Hilpoltstein
Eine Leiche zum Anbeißen

18.11.2011 | Stand 03.12.2020, 2:09 Uhr

Blaulicht: Aus ihrem gemeinsamen Roman haben Petra Nacke und Emil Tannert gelesen und ihn natürlich auch signiert. - Foto: Raithel

Hilpoltstein (HK) Schummriges Licht, Blaulicht, Kerzenschein – die Residenz Hilpoltstein ist am vergangenen Mittwoch Schauplatz eines Gewaltverbrechens. Rund 30 Zuhörer werden von den Autoren Petra Nacke und Elmar Tannert an einem hitzig-heißen Tag in die Nürnberger Nordstadt entführt, zum Tatort, an dem die ehemalige Schülerin Sandra Kovács mit einem Sushi-Messer auf den Musiklehrer Wolfgang Gerlach auf offener Straße einsticht.

Heinrich Zintl, ein Anwohner, der die Szene beobachtet hat, schreit um Hilfe und immer wieder „mein Gott, mein Gott, mein Gott!“

Nicht nur, dass die beiden Autoren in verteilten Rollen lesen, nein, Elmar Tannert spielt auch den Titelsong zur Lesung selbst auf seinem E-Bass. Die Zuhörer finden sich wieder in einer detailliert erzählten Szenerie, einem Live-Hörbuch, das später durch den Gesang Petra Nackes noch packender wird.

Sprung – die Geschichte führt die Zuhörer auf den Jakobsplatz, der – von der Sonne aufgeheizt – Herbert Mattusch, dem Kommissar im benachbarten Polizeipräsidium, gehörig zu schaffen macht. Noch vor Ort hatte man die Täterin, die seelisch schwer gestörte junge Frau festgenommen – doch sie schweigt beharrlich. Neben Ermittler Mattusch lernt man auch die junge engagierte Kollegin Zoe Kandeloros, Kommissar Glossner und den Pathologen Häckel kennen. Die Figuren entstehen vor dem Publikum, die tiefe stimme Tannerts wechselt dabei mit der ruhigen, kräftigen Stimme Nackes. Gespräche entstehen, Dialoge, die das Publikum mitnehmen in den Fall und die vielen Geschichten und Geschichtchen nebenher.

Sprung – was man als Autor macht, wenn man einen Charakter des eigenen Krimis nicht leiden kann, erklärt Tanner auch: „Man schickt ihn einfach weg.“ So geschehen dem Ermittler Kalz, der sich in Tschechien wiederfindet. Später trotzdem Mitleid mit der eigenen Figur habend, beziehen ihn die Autoren wieder mit ein und lassen ihn auf Ivana Simaková treffen.

Gefragt, wie man es zu zweit schaffe, einen Krimi zu schreiben, antwortet Nacke, dass man vor allem einen Plan brauche, wie man beim Schreiben eines Buches sowieso immer einen brauche, gerade, wenn man zu zweit schreibe.

Einige Sprünge und – wie der Pathologe meint – eine „Leiche zum Anbeißen, wenn Sie wissen, was ich meine“ später bleibt für die Zuhörer das Ende offen. Die beiden Autoren haben es geschafft, den Charakter ihres Buches auch bei der Lesung rüber zu bringen und gut zu erzählen.