Eine muntere Kirche

Kommentar

28.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:03 Uhr

Ein Evangelischer Kirchentag ist mehr als gemeinsames Beten und Singen. Es ist ein Fest des Glaubens und der Gemeinschaft, auf dem jene, für die Theologie im Vordergrund steht, ebenso zu ihrem Recht kommen wie Teilnehmer, die "über Gott und die Welt" sowie über soziale und gesellschaftliche Probleme unserer Zeit reden wollen.

Ein Kirchentag ist somit per se eine politische Veranstaltung. In diesem Wahljahr war er das besonders. "Du siehst mich", lautete das Motto, und mancher Politiker schien im Geiste hinzugefügt zu haben: Also wähle mich gefälligst auch. Zumindest war manche Äußerung von Spitzenpolitikern eher Parteitags- oder Wahlkampfgerede.

Vor allem mit der AfD-Diskussion hat sich der Kirchentag keinen Gefallen getan. Die Intention war klar: Man könne, hieß es, nicht jene ausgrenzen, denen man Ausgrenzung vorwirft. Man müsse sie mit Argumenten stellen und entlarven. Das jedoch ist nicht gelungen. Eine wirkliche Diskussion kam nicht zustande, es wurden vor allem bekannte Positionen vorgetragen, niedergebuht oder hochgejubelt. Zufrieden konnte vor allem die vorher ziemlich unbekannte AfD-Politikerin Anette Schultner sein. Für den Kirchentag hatte die Veranstaltung keinen Mehrwert.

Auch Kritiker am Auftritt Barack Obamas und Angela Merkels fühlten sich bestätigt. Doch immerhin war es eine spannende Diskussion, bei der es um ethische Fragen in der Politik ging. Selbst wenn diese Einzelveranstaltung, in der manche Wahlkampfhilfe für Merkel witterten, vieles andere überlagert hat - der Kirchentag hat gezeigt: Die Kirche lebt. Sie mag Probleme haben. Doch ohne aktive, muntere Gemeinden mit engagierten Mitgliedern und Geistlichen sowie eine erfolgreiche Jugendarbeit wäre die Organisation einer solchen Veranstaltung gar nicht möglich. Ob Luther sich in Berlin und seinem Wittenberg wohlgefühlt hätte? Egal. Die Zeiten ändern sich. Und ihre Menschen. Das ist gut so.