Eichstätt
Eine kleine Geschichte der Milchwirtschaft

Ab 1936 gab es Pflichtmilchkontrolle für Bauern - Heute schrumpft die Zahl der Genossenschaftsmitglieder

27.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:51 Uhr
Das Ehepaar Holzinger aus Marienstein mit seinem Gespann. Eine Abrechnungskarte vom Juli 1948 belegt den Milchpreis von 24 Pfennigen aus 379 Litern im Monat. −Foto: Ettle Josef, Ettle, Marlene, Eichstaett

Eichstätt/Adelschlag - Über die Landesbauernschaft Bayern wurde ab 1936 für alle Bauern eine Pflichtmilchkontrolle in den einzelnen Orten eingeführt.

Hintergrund der Daten, die exemplarisch aus dem Abschlussheft 1941 zitiert werden, war, "dass die Sicherung der Versorgung von Heer und Volk mit Milch und Milcherzeugnissen von allergrößter Bedeutung sei". Diese Pflichtmilchkontrolle sei der einzige Überblick für die Erzeugung und natürlich die erwünschte Ablieferung. Dazu gab es auch seitens der Bauernschaft, wie vermerkt wurde, "fortschrittliche Bauern mit guter Organisation im Gesamtbetrieb, die insgesamt in Zuchtwahl, Pflege und Fütterung wertvolle Gradmesser erkennen". Die "Mittelmäßigen" nähmen die Kontrolle als unabweisbare Pflicht hin, die "Schlechten und Unwilligen verursachten da und dort noch Störungen im Gleichklang". Dank der Unterstützung durch die Landesbauernschaft, Landräte, Parteistellen und Ortsbauerführern gelang es - wohl auf entsprechenden Druck - alle bei der Stange zu halten.

Günstig für das Jahr 1941 wird die Witterung beschrieben, die durch reichlich Niederschläge für das Wachstum der Futterpflanzen gesorgt habe. Sonnenschein habe gefehlt, heißt es weiter. Für das Wohlbefinden der Tiere sei aber auf den Leberegelbefall zu achten. Ein Milchleistungswettbewerb habe die Pflichtkontrolle gestärkt. Das Leistungsamt Ansbach, wozu der Landkreis Eichstätt gehörte, zeigte sich insgesamt sehr zufrieden.

Zur Verbesserung der technischen Möglichkeiten wurden für die Bäuerinnen und Bauern auch Melk- und Viehhaltungskurse durchgeführt. Drei Lehrer wurden dafür für Mittelfranken abgestellt. Insgesamt 39 Kurse wurden in den Landkreisen von Rothenburg über Erlangen, Nürnberg und auch in Eichstätt abgehalten. Meistens nahmen Frauen an den Kursen teil.

Die Melkarbeit blieb ja meistens bei den Frauen hängen. Viele junge Männer waren natürlich zum Kriegsdienst eingezogen worden. 499 war ihre Teilnehmerzahl, wobei die Männer mit 114 registriert wurden. Im Erziehungsheim Auhof bei Hilpoltstein wurden 53 Landhilfsmädchen und Mutterschaftshelferinnen zu Praktikerinnen ausgebildet.

? Von "Freya" bis "Zenta": Das Rinderleistungsbuch mit 68 Kühen war aus dem Eichstätter Raum bestückt, mit "Freya" von Gut Sperberslohe im Alter von 8 Jahren, mit "Liese" von Strobel vom Riedelshof, mit "Cäcilie" und "Margot" der Witwe Balz von Wittenfeld, mit "Palme" von Hosemann in Konstein und der "Zenta" von der Gutsverwaltung Wielandshof. Die Betriebe, die im Zuchtverband eingetragen waren, erzielten mit insgesamt 2488 Litern Milch im Jahr ein höheres Ergebnis als nicht eingetragene Betriebe, die "nur" etwa 1800 Liter Milch je Kuh gaben.

? Unterschiedliche Milchmengen: Interessant sind auch die Zahlen über die Milchmenge je Kuh und Tag und die Ablieferung dazu. Die guten Züchter im Verband hatten täglich je Kuh in Eichstätt über 7 Liter Milch, 4,5 Liter wurden abgeliefert. Die Pflichtbetriebe hatten dagegen nur 4,4 Liter und lieferten hier 2,6 Liter ab. Vom Staat wurde in der Folge darauf hingearbeitet, mit Blick auf die Volksernährung eine Leistungssteigerung zu erreichen. Insgesamt wurden im Eichstätter Landkreis bei 10274 Kuhabschlüssen von den erzeugten 17205000 Litern nur 9970000 Liter über die Milchsammelstellen oder Molkereien an die übrige Bevölkerung weitergegeben. Eichstätt war damals mit 77 Gemeinden und 2829 Betrieben vertreten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Leistung der fünf besten Landkreisdurchschnitte. Hier hat Josef Biber vom Wielandshof bei Konstein mit 3854 Litern im Gesamtbetrieb mit sieben Kuhabschlüssen die Nase vorne. Wilhelm Maurer vom Birkhof folgt bei ebenfalls sieben Abschlüssen mit 3749 Litern. Das Staatsgut Reborf reihte sich bei 29 Kühen mit 3347 Litern ein. August Maurer vom Birkhof mit 12 Abschlüssen und 3342 Litern folgte vor Ludwig Stark aus Haunsfeld mit acht Kühen und 3261 Litern.

? Kontrollierte Abgaben: Bei der Pflichtmilchkontrolle Betriebsdurchschnitte überragte Michael Heigl aus Möckenlohe bei einer Kuh mit 4068 Litern im Jahr 1941. Erwähnenswert sind hier noch Josef Dickl aus Denkendorf (ein Abschluß mit 3815 Litern), Fabian Bauer aus Konstein mit 3791 Litern und Johann Schuster aus Breitenfurt, der bei sieben Kühen 3619 Liter erreichte. Im Prinzip waren bei den Einzelleistungen der Tiere wieder die beiden Maurers vom Birkhof, das Staatsgut Rebdorf, Stark aus Haunsfeld und Otto Betz von Sperberslohe vorne.

Bei den Pflichtmilchbetrieben glänzten bei den Einzelleistungen Michael Holzinger aus Marienstein, Fritz Baumann aus Buchenhüll und mit mehreren Tieren das Gut Moritzbrunn. Die Gemeinde Marienstein war - dank dem Staatsgut Rebdorf - an der Leistung von allen Kühen gemessen der Landkreisspitzenreiter - mit 2648 Litern pro registriertem Tier. Das Schlusslicht war Haunstetten mi 1075 Litern.

Große Milcherzeuger waren das Gut Wittenfeld mit über 20 Kühen, der Hof Dorfner in Buxheim mit 27 Kühen, Strobl in Riedelshof mit 17 Kühen, das Priesterseminar in Eichstätt mit 22 Kühen, der Hof Maurer in Baumfeld mit 15 Kühen, das Staatsgut Rebdorf mit 39 Kühen, Anton Mayer vom Prielhof bei Möckenlohe mit 16 Kühen, Sebastian Meyer vom Mühltal (Gemeinde Oberzell) mit 18 Kühen, der Tempelhof mit Josef Ingold bei Ochsenfeld hatte 29 Kühe und das Gut Moritzbrunn dort 28 Kühe. Berger in Weißenkirchen war mit 26 Kühen vertreten, Alois Wittmann und Michael Peschler aus Pietenfeld lieferten je 16 Abschlüsse. Auf dem Harthof bei Georg Bergér standen 15 Kühe. In Schönbrunn bei der Freiherr von Seefeldschen Gutsverwaltung wurden 28 Kühe gemolken, Xaver Stark in Tauberfeld hatte 22 Kühe im Stall. In Wasserzell melkte Franz Margraf 15 Kühe. Bei der Menge der Milchbauern ragen Buxheim mit 92 (617947 Liter) und Böhmfeld heraus. Hier waren 82 Bauern mit Milchkühen vermerkt, es wurden über 400000 Liter Milch erzeugt, 68 Prozent abgeliefert.

? Beitrag der Stadt: Interessant sind noch Zahlen zur Stadt Eichstätt: Das städtische Krankenhaus erzeugte mit fünf Kühen 10000 Liter, von denen es 65 Prozent ablieferte. Auch das Altersheim hatte 2,4 Kühe mit einer Ablieferung von 52 Prozent. St. Walburg mit 13 Kühen lieferte nur 40 Prozent ab - das Priesterseminar mit 22 Kühen nur 44 Prozent. Das Institut der Englischen Fräulein mit 12 Kühen trank die eigene Milch wohl vorwiegend selbst, nur 30 Prozent flossen der Molkerei zu. Insgesamt waren in Eichstätt 45 Milchbauern vertreten.

Erwähnt werden muss noch, dass viele Kühe auf den kleinen Höfen auch als Zugtiere herhalten mussten und darum nur geringe Leistungen als Milchlieferanten bringen konnten.

? Überprüfungen bis heute: Die Milchleistungsprüfungen wurden nach dem Krieg weitergeführt, aber nicht mehr als Pflicht-, sondern als freiwilliges Programm. Der Grundsatz für die Leistungssteigerung blieb gleich. Auch die Zuchtarbeit für die Verbesserung der Gesundheit der Tiere gibt es bis heute. Heute schrumpft die Milchliefergenossenschaft Eichstätt - auch wegen der Vorschriften zum erwünschten Auslauf. Sie hat nur noch 79 Lieferanten. In Adelschlag liefern noch zwei Milchbauern. Alte Aufzeichnungen belegen in den vier Orten der Gemeinde Adelschlag noch die unglaubliche Zahl von 189 Milchbauern.

EK

Wendelin Funk