Pfaffenhofen
"Eine Ausbildung muss Freude machen"

09.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:02 Uhr

Gemeinsam auf Lehrstellensuche: Die Freundinnen Lena Tegel, Franziska Oppen, Verena Hölzl und Nadine Heinzlmair (von links) studieren die Angebote. - Foto: Paul

Pfaffenhofen (apl) In der Aula der Volksschule am Kapellenweg stehen große Stellwände, von oben bis unten beklebt mit gelben Zetteln. Zu beiden Seiten des Raumes haben Unternehmen Werbestände aufgebaut, bieten Flugblätter und Broschüren an.

Dutzende Firmen aus dem ganzen Landkreis und den Nachbarorten warben jetzt für neue Lehrlinge zum neuen Ausbildungsjahr im Herbst. Aktuell sind bei der Agentur für Arbeit noch 660 Jugendliche aus dem Landkreis gemeldet, die einen Ausbildungsplatz suchen. Teamleiterin Christine Triebenbacher von der Arbeitsagentur hat die Lehrstellenbörse mit organisiert und gibt sich zuversichtlich. Grundsätzlich stehe für jeden Schüler ein Ausbildungsplatz zur Verfügung. Nur müsste man halt die persönlichen Ansprüche und Befähigungen überprüfen und sich stärker am Arbeitsmarkt orientieren. "Bei den Buben wird etwa Kfz-Mechatroniker sehr stark nachgefragt, bei den Mädchen Bürokauffrau", berichtet die Expertin. Wer die gelben Zettel studiert, findet freilich eher Angebote von Baufirmen, Bäckern, Fleischern und Friseuren.

Geduld bei Berufswahl

Wer jetzt ins Grübeln gerät, hat über die Pfingstferien Gelegenheit, eine mögliche Jobalternative bei einem Praktikum zu testen. Bei der 16-jährigen Stefanie Bergmann aus Pfaffenhofen, sie besucht die 9. Klasse der Hauptschule, steht eine Lehrstelle als Medizinische Fachangestellte ganz oben auf der Wunschliste. Leider hat aber bis jetzt noch kein Unternehmen auf ihre Bewerbung geantwortet. Mutter Manuela dämpft deshalb den Enthusiasmus der Tochter ein wenig, sie hat Angst, ihr Mädchen bis Herbst nicht rechtzeitig unterzubringen: "Es dauert oft Wochen, manchmal Monate, bis sich eine Firma meldet, selbst bei einer Absage." Die Mutter vermutet, dass die Chefs warten, ob sich nicht doch ein Realschüler oder gar Gymnasiast für die ausgeschriebene Lehrstelle bewirbt, um diesem dann den Vorzug zu geben. "Inzwischen sind wir soweit, dass wir alles nehmen würden."

Genau davon rät Helga Hieblinger, die Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Ingolstadt-Pfaffenhofen (IHK), aber gründlich ab. "Man sollte nur eine Ausbildung beginnen, die einem auch Freude bereitet, sonst schleppt man sich nur durch den Arbeitstag, da hat dann auch das Unternehmen nichts davon." Hieblinger ist überzeugt, dass auch engagierte Hauptschüler durchaus Chancen bei anspruchsvolleren Ausbildungsberufen haben, selbst bei weniger guten Noten – "wenn nur die menschlichen Qualitäten stimmen, also Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Konfliktfähigkeit." Da wären vor allem die Eltern gefordert, diese müssten stärker "Werte vermitteln".

Die IHK-Ausbildungsexpertin für die Region berichtet von einem Buben, auch Hauptschüler, den sie trotz mittelmäßiger Noten als Fachinformatiker untergebracht hat: "Voll begeisterungsfähig, ein richtiger Bastler und Computerfreak, genau so einen wollte der Chef."

Werbung für’s Handwerk

Raphael Strobl (16) und Franz-Josef Mahl (17) haben ihren Traumjob schon gefunden: Zimmermann. Die beiden jungen Männer stehen im ersten Lehrjahr und werben nun, ganz zünftig in ihrer traditionellen Handwerkerkleidung, um künftige Azubi-Kollegen. "Reizvoll an der Arbeit ist der Umgang mit Holz, man hat viel Bewegung an der frischen Luft und es gibt gute Weiterbildungsmöglichkeiten, beispielsweise zum Bauingenieur oder zum Energieberater", erklärt Raphael. Schon nach einer Stunde hatten sich an ihrem Stand vier Interessenten erkundigt, "darunter auch ein Mädchen", berichtet Franz-Joseph.