Ingolstadt
Eine alte Debatte kocht wieder hoch

Tiefkühlkost in Kindertagesstätten: Veronika Peters (SPD) und Konrad Ettl (CSU) geraten aneinander

30.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:51 Uhr |

Frisch zubereitet: Die Bürgerhilfe betreibt seit 2014 eine zentrale Küche in Kösching, die alle Kindertagesstätten des gemeinnützigen Ingolstädter Vereins beliefert. In den Einrichtungen der Stadt wird dagegen Tiefkühlkost aufgewärmt, seit Langem ein Reizthema. ‹ŒArch - foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Der Streit um das Essen in den städtischen Kindertagesstätten ist neu entflammt. SPD-Stadträtin Veronika Peters kritisiert, dass das Aufwärmen der Fertiggerichte nach dem Cook-&-Freeze-Prinzip wegen mehr Personals teurer käme. "Frau Peters verdreht alles!", klagt Konrad Ettl (CSU).

Die weihnachtliche Behaglichkeit im Hause Ettl fand am Dienstag nach den Feiertagen ein jähes Ende. Denn da schlug eine Pressemitteilung der SPD-Stadtratsfraktion auf. Und das hart. CSU-Stadtrat Konrad Ettl, der Sprecher des Sozialausschusses, ist sehr verärgert über das, was Veronika Peters da schreibt. "Wir haben uns immer gut verstanden - und jetzt das!" Die SPD-Stadträtin beklagt, wie schon gemeldet: "Die Cook-&-Freeze-Verpflegung an städtischen Schulen und Kindergärten wird durch die notwendige Einstellung von zusätzlichem Küchenpersonalteurer als erwartet!" Das neue Personal werde nötig, um das tiefgefrorene Essen für die Kinder aufzubereiten, so Veronika Peters. Jetzt sei eingetreten, was sie vorausgesehen habe: "Die zusätzlichen Kosten verteuern das Angebot von Cook & Freeze. Und das ausgerechnet jetzt, wo sparsames Haushalten gefragt ist." Die SPD-Fraktion fordere daher eine neue Kostenrechnung. CSU-Sozialexperte Ettl erwidert aufgebracht: "Das stimmt so nicht! Frau Peters verdreht alles!"

Wer hat recht? Hier die Fakten: Die Stadtverwaltung will, wie mehrfach berichtet, in städtischen Kindertagesstätten zusätzliche Kurzzeitkräfte einstellen, die sich ausschließlich um das Mittagessen kümmern, die Stellen wurden vor Kurzem ausgeschrieben. Bisher läuft es in den städtischen Kindergärten und Krippen so ab: Die Tiefkühlkost zweier großer Hersteller wird erhitzt (Cook-&-Freeze-Prinzip), Obst und Salat gibt es frisch angerichtet. Diese Aufgabe erledigen bisher Kinderpflegerinnen und mitunter auch Erzieherinnen. Die von Peters kritisierte Verteuerung der Mittagsverpflegung lässt sich also auch ganz anders interpretieren, nämlich als Investition in das pädagogische Personal.

So argumentiert der auch für die Kindertagesstätten verantwortliche Kulturreferent Gabriel Engert. Er sagte im Juni, als das Thema schon einmal hochkochte: "Wenn eine Kinderpflegerin bei der Essensausgabe mithilft, ist sie ja auch nicht am Kind tätig. Die Zeit, die freigesetzt wird, indem diese Aufgabe Küchenkräfte übernehmen, kommt dann ja wieder den Kindern zugute."

Konrad Ettl sieht das genauso. "Ja, die neuen Küchenkräfte kosten etwas, aber sie entlasten die Kinderpflegerinnen. Sie haben dann mehr Zeit für die pädagogische Arbeit." Beim Mittagessen in den Kitas gelte der Grundsatz: Hohe Qualität, aber alles so günstig wie möglich, um die Eltern finanziell zu entlasten, insbesondere Familien mit geringem Einkommen. Nicht zu vergessen die Alleinerziehenden. Ettl hält den städtischen Modus der Mittagsverpflegung für den besten, denn die Tiefkühlgerichte seien nicht nur sozialverträglich, sondern auch ein Genuss. Er hat es selbst getestet: "Ich bin unangekündigt in einen Kindergarten gegangen, habe mich als Stadtrat vorgestellt und gefragt, ob ich mitessen darf." Das durfte er. "Es hat wirklich gut geschmeckt - mir und den Kindern." Das bestätigten auch die Eltern.

Die Debatte wird wohl weitergehen. Veronika Peters führt seit Langem einen Kampf gegen die Tiefkühlkost. Die Sozialdemokratin ist die Initiatorin der Kampagne "IN isst gut", die sich für frisch zubereitetes Bio-Essen in Kitas und Schulen einsetzt. "Frau Peters wünscht sich, dass die Kinder mit den Erzieherinnen in kleinen Gruppen gemeinsam kochen. Alles bio. Da bin ich auch dafür! Das wäre toll!", sagt Ettl. Jedoch: "Man kann es leider nicht finanzieren. Eine Unternehmerin kann das bezahlen, aber ich bin als Sprecher des Sozialausschusses für die armen Familien verantwortlich, die sich das nicht leisten können. Wir müssen uns auch um die kleinen Leute kümmern!" Die Stadt übernehme für 700 Ingolstädter Familien die Kita-Gebühren, weil sie in finanziell prekären Verhältnissen leben. Diese Bürger dürfe man niemals aus dem Blick verlieren, sagt Ettl.

Veronika Peters rechtfertigte am Donnerstag auf Anfrage ihre Mitteilung vom 27. Dezember: Es hätte Möglichkeiten gegeben, gutes, gesundes und zugleich preiswertes Essen vor Ort zuzubereiten, sagt sie. Das bewiesen etwa die Cantina International im Piusviertel oder die Bürgerhilfe mit ihrer Zentralküche in Kösching. "Man muss es nur wollen, aber die Stadt hat es nicht gewollt. Die Stadt will Cook & Freeze." Im Übrigen sei - anders als jetzt von Engert dargestellt - das gemeinsame Herrichten der Mahlzeiten von Erzieherinnen und Kindern ein fester Bestandteil des Verpflegungskonzepts der Stadt, Stichworte Pädagogik und Erlernen von Kulturtechniken (siehe Details im Kasten). Die SPD-Stadträtin versichert: "Ich werde bei diesem Thema keine Ruhe geben!"

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