und wagen sich wieder hinaus, um weiter mit ihren akrobatischen Footworks und Powermoves sowie ausdrucksstarken Freezes mitzureißen.

Die zwölf Tänzerinnen und der Tänzer der Hip-Hop-Show von Basement Performance Art im Heinrich-Stiefel-Museum haben offensichtlich ebenso viel Spaß wie die zahlreichen Zuschauer an ihrem Tanz, der dem Breakdance an Tempo kaum nachsteht, insgesamt aber weicher und weniger akrobatisch wirkt. Ein Tanzworkshop mit Jessica Grau und die Schreibwerkstatt mit Griffel, Feder und Tinte ergänzen das Angebot.

"Gemalte Diagramme" sind ein Widerspruch in sich, erklärt Museumspädagogin Ute Becker in der gleichnamigen, mit der Geschichte des Bauhauses verknüpften Ausstellung im Museum für Konkrete Kunst, während Gebärdendolmetscherin Ronja Kunze in atemberaubender Geschwindigkeit übersetzt.

Die auslaufende Ausstellung der Gemäldesammlung des Medizinhistorischen Museums steht Pate für das Motto "bildschön". Weshalb Kerstin Schulz mit ihrer ausdrucksstarken Altstimme und begleitet von Jens Lohse (Klavier, Gesang) Songs "Von "schön" bis "hässlich"" in drei Blöcken darbietet. Wobei Hässliches eher weniger inspirierend auf Komponisten und Texter wirke, wie Schulz einräumt. Immerhin Charles Aznavours einziges deutschsprachiges Lied "Du lässt dich geh'n", geht in die Richtung. Mit "Sigismund", "Bel Ami", "Gigolo" und weiteren kultigen Hits begeistern die beiden Vollblutmusiker aus Neuburg.

Ein Sprung noch ins Heimatmuseum, wo der Schanzer Peter Trübswetter böhmische Landler, Française, Walzer und Polka auf der Ziach spielt, dann noch ein Blick in die Harderbastei, wo gemalt, gezeichnet und aus Ton geformt wird. Ein Höhepunkt ist die Geburt einer Radierung von Susanne Pohl und Stefan Wanzl-Lawrence, deren Bilder Richard Gruber für die kommende gemeinsame Ausstellung in die Dreidimensionalität hebt. Eine erlebnisreiche und stimmungsvolle Museumsnacht, die gewiss für jeden etwas geboten hat.