Neuburg
"Eine kulturhistorische Tat"

Vor 25 Jahren wurde das Stadttheater nach zweijähriger Sanierung wiedereröffnet – Auch August Everding war dabei

09.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:42 Uhr

 

Neuburg (DK) Eine Sternstunde lokaler Kultur jährt sich in diesem Jahr zum 25. Mal: Mit einer Punktlandung, wie sie knapper nicht hätte ausfallen können, wurde am 26. Oktober 1988 das Stadttheater nach zweijähriger Sanierung und Erweiterung wiedereröffnet – ein Meilenstein in der Stadtgeschichte.

Mehrten sich ohnehin schon Wochen vorher die Zweifel an einer termingerechten Fertigstellung, so wurde allen am Umbau Beteiligten auf der Zielgeraden erneut ein heftiger Adrenalinschub versetzt: Die Sessel – insgesamt knapp 300 an der Zahl – wurden nicht termingerecht geliefert. Noch wenige Tage vor der großen Einweihungsfeier ragten nur die Gerippe der Untergestelle aus dem nagelneuen Holzboden. Diese finale Partie im Nervenkrieg um die Fertigstellung entschieden die Handwerker dann für sich: Der letzte Stuhl war montiert, kurz bevor der erste der etwa 250 Ehrengäste seinen Fuß über die Schwelle des für zirka 6,2 Millionen Mark umgestalteten Musentempels setzte.

Im Vorfeld war es zu anderen kleinen Pannen gekommen. Kulturamts-Perle Angelika Rittberger, die damals schon bei der Stadtverwaltung arbeitete, erinnert sich an einen Zwischenfall bei den Proben lokaler Ensembles für die Einweihungsfeier: „Ein Sprecher trat ans Steuerpult und machte die Durchsage ,Garderobe drei, bitte Auftritt’, doch niemand kam.“ Basses Erstaunen. Dann habe sich herausgestellt, dass die Lautsprecher noch gar nicht eingebaut waren, erzählt Rittberger lachend.

Der Theatertradition, welcher die Neuburger seit Jahrhunderten frönen, hatte der Bayerische Gemeindeunfallversicherungsverband 1985 den Riegel vorgeschoben: 16 Jahre nach der letzten Sanierung, bei der die gesamte Bühnentechnik ausgespart worden war, wurde die Nutzung des Stadttheaters wegen Mängel der Bühnenmaschinerie untersagt. So hat es Stadtheimatpfleger Roland Thiele dokumentiert. Das war das vorläufige Aus einer Geschichte, die 1869 mit dem Einbau des Theaters in den ehemaligen Getreidespeicher begonnen hatte.

Noch im Herbst 1985 wurde das Neuburger Architekturbüro Jörg Hauk als Gutachter zu den Planungen für die Sanierung des Theaters hinzugezogen, da über das Städtebauförderungsprogramm Zuschüsse in Aussicht standen. Prämisse war stets, dass der historische Theatersaal im Biedermeierstil beibehalten werden müsse. Kulturreferent Anton Sprenzel entwickelte sich zu einem glühenden Befürworter der Generalüberholung. 1987 trat dann Dieter Distl seinen Posten als hauptberuflicher Kulturamtsleiter an, der das Projekt zusammen mit Architekt Hauk weiterführte.

Im Herbst 1986 begannen die Mammutarbeiten, bei denen sich die Verantwortlichen in ein enges Zeitkorsett hatten pressen lassen. Mit Hilfe einer erdgeschossigen, schubladenförmigen Erweiterung in das benachbarte Malteserpropsthaus hinein wurde die Hinterbühne geschaffen. Konzipiert wurde die Bühnenanlage von Fachmann Walter Huneke aus Bayreuth. Auch das Büro des Theatermeisters mit technischen Überwachungseinrichtungen, Künstlergarderoben und Sanitärräumen nebst Übernachtungsmöglichkeit im Dachstuhl wurden im Malteserpropsthaus geschaffen.

Der vordere Eingangsbereich des Theaters wurde großzügiger gestaltet, die Erweiterung des Orchestergrabens und die Neuschaffung einer Hubbühne machten es erforderlich, dass die beim Umbau 1968/69 begonnene Unterkellerung des Parketts fortgesetzt werden musste.

Architektonische Akzente aber wurden insbesondere mit dem Pausenfoyer, einer Konstruktion aus Stahl und Glas gesetzt, die in einen großzügigen Theaterhof übergeht. An dieser Stelle habe sich zuvor Wildwuchs befunden, erklärt Angelika Rittberger.

Prominent besetzt war die Gästeliste dann bei der Eröffnungsfeier am 26. Oktober, einem Mittwoch: Allen voran war der weltbekannte Intendant der Bayerischen Staatstheater, August Everding (1928–1999), als Festredner gekommen: „Eine Stadt, die kein Theater hat, ist eigentlich gar keine Stadt“, meinte die Kulturgröße, die den Neuburger Stadträten „eine kulturhistorische Tat“ bescheinigte. Mit ihrem Beschluss zur Sanierung hätte sie den Bürgern einen „Luxusartikel“ zurückgegeben. Vor allem aber wecke das Theater „unsere schönste Begabung, die Fantasie“, führte Everding aus.

Regierungspräsident Raimund Eberle rezitierte Klassiker im neuen Bühnenraum und auch Walter Ruppel, Chef des Hamburger Ohnsorg-Theaters, zeigte sich vom Neuburger Haus sehr angetan.

Der damalige Oberbürgermeister Günter Huniar präsentierte den Ehrengästen stolz das theatrale Kleinod als „Synthese aus Erhaltung historischer Bausubstanz, moderner Architektur, die sich vornehm unterordnet“ und eine hohen Ansprüchen genügende Funktion habe.

Unzählige große Namen der Kulturszene haben seither in Neuburg gastiert, am 17. Oktober beginnt die neue Spielzeit. Eine eigene Veranstaltung zum Jubiläum der Wiedereröffnung des Theaters wird es laut Kulturamtsleiterin Kathrin Jacobs aber nicht geben.

Angelika Rittberger war bei der Einweihungsfeier vor 25 Jahren dabei: „Es war ein toller Abend. Da fiel plötzlich die ganze Last der Vorbereitungen von einem ab“, sagt sie.