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Eine große Aufgabe

Der neue SPD-Generalsekretär Hubertus Heil über den bevorstehenden Wahlkampf

01.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:01 Uhr

Berlin (DK) SPD-Generalsekretär Hubertus Heil spricht im Interview über Martin Schulz, Wahlkampfthemen wie innere Sicherheit und Flüchtlinge sowie die Abgrenzung von der CDU.

Herr Heil, der Hype um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ist vorüber, der Abstand zur Union in den Umfragen zweistellig: Jetzt sollen Sie helfen, das Blatt zu wenden. Wie schwer ist die Last auf Ihren Schultern?

Hubertus Heil: Viel Vorbereitungszeit hatte ich jedenfalls nicht, da es aufgrund der tragischen Erkrankung Erwin Sellerings, den ich persönlich gut kenne und schätze, zu den personellen Veränderungen kam. Ich kenne die Größe der Aufgabe. Aber ich weiß auch, was ich kann.

 

Zwischenzeitlich lag die SPD in den Umfragen vor der Union - was ist in den letzten Wochen und Monaten aus Ihrer Sicht schiefgelaufen?

Heil: Vor uns liegen 115 Tage Wahlkampf. Wir können uns jetzt keine monatelangen Fehleranalysen erlauben. Die Niederlage in Nordrhein-Westfalen war für uns ein schwerer Schlag, aber die SPD hat sich nicht unterkriegen lassen. Und: Unsere Werte sind jetzt noch sehr viel besser als zu Beginn des Jahres. Die Entscheidung fällt auf den letzten Metern, in der heißen Phase des Wahlkampfs.

 

Angela Merkel spielt ihren Amtsbonus aus, punktet mit internationalen Auftritten, der G 20-Gipfel steht erst noch bevor. Wie kann Martin Schulz der Kanzlerin da noch den Schneid abkaufen?

Heil: Entscheidend wird sein, wem die Menschen zutrauen, Deutschland nach der Bundestagswahl mit den richtigen Konzepten zu führen. Martin Schulz oder Angela Merkel? In der Innen-, Außen- und Europapolitik gibt es klare Differenzen. Es geht um soziale Gerechtigkeit, um wirtschaftlichen Erfolg, um Deutschlands Verantwortung für den Frieden in der Welt und die Überwindung der Krise Europas. Da hat Martin Schulz klar die besseren Rezepte und die größere Leidenschaft.

 

Wird Martin Schulz ein Kompetenzteam präsentieren, eine Art Schattenkabinett?

Heil: Es wird kein Kompetenzteam im klassischen Sinne geben. Martin Schulz ist unsere Nummer eins. Daneben haben wir viele Frauen und Männer, die glaubwürdig und kompetent für Themen stehen und die alle Martin Schulz unterstützen werden. Aber das muss man nicht unbedingt gleich mit Porträtfotos abbilden.

 

Seit den Zeiten von Otto Schily gab es bei der SPD in der ersten Reihe keinen Politiker, der für eine harte Linie bei der Inneren Sicherheit steht. Nun hat Kanzlerkandidat Schulz ein Zehn-Punkte-Programm zum Thema beschlossen. Ist das nicht etwas spät?

Heil: Sicher zu leben und sich sicher zu fühlen, ist ein soziales Bürgerrecht. Dafür haben wir immer gekämpft. Der beste Schutz vor Kriminalität, Gewalt und Extremismus ist neben einem handlungsfähigen Staat und einer gut ausgestatteten Polizei und Justiz eine solidarische Bürgergesellschaft . . .

 

Mehr Polizei, mehr Videoüberwachung, eine stärkere europäische Kooperation - das findet sich auch in den Forderungskatalogen der Union. Wie grenzt sich die SPD beim Thema innere Sicherheit ab?

Heil: Schärfere Gesetze sind kein Selbstzweck. Die CDU/CSU stellen seit 2005 den Bundesinnenminister. Sie hat die Bundespolizei durch übermäßiges Sparen und Personalabbau geschwächt. Wir haben dafür gesorgt, dass die Stellen wieder aufgestockt werden - in einem ersten Schritt um 3500. Wir müssen dafür sorgen, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden. Nur reiche Leute können sich einen schwachen Staat leisten. Die überwiegende Mehrheit kann es nicht. Bei der Union wird mir angst und bange: Würden ihre gigantischen Steuersenkungsversprechen Wirklichkeit, wäre unser Staat nicht mehr handlungsfähig. Auch bei der inneren Sicherheit. Wir setzen auf mehr Polizei und staatliche Förderung für einen besseren Einbruchsschutz.

 

Thema Flüchtlinge: Nach dem Anschlag von Kabul haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, die Abschiebung abgelehnter Afghanistan-Flüchtlinge erst einmal zu stoppen. Wie beurteilen Sie die Entscheidung?

Heil: Wir dürfen die Augen nicht vor dem verschließen, was in Afghanistan geschieht. Es ist richtig, dass die Bundesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan gerade auch nach dem jüngsten Anschlag neu bewertet.

 

Im Wahlprogramm klaffen noch Lücken - bei Steuern, bei Rente. Worauf können sich die Wählerinnen und Wähler einstellen?

Heil: In den nächsten Wochen werden wir Klarheit schaffen - übrigens deutlich vor der Union. Die SPD hat schon jetzt sehr klare Leitplanken für die Steuer- und Rentenpolitik. Wir wollen Vorrang für Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur und gezielt kleinere und mittlere Einkommen entlasten.

 

Die Fragen stellte

Rasmus Buchsteiner.