Schrobenhausen
Eine Ära geht zu Ende

vhs bereitet Benno Bickel warmherzigen Abschied und seiner Nachfolgerin einen ebensolchen Empfang

01.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr

Foto: Ute de Pascale

Schrobenhausen (SZ) "Ich habe eigentlich nur versucht, meine Arbeit zu machen", sagt Benno Bickel bescheiden, nachdem er zuvor mit Lob überschüttet worden war. Am Donnerstag verabschiedete sich die vhs-Familie von ihrem langjährigen Leiter - und hieß seine Nachfolgerin Jana Gerstmair willkommen.

Hier, im vhs-Gebäude, "in seinem lange angetrauten Domizil", begehe man den Abschied "von einem ganz lieben Freund und tollen Geschäftsleiter", sagt vhs-Vorsitzender Klaus Englert, bevor er so gut wie jeden der Gäste im rappelvollen Blauen Saal persönlich begrüßt. So stehen dann auch jene beiden schlagartig im Zentrum der Aufmerksamkeit, die sich um ein paar Minuten verspäten. "So viele tolle und illustre Gäste", freut sich Englert beim Blick in den Saal, "so viele Repräsentanten des öffentlichen Lebens".

Gewohnt informativ-humorig führt Englert sie alle dann durch die Geschichte der Schrobenhausener vhs sowie durch all die "Sternenjahre mit Benno Bickel". Jenem "super Redakteur, tollen Buchschreiber - immer bescheiden, am Puls der Zeit, und trotzdem nie laut werdend". Gerade das sei der Grund, weshalb Bickel so viel erreicht habe, ist Englert überzeugt. Während seines launigen Streifzuges durch die "Bickel-Meilensteine" macht Englert auch bei seinem eigenen Vorgänger, Ehrenvorsitzendem Conny Leufer, Station. Auf der Leinwand lässt er derweil eine Krone auf Leufers Haupt darnieder schweben. Und Klaus Englert plaudert auch von Benno Bickels Plänen, die ihn ja nicht nur weg von der vhs, sondern auch aus der Stadt führen: Bickel gehe nach England, widme sich als Dozent an der Hochschule in York der Eisenbahngeschichte.

Unter 19 Bewerbern aus ganz Deutschland habe Jana Gerstmair, die bereits lange Jahre im Vorstand der vhs mitwirke, das Rennen gemacht, so Englert weiter. Der Grund: "Sie kann alles, sie macht alles und sie ist sich für nichts zu schade." Der neuen vhs-Leiterin prophezeit Englert: "Du wirst der großen Verantwortung gerecht werden" - um schelmisch hinzuzufügen: "Wenn nicht - ich bin Jurist!"

"Nicht einen Millimeter Luft" habe sein Vorredner ihm für seine Rede gelassen, stöhnt Karlheinz Stephan. Ein paar zusätzliche Worte fallen dem Schrobenhausener Bürgermeister dennoch ein, so zollt er Bickel "Respekt und Anerkennung für seine Leistung". Seit er gegenüber des vhs-Gebäudes sein Domizil aufgeschlagen habe, sei ihm noch mehr bewusstgeworden, welch buntes Leben hier herrsche. Und Stephan sagt: "Sie bekommen ein Juwel, Frau Gerstmair!" Dem Wunsch Bickels folgt der Bürgermeister: Statt Geschenken gibt es eine Spende an eine Flüchtlingsorganisation.

Das eine oder andere Präsent bekommt Bickel dann aber doch. Etwa von Stephan Pokorny, jenem Dozenten mit den meisten Kursen in der Bickel-Ära, oder, wie Englert ihn vorstellt, den "Tausendsassa auf der Tanzfläche". Nachdem Pokorny die Besucher ziemlich tief in seine Welt der großen Galabälle - im Dunstkreis der Schrobenhausener vhs - entführt, verabschiedet er sich von Bickel mit einem Max-Biller-Gemälde; droht dann aber scherzhaft: "In York bist du nicht sicher vor mir!"

Hatte Englert Pokornys Worte noch eine "lange kurzweilige Rede", kommentiert, versichert Benno Bickel dann, er werde sich bemühen, eine "kurze langweilige Rede" zu halten. Das bekommt er nur so halb hin. Kurz: ja; zumindest relativ. Langweilig: keineswegs. Denn in den "letzten Worten" als vhs-Leiter wird klar, weshalb der Abschied von Benno Bickel mit einer gehörigen Portion Wehmut verbunden ist. Ihm sei nach all den Reden "ein wenig schwindelig", sagt Bickel. "Sollte die Formel gelten ,Anerkennung = Lob pro Zeiteinheit', dann habe ich jetzt eine ganz schöne Dosis abbekommen." Dass er es auf 28 Jahre als vhs-Leiter gebracht habe, sei "weniger ein persönlicher Verdienst als dem physikalisch-biologischen Phänomen des Alterns geschuldet". Und: "Die Zeit vergeht schnell, wenn man eine Arbeit gerne macht." Wobei er seinen "lieben Kolleginnen" ein "großes Stück der Lobestorte weitergeben möchte". Ohne sie, den Teamgeist, "wäre ich schon vor vielen Jahren mindestens bis nach Neuseeland ausgewandert." Gleiches gelte auch für die Dozenten. "Weit über 1000 waren es, mit denen ich im Laufe der Jahre zusammenarbeiten durfte."

Irgendwann meint Benno Bickel dann: "Was soll ich Ihnen sonst noch erzählen? Soll ich Sie mit andragogischen Fachtermini quälen" Oder etwa mit "Kauderwelsch moderner Management-Mythologie"? Er verzichtet auf beides, zückt lieber eine lustige Anekdote. Jene vom lange zurückliegenden Vorwurf eines Bürgermeisters: "Ein Englischkurs für Schrobenhausen reicht. Sie aber machen 30!" Bickels Augen leuchten spitzbübisch als er hinzufügt: "Unter uns: Wir hatten damals sogar 38 Englischkurse." Großer Dank gebühre Klaus Englert, der "mehr als einmal als kundiger Lotse an Bord unseres schmucken, aber zerbrechlichen Bildungsschiffleins" die vhs wieder in sicheres Gewässer leitete. Benno Bickel sagt: "Ich habe keine Zweifel, dass die Erwachsenenbildung allgemein und unsere Volkshochschule im Besonderen eine Zukunft hat." Und an seine Nachfolgerin gewandt: "Siebengescheite Ratschläge werde ich ihr keine mit auf den Weg geben." Sie werde "ihren Weg machen und ihre eigenen Akzente setzen."

Sie habe doch nur Schuhgröße 37, wiegelt Jana Gerstmair schließlich ab. Die Fußstapfen, in die sie da trete, seien schon enorm groß. Dennoch freut sie sich: "Ich bekomme ein tolles Fundament mit tollen Mitarbeitern." Benno Bickels Geist wird an der vhs noch eine ganze Weile weiterwehen. Er habe ihr ja bereits einige Dinge ins Ohr gesetzt, die sie nun angreifen wolle, kündigt Jana Gerstmair an.