Allersberg
"Eine Frechheit den Anwohnern gegenüber"

Allersberger Marktgemeinderat lehnt Lärmaktionsplan der Regierung von Mittelfranken einstimmig ab

24.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:10 Uhr

Mehr als 27 Millionen Fahrzeuge pro Jahr sind auf der A9 im Bereich des Marktes Allersberg unterwegs. Mit dem vorgelegten Lärmaktionsplan der Regierung von Mittelfranken ist der Marktgemeinderat allerdings nicht einverstanden. - Foto: Mücke

Allersberg (HK) Mit dem Lärmaktionsplan der Regierung von Mittelfranken ist der Marktgemeinderat nicht einverstanden. Einstimmig verweigerten die Markträte am Montagabend ihre Zustimmung und forderten vielmehr konkrete Maßnahmen.

Die Verpflichtung zur Aufstellung sogenannter Lärmaktionspläne beruht auf europäischem Recht, das der Bund bereits im Jahr 2005 umgesetzt hat. Der den Markträten vorliegende Lärmaktionsplan bezieht sich aber allein auf die Bundesautobahn und beinhaltet nicht - wie es auch aus den Unterlagen hervorgeht - die Lärmbelastungen aus den Staatsstraßen und der ICE-Trasse.

Aufzustellen sind solche Aktionspläne überall dort, wo es eine Verkehrsbelastung von mindestens drei Millionen Fahrzeugen im Jahr gibt. Die Autobahn bringt im Bereich des Marktes Allersberg ein Verkehrsaufkommen von 75 000 Fahrzeugen am Tag, was im Jahr, wie es der stellvertretende Bürgermeister Thomas Schönfeld (CSU) hochrechnete, mehr als 27 Millionen Fahrzeuge bedeutet. Bei bestehenden Autobahnen gebe es aber keinen Rechtsanspruch auf Maßnahmen, wenn Lärmpegel überschritten seien, machte Schönfeld deutlich, der diesmal die Sitzung leitete.

Lediglich, wenn eine wesentliche Änderung erfolge, beispielsweise eine Verbreiterung um eine zusätzliche Spur oder wenn Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, sollen Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden. Ermittelt wird die Lärmbelastung auch nicht nach exakten Messungen, sondern nach Berechnungen.

Nach den Lärmberechnungen wurde ein sogenanntes Belastungsband entlang der Autobahn gezogen. Und da kommt heraus, dass der Kernort Allersberg außerhalb des Belastungsbandes liege, das sich beiderseits der Autobahn ausbreite. Stark betroffen seien aber die Ortsteile Altenfelden und Göggelsbuch, auch Eismannsdorf, Eulenhof und Polsdorf.

In Altenfelden, wo die Bebauung bis auf wenige Meter an die Autobahn heranreicht, sei bei fünf Wohngebäuden trotz Lärmschutzwand der zulässige Pegel von 67 dB(A) am Tag und an 17 Gebäuden der Pegel von 57 dB(A) in der Nacht überschritten. In Göggelsbuch komme es zu Maximalpegeln von 70 dB(A) am Tag und 62 dB(A) in der Nacht, womit der zulässige Pegel an sechs Wohngebäuden am Tag und 16 in der Nacht überschritten sei. Der Lärmaktionsplan sieht vor, dass bei Altenfelden bei einer turnusmäßig anstehenden Fahrbahnerneuerung ein sogenannter Flüsterasphalt aufgebracht wird und für Göggelsbuch die Lärmwand auf der Brücke über die Kreisstraße erhöht werden solle. Konkrete Zeitpunkte dafür werden aber nicht genannt.

So kam es im Marktrat zu einer recht regen Aussprache, an der sich Sprecher aller Fraktionen beteiligten und die in Vorwürfen wie "Da weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut", "Das Papier ist das Drucken nicht wert", "Sehr viel geschrieben, wenig Inhalt" oder "Das ist eine Frechheit den Anwohnern gegenüber" gipfelten.

Unschlüssig stellte sich für Holger Gmelch (CSU) der Lärmaktionsplan dar, weil für Orte wie etwa Eismannsdorf zwar eine Betroffenheit anerkannt werde, daraus aber keine Schlüsse gezogen werden. Die vorgesehenen Erneuerungen der Brücken im Gemeindebereich in den kommenden Jahren müssten berücksichtigt werden, forderte er, und dann könnte auf der gesamten Strecke gleich ein Flüsterasphalt aufgebracht werden.

Ähnliche Forderungen erhoben auch Walter Penkert (ABF), Norbert Schöll (CSU) und Eduard Riehl (SPD). Gabriele Sossau (ABF) vermisste eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 80 im Bereich der Parkplätze bei Göggelsbuch, weil durch die vielen ein- und ausfahrenden Lastwagen der Verkehr dort gefährlicher geworden sei. Norbert Schöll vermisste in dem Plan auch die Ortsteile Appelhof und Fischhof, die ebenfalls betroffen wären. Anja Haußner (CSU) war der Auffassung, dass durch die Erhöhung der Lärmschutzwand auf der Göggelsbucher Seite nun auch die Ostseite und vor allem Lampersdorf stärker betroffen wäre. Lorenz Lehner (CSU) bezeichnete die Autobahn mittlerweile als eine eher schlechte Landstraße wegen der Fahrbahnbeschaffenheit. Eine Gesamtberechnung der Lärmbelastungen forderte Eduard Riehl unter Einbeziehung der neuen Bahnstrecke.

Nach den Ratsmitgliedern durfte Zuhörer Georg Gruber aus Göggelsbuch seinen Beitrag abgeben. Die Verkehrszunahme habe nicht mit dem Schutz der Bevölkerung Schritt gehalten, lautete sein Vorwurf. Und es sei respektlos gegenüber der Bevölkerung, die Lärmbelastungen nur rechnerisch einzubeziehen. Nach seiner Auffassung sei auch die Lösung mit den erweiterten Autobahnparkplätzen bei Göggelsbuch in die Hose gegangen, weil viele Kühllastwagen eine zusätzliche Lärmquelle schaffen würden und sich der Parkplatz im Hinblick auf die Kriminalität äußerst negativ auswirke.

Der Allersberger Marktgemeinderat versagte am Ende sein Einvernehmen, das aber nach den rechtlichen Hinweisen des Lärmaktionsplans zwingend erforderlich wäre. Es wird damit wohl nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich der Marktgemeinderat mit diesem Thema befasst hat.