Roth
Einblicke in die Seele des Künstlers

Kunstverein Spectrum ehrt Reinhard Bienter zu dessen 70. Geburtstag mit einer Ausstellung

20.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr
Mit seiner Arbeit geprägt hat Reinhard Bienert den Landkreis , nun feiert der Künstler seinen 70. mit einer Ausstellung. −Foto: Unterburger

Roth (ub) Er hat den Landkreis Roth geprägt wie kaum ein zeitgenössischer Künstler zuvor. Seine Logos, Grafiken und Titelbilder sind überall bekannt, sein Name ist künstlerisch sehr eng mit der Region verbunden.

Und obwohl Reinhard Bienert seit geraumer Zeit in Nürnberg lebt, ist er auch als Mitbegründer des Landkreis-Kunstvereins Spectrum nach wie vor stark mit dem Landkreis Roth verbunden. Anlässlich seines 70. Geburtstags ehrt ihn Spectrum mit einer Kunstausstellung in der Galerie des Kunstvereins in Roth.

 

Bei der Vernissage wurde es eng, denn zahlreiche Künstlerkollegen, ehemalige Schüler seiner Malschule und Vertreter des öffentlichen Lebens zeigten ihre Wertschätzung. „Es war uns immer eine Ehre, wenn wir als Kommune mit ihm zu tun hatten“, sagte Roths stellvertretender Bürgermeister Hans Raithel. Landratsstellvertreter Walter Schnell würdigte die Verdienste Bienerts für den Landkreis Roth und bezeichnete den Künstler als „einen der Besten im ganzen Landkreis“. Der Rednitzhembacher Künstler Manfred Schäf umrahmte mit Gitarre und Mundharmonika die Vernissage.

„Es war dein Wunsch, dass ich zu deinem 70. Geburtstag als deine Nichte die Laudatio zu deiner Ausstellung ’Kunst feiert Feste’ spreche“, verriet die Kunsthistorikerin Kerstin Bienert. „Die Kunstausstellung erlaubt einen Einblick in deine Seele.“ Sie blickte zurück auf die Zeit vor 20 Jahren, als Reinhard Bienert aufgebrochen zu einer mehrwöchigen Reise nach Nigeria war, von der er verändert zurückgekommen ist. „Er entdeckte Dinge, die uns in einem normalen Leben fehlen“, sagte die Laudatorin, „er bekam Einblicke in sein tiefstes Inneres.“ Der Aufenthalt in Afrika habe Bienert geprägt: „Das war eine Zeit neuer Ziele, neuer Wünsche, Sehnsüchte, aber auch eine Zeit der Erholung, der Entspannung und der Abenteuer.“ Die Kunst der Igbofrauen habe Bienert nicht mehr losgelassen. Fortan habe er sich Ezimo genannt und sei in afrikanische Lebensphilosophie, Mythen und Geschichten eingetaucht. Fasziniert habe ihn, dass die Afrikanerinnen Zeichen auf ihren Lehmhäusern anbringen und diese mit Gemälden bemalen. Seither sei der Grafikkünstler von diesen Formen geprägt worden.

„In deinen Bildern überlagern sich zwei Traditionen“, analysierte die Laudatorin, „sie sind ein Pendel zwischen klaren, geometrischen Formen und freier, ungezwungener und kreativer Malerei“. Kunst zu machen sei eine abenteuerliche Reise, bei der man an Orten verweilt, von denen man vorher noch gar nichts wusste, so Kerstin Bienert weiter.

„Reinhard Bienert war auch ein Reiseführer und leidenschaftlicher Pädagoge“, so Kerstin Bienert weiter, „Bildung ist für ihn das Entzünden von lodernden Flammen.“ Viele Menschen seien mit ihm unterwegs gewesen und es sei ihm immer um einen ganzheitlichen Zugang zu den Malobjekten gegangen, seien es Malreisen, Malaktionen am Rothsee, das von ihm initiierte Aquarellmeeting, die Kunstschule am Rothsee und zahlreiche andere Aktionen gewesen. Reinhard Bienert habe auch die Schwabacher „Ortung“ initiiert.

„Es geht dir darum, neue Wege einzuschlagen und Neues anzustoßen“, unterstrich die Laudatorin. „Du hast erkannt: Die Veränderung ist das einzig wahrhafte Beständige.“ Bienert praktiziere das „blinde Malen“, das nach den Gesetzen des Zufalls funktioniere, das Aus-dem-Bauch-Malen und das entspannte Malen. Der Künstler baue auf Meditation, autogenes Training, das Experimentieren mit verschiedenen Techniken, er male spontan und energiegeladen, suche „das Chaos“ in der Malerei und das Abenteuer. „Kunst machen ist eine abenteuerliche Reise.“

Die aktuelle Ausstellung ist eine Reise durch Reinhard Bienerts Leben seit dessen 50. Geburtstag, ein Zyklus der letzten 20 Jahre. Insgesamt 14 meist großformatige Bilder hat der Künstler ausgewählt, Jahreszahlen am Boden künden von der Entstehungszeit der Werke und sind Wegmarken für ihn und den Betrachter.

Reinhard Bienert wurde 1947 in Prag geboren. Nach der Flucht seiner Eltern in den Westen kam er im Lager Limbach an und wuchs in Schwabach auf. Schon 1970, kurz nach seinem Grafikstudium, hat er sich selbstständig gemacht. Bienert entwarf Plakate für das Schwabacher Bürgerfest und mehrfach preisgekröntes Corporate Design für Stadt und Landkreis Roth, für den Triathlon und gestaltete Logos für Städte, Gemeinden, Biere und Wege. Er rief den Kunstverein Spectrum ins Leben und war mehrere Jahre Vorsitzender.

„Kunst feiert Feste“ mit Werken von „Ezimo“ Reinhard Bienert in der Galerie des Kunstvereins Spectrum in den Rothmühl-Passagen, Willy-Supf-Platz 2, Roth, ist bis 14. September geöffnet jeweils donnerstags 14 bis 18 Uhr.