Kinding
Einblicke in längst vergangene Zeiten

Letzter Vortrag der Reihe "Der Limes - Wachtürme, Kastelle und Vici" mit Andreas Schaflitzl

18.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:21 Uhr
In Kinding endete die Vortragsreihe der Limesgemeinden mit dem Referat des Archäologen Andreas Schaflitzl. Kindings Bürgermeisterin Rita Böhm (von links), Martin Heiß (Altbürgermeister Titting), Sabine Lund (Organisatorin der Vortragsreihe), Otto Heiß (Altbürgermeister Greding), Schaflitzl, Veronika Fischer (Koordinatorin beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege), Josef Pfaller (Zweiter Bürgermeister Kinding) und Rainer Richter (Altbürgermeister Kipfenberg). −Foto: Lund

Kinding - Mit dem Vortrag "Und dann kam der Marschbefehl - vom Werden und Ende eines Vicus im nördlichen Raetien am Beispiel Munningen" des Archäologen Andreas Schaflitzl ist die von den Limesgemeinden und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege organisierte Vortragsreihe "Der Limes - Wachtürme, Kastelle und Vici" zu Ende gegangen.

Der Vortrag in Kinding war mit mehr als 40 Gästen ebenso gut besucht wie die vorhergehenden drei Vorträge in Denkendorf, Kipfenberg und Titting. Kindings Bürgermeisterin und stellvertretende Vorsitzende der Limesgemeinden, Rita Böhm (CSU), freute sich über das große Interesse der Bevölkerung an den angebotenen Veranstaltungen. Sie bedauerte allerdings, dass sich der Bezirk Oberbayern nicht für das Bodendenkmal Limes in den oberbayerischen Gemeinden zuständig fühle.

Der Referent des Abends, Andreas Schaflitzl, ist in Mailing aufgewachsen und bestens mit der römischen Geschichte in der Region vertraut. Seine Magisterarbeit verfasste er über den römischen Gutshof Möckenlohe, wie Veronika Fischer, Koordinatorin für das archäologische Welterbe beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, in ihrer Einführung erzählte. Schaflitzl berichtete in seinem Vortrag allerdings über die Erkenntnisse aus seiner Doktorarbeit, die er bei bauvorgreifenden archäologischen Untersuchungen im Jahr 2009 rund um Munningen gewonnen hatte. Mit der Gründung eines Kastells in Munningen, am Rand des Nördlinger Ries, hatte sich in unmittelbarer Umgebung auch eine zivile Siedlung entwickelt, die von der Kaufkraft der gut und regelmäßig bezahlten Soldaten profitierte. Anhand sehr gut erhaltener Holzfunde konnte mittels dendrochronologischer Untersuchungen eine römische Besiedlung spätestens ab 107 nach Christus nachgewiesen werden. Nach nur wenigen Jahrzehnten wurde die Einheit allerdings wieder versetzt und das Kastell aufgegeben. Schon im Jahr 112 wurden die Truppen aus Munningen abgezogen.

So wurde beispielsweise in dem nicht weit entfernten Heidenheim zwischen 112 und 120 ein Kastell gegründet, berichtete Schaflitzl. Trotz dieser Zäsur wurde die Siedlung weiter ausgebaut und das ehemals militärisch genutzte Areal mit Wohnhäusern und öffentlichen Verwaltungsbauten neu bebaut. Ein gut erhaltenes Fass mit einer Höhe von 1,60 Meter und einer Nutzung von etwa zehn Jahren konnte auf das Jahr 119, also weit nach dem Truppenabzug, datiert werden. Die auf dem Fass deutlich sichtbaren Stempel erlaubten nicht nur die Bestimmung des Ursprungsortes, vermutlich um Ravenna, sondern ließen die Wissenschaftler auch auf regen Handel schließen. Zu den spannendsten und ungewöhnlichsten Funden zählte für den jungen Archäologen aber ein Stimmwirbel aus Bronze, der zu einer Kithara, einem römischen Saiteninstrument, gehörte. Eine Kithara wurde in der Regel zu festlichen Anlässen und Weihezeremonien gespielt. Dieser Stimmwirbel sei im ganzen römischen Reich der einzige aus Bronze und nicht aus Bein, wie es üblich gewesen sei, hob Schaflitzl das Außergewöhnliche an diesem Fund hervor.

Doch auch in anderer Hinsicht erwies sich die Grabungsstätte in Munningen als eine großartige Fundgrube. 25000 Scherben fanden die Archäologen in Gruben, zusammengefügt ergaben sie wiederum 360 Gefäße. Ob diese bei der Zerstörung des Vicus um 170 nach Christus liegen geblieben oder die Gruben damit aufgefüllt worden waren, sei bislang ungeklärt. Ein Wiederaufbau und eine weitere Besiedlung konnte nur noch in Ansätzen für wenige Jahrzehnte nachgewiesen werden. So kam das Ende des Vicus Munningen knapp hundert Jahre nach seiner Gründung.

Im Anschluss an seinen Vortrag stellte der Archäologe sich den Fragen der interessierten Zuhörer. Auch im kommenden Jahr sei erneut eine Vortragsreihe mit ausgewiesenen Experten zu den Spuren der römischen Geschichte in der Region vorgesehen. Zum Jubiläum anlässlich der Ernennung des Obergermanisch-Raetischen Limes zum Welterbe vor 15 Jahren wolle man darüber hinaus Akzente setzen, hieß es.

lun