Altmannstein
Eine Hymne an das Beisammensein

Die Hundskrippln haben ein neues Lied - Matthias Riegler erzählt vom Bandalltag während der Pandemie

17.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:40 Uhr
Sie machen auch in Coronazeiten Musik: Die Hundskrippln proben momentan jeder für sich in den eigenen vier Wänden. −Foto: Hundskrippln

Altmannstein/Mindelstetten - Es klirrt: Ein Mann mit Rauschebart klopft mit der Gabel auf Maßkrüge.

 

In einer urigen Gaststube sitzt er an einem schweren Holztisch - in seinem Rücken ein gefliester Kamin. Dieser bilderbuch-bayerische Ort ist die Kulisse des neuen Musikvideos der Hundskrippln zum Lied "As letzte Wirtshaus". Die Musiker aus Altmannstein, Mindelstetten und Kelheim besingen darin die Stammtischkultur - feiern einen Platz voller Gemütlichkeit und guter Gespräche. Diese Hommage an das Gemeinschaftsgefühl ist allerdings gleichzeitig eine Warnung: Sie widmen das Lied der letzten Gaststätte der Welt. Mit dem Text möchten sie auf das Wirtshaussterben im Freistaat aufmerksam machen. Sie wollen damit zeigen, dass ohne Gaststube nicht nur ein Ort fehlt, um süffiges Bier zu trinken - sondern der soziale Mittelpunkt des Dorfes.

Am 27. März ist diese Hymne an das Beisammensein erschienen. Während der Corona-Pandemie, die Gastronomen zwingt, ihre Pforten zu schließen. "Wir haben uns überlegt, ob wir das Lied in dieser Zeit veröffentlichen sollen. Letztendlich haben wir uns entschieden, es rauszubringen, denn die Botschaft passt sehr gut zur aktuellen Situation", erklärt Matthias Riegler, der bei den Hundskrippln die Quetschn spielt. Momentan würden Menschen merken, wie es ist, nicht in das Stammlokal zu dürfen und sich dort mit Freunden zu treffen. "Wenn bayerische Wirtshäuser nach und nach schließen müssen, ist das, was wir jetzt aus der Coronazeit kennen, irgendwann Alltag. Das wäre ein kultureller Verlust", führt Riegler weiter aus. Darüber hinaus möchte die Band mit diesem Song und dem zugehörigen Videoclip musikalische Unterhaltung bieten: "So hat man was zum Anschauen, wenn man daheim sitzt. Wir haben extra mehrere Prominente eingebaut, zum Beispiel Bäff oder Norbert Neugirg von der Altneihauser Feierwehrkapell'n", stellt Riegler fest. Denn die Band auf Festivals zu treffen, ist derzeit aufgrund des Virus nicht möglich. Schließlich sind alle Großveranstaltungen untersagt.

"Uns fehlen die Einnahmen bei den Auftritten. Wir verlangen von den Veranstaltern aber keine Stornogebühren, schließlich machen sie das nicht aus böser Absicht", sagt Riegler. Auch für das kommende Jahr laufen die Buchungen schleppend an. "Mit Anfragen für 2021 ist gerade wenig los. Ich weiß nicht, ob das direkt mit Corona zusammenhängt. Vielleicht auch indirekt, weil niemand den Nerv hat, jetzt eine Band zu buchen", überlegt Riegler. Normalerweise sind die Hundskrippln ein Jahr vorher ausgebucht.

Für die fünf Bandmitglieder seien die finanziellen Einbußen verkraftbar - sie alle sind keine Berufsmusiker und haben ein zweites Standbein. Riegler ist beispielsweise Programmierer. Doch nicht alle Künstler können auf ein alternatives Einkommen zurückgreifen wie die Hundskrippln. In solchen Fällen können Fans helfen: "Fast alle Bands oder Sänger haben einen Onlineshop. Dort kann man zum Beispiel CDs oder Mützen kaufen", beschreibt Riegler. Außerdem können Fans ihren Idolen und kulturellen Veranstaltungsorten finanziell unter die Arme greifen, indem sie bereits gekaufte Karten für Aufführungen behalten.

Eine besondere Verantwortung für Musiker sieht Riegler bei den Radiosendern. Seiner Meinung nach könnten sie weniger bekannten Sängern oder Ensembles durch die Coronazeit helfen: "Große Radiosender veranstalten Gänsehautmomente und danken damit symbolisch Ärzten und Pflegern. Aber wo die Radiosender helfen könnten, wenn sie wollten, machen sie nichts. Das ist eine heuchlerische Solidarität. " Er spielt auf die sogenannten GEMA-Lizenzgebühren für Urheber an. "Spielt ein Sender oder ein anderer Veranstalter ein Lied, so wird für ihn eine GEMA-Gebühr fällig", erklärt Riegler. Würden Sender regionale sowie aufstrebende Künstler spielen, gingen diese Gebühren an sie. "Nicht wie jetzt an Rihanna und Ed Sheeran, die vermutlich sowieso gut durchkommen", gibt Riegler zu denken.

Obwohl die einzelnen Bandmitglieder nicht um ihre Existenzen fürchten, geht das Coronavirus jedoch auch an den Hundskrippln nicht spurlos vorbei: Die fehlenden Einnahmen schlagen sich auf die Bandkasse nieder, woraus zum Beispiel die Kosten für Videodrehs finanziert werden. Die Probleme liegen nicht nur in den Finanzen. Durch die ausfallenden Konzerte gehen den Hundskrippln Erfahrungen verloren: "Das Woodstock der Blasmusik Österreich, wo wir gespielt hätten, wurde abgesagt. Dort hätten wir auf der Hauptbühne spielen dürfen. Dieser Auftritt vor 20000 Menschen wäre unser größter gewesen", schildert Riegler. Außerdem müssen die Musiker auf Bandproben verzichten.

Sie kommunizieren zwar per Videochat, doch jeder übt für sich alleine an seinen Instrumenten. Dank Homeoffice und Ausgangsbeschränkungen finden die Musiker mehr Zeit, um Texte für weitere Lieder zu schreiben. "Tom und ich sitzen gerade an einem Song für Helene Fischer", erzählt Riegler. Sie basteln zudem an Liedern für das neue Album der Hundskrippln weiter. Zehn bis elf Stücke sollen auf diesem zu finden sein - rund die Hälfte davon ist bisher fertig.

Damit arbeiten die Musiker für eine Zeit nach Corona. Eine Zeit, in der sie Bandkonferenzen nicht im Netz, sondern in ihrem Lieblingswirtshaus abhalten. Eine Zeit, in der sie ihre Fans nicht in einem Video auf dem Bildschirm, sondern auf einem Konzert sehen: "Wir freuen uns darauf, wieder auf der Bühne stehen zu können", resümiert Riegler.

DK

Laura Schabenberger