Kleinhohenried
Eine alte Kunst, die Erfahrung braucht

Beim Obstveredelungskurs im Haus im Moos lernen die Teilnehmer Theorie und verschiedene Techniken

12.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:56 Uhr
Den 21 Teilnehmern des Obstveredelungskurses im Haus im Moos zeigte Kursleiter Peter Schlinsog, Leiter der Städtischen Baumschule München (r.), wie Unterlage und Veredlungsreis mit Hilfe eines Veredlungsgummis kopuliert werden. −Foto: Hammerl

Kleinhohenried (SZ) Obstbäume veredeln ist eine alte Kunst, die Wissen und Erfahrung braucht. Das vermittelte Referent Peter Schlinsog, Leiter der Städtischen Baumschule München, in einem Kurs im Haus im Moos. Gut die Hälfte der Teilnehmer hatte sich bereits darin versucht - mit unterschiedlichem Erfolg.

"Ich habe es schon ein Dutzend Mal probiert, aber nur einmal hat es funktioniert", erzählt Hans Seeanner aus Oberhausen nach der Theoriestunde, "jetzt weiß ich, was ich falsch gemacht habe." Die Technik sei nicht das Problem gewesen, die beherrsche er, das habe ihm Schlinsog anhand eines mitgebrachten Probestücks bestätigt. "Es war das Drumherum", weiß der stellvertretende Vorsitzende des Oberhausener Gartenbauvereins nun. Mal habe er zum falschen Zeitpunkt veredelt, mal passten Veredlungsunterlage und Veredelungsreis nicht zusammen, Nachtfrost oder Sommertrockenheit verdarben den Erfolg. "Es war es wert, den Kurs mitzumachen", findet er, nun könne er die nächsten Versuche in Ruhe angehen.

Auch Josef Jäckl, dem früheren Kreisvorsitzenden der Gartenbauvereine, ist eine Auffrischung wichtig. "Ich habe es schon oft gehört und gemacht, aber man macht es ja nicht alle Tage", sagt er. Auch wenn Schlinsog verschiedene Veredlungstechniken erklärte, werde er bei seiner eingeübten bleiben. Manuela Stelzer wurde durch im Handel angebotene Bäume, die bis zu 60 verschiedene Sorten tragen, motiviert, den Kurs zu belegen, eigene Erfahrungen hat sie nicht mitgebracht. "Der Kursleiter hat das sehr verständlich vermittelt, praxisnah und sehr interessant", findet sie und will nun einen Pflanzfehler im eigenen Garten mithilfe der neugewonnenen Erkenntnisse ausbügeln. "Ich wollte eigentlich einen Pflaumen- und einen Mirabellenbaum pflanzen", erzählt sie, "aber dann waren es versehentlich zwei Pflaumenbäume". Einem will sie nun einen Mirabellenast aufpfropfen.

Nachdem der Referent die Grundlagen in der Theorie vermittelt hat, geht es aus dem Seminarraum hinaus in die Werkstatt, wo Kreisfachberaterin Katrin Pilz für jeden der 21 Teilnehmer drei Veredlungsunterlagen und zwar die schwachwüchsige M9 für Spindel oder Spalier, die mittelwüchsige M106 für Buschbäume und die stark wachsende A2 für Halb- oder Hochstämme sowie Veredlungsreiser von sechs Tafel- und Wirtschaftsapfelsorten vorbereitet hat, so dass am Ende des Kurses jeder drei veredelte Apfelbäumchen mitnehmen kann. Bei den Sorten stehen Gewürzluikenapfel, eine späte Lagersorte, Goldparmäne - für viele Apfelallergiker geeignet - der robuste Grahams Jubiläumsapfel, der frühe Jakob Fischer, die für Streuobstanbau geeignete Landsberger Renette und der für raue Lagen geeignete Prinz Albrecht von Preußen zur Wahl. Zunächst aber wird an Weidenruten geübt. Die seien weicher, erklärt Schlinsog und zeigt, wie das Messer geführt werden muss, um einen möglichst langen, schrägen Schnitt und damit eine möglichst große Kontaktfläche an Unterlage und Reiser für die Kopulation zu schaffen.

Das ist längst nicht so einfach, wie es aussieht. Die wenigsten trauen sich, das Messer so mit dem Daumen zu führen, wie es Schlinsog vormacht. "Sind wir versichert?", fragt er und lacht. Pilz zeigt auf den Erste-Hilfe-Kasten, Pflaster seien genug da, aber für die Kleidung hafte jeder selber. Als die Weidenruten in viele Kleinteile zerschnipselt auf den Tischen liegen, geht es mit den deutlich härteren Apfelruten weiter, ehe es ernst wird und die Teilnehmer an die eigens bei einem Spezialunternehmen bestellten Unterlagen und Veredlungsreiser dürfen. Vorher zeigt Schlinsog anhand der Weidenteile, wie beide, Unterlage und Veredlungsreis, mit Hilfe eines Veredlungsgummis oder alternativ mit Bast verbunden und anschließend mit kaltverstreichbarem Wachs überzogen werden.

Andrea Hammerl