München
Eine fast unlösbare Aufgabe für Söder

Um Bayern bis 2030 schuldenfrei zu machen, muss der Finanzminister pro Jahr 1,8 Milliarden Euro abbezahlen

25.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:54 Uhr

München (DK) Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat nun auch per Regierungserklärung bekräftigt, dass er den Freistaat bis 2030 schuldenfrei machen möchte. Die Opposition wirft ihm „Luftnummern“ vor.

Platon – so einer könnte jetzt vielleicht helfen. Horst Seehofer lehnt am Sockel der weißen Büste. Der antike Denker und andere Geistesgrößen zieren den Treppenaufgang zum Plenarsaal. Seehofer steht zufällig da. Aber irgendwie passt das Bild zu seinem neuen Mammutprojekt – der Entschuldung des Freistaats bis 2030, die er kürzlich in Wildbad Kreuth angekündigt hatte. Und wenn er 2030 sage, dann meine er es so, sagt Seehofer. „Wir eiern jetzt nicht mit Jahreszahlen herum.“

Die blaue Mappe mit seiner Regierungserklärung hält Seehofer in der Hand und läuft die Treppe zum Plenarsaal hinauf. Die letzten Schritte, bevor die Opposition wartet, die ihm das alles nicht glauben möchte. „Politischen Hokuspokus“ und „Luftnummern“ wird sie ihm später vorwerfen. Die Debatte wird phasenweise turbulent.

„Wir wollen das erste schuldenfreie Land in Deutschland werden“, sagt Seehofer. Weil nur die soliden Staaten auf Dauer stark seien. Und weil die Tilgung von Schulden künftige Generationen entlaste. Derzeit zahlt der Freistaat jährlich rund eine Milliarde Euro Zinsen. Bis „Mitte des Jahres“, wenn der Doppelhaushalt 2013/14 eingebracht wird, solle Finanzminister Markus Söder (CSU) ein konkretes Tilgungskonzept vorlegen. Jubel und rhythmisches Klatschen kommt von den Regierungsfraktionen.

Einer klatscht da allerdings in einem wesentlich langsameren Rhythmus: Söder selbst. Man muss kein Buchhalter sein, um zu sehen, dass es eine fast unmögliche Aufgabe ist: Durchschnittlich müsste Bayern bis 2030 jährlich 1,8 Milliarden Euro abbezahlen. Das ist bisher selbst in Jahren mit hohen Steuereinnahmen nicht annähernd gelungen. Und es wird auch wieder Jahre geben, in denen die Konjunktur schlechter läuft. Nach den ehrgeizigen Versprechen steht nicht nur Seehofers, sondern auch Söders Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.

Doch der Regierungschef gibt sich entschlossen. Er setzt vor allem auf eine Reform des Länderfinanzausgleichs. Auch dazu soll Söder einen Vorschlag erarbeiten. 3,7 Milliarden Euro zahlte der Freistaat 2011 in den Umverteilungstopf zwischen den Ländern ein. CSU-Fraktionschef Georg Schmid räumt ein, dass Bayern selbst früher, als wirtschaftlich noch nicht alles rund lief, etwa neun Milliarden aus dem Finanzausgleich bekommen habe. Inzwischen habe der Freistaat aber 34 Milliarden einbezahlt. So könne es nicht weitergehen

2019 läuft die Vereinbarung aus. Sollte es dem Freistaat gelingen, nur einen Teil des Geldes künftig zu behalten, könnte die Entschuldung gelingen, so das Kalkül. Notfalls wollen die Südländer klagen. Er verlasse sich auf entsprechende Zusagen aus Baden-Württemberg, sagt Seehofer am Rande der Sitzung. Dort regiert aber nun kein politischer Freund mehr, sondern der Grüne Winfried Kretschmann. Die Verabredungen könnten also am Ende wenig verlässlich sein.

Und SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher erinnert daran, dass Seehofer an den heutigen Zuständen nicht ganz unbeteiligt war. 2001 habe der Regierungschef dem Gesetz zum Finanzausgleich, damals noch als Bundestagsabgeordneter, selbst zugestimmt – und mit ihm die gesamte CSU.