Ein Welt-Unternehmer mit Ethik-Charta

04.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:22 Uhr

Als Geschenk der Stadt Pfaffenhofen überreichte Bürgermeister Thomas Herker (r.) eine bibliophile Rarität: ein "Novum Missale Romanum" aus dem Jahr 1727. Claus Hipp war sichtlich erfreut. - Foto: Vogl

Pfaffenhofen (vov) Ein gut gelaunter Claus Hipp stellte im Rathausfestsaal im Gespräch mit Joachim Scholl vom Deutschlandkulturradio sein Buch "Die Freiheit, es anders zu machen" vor. Die Zuhörer erfuhren Anekdoten aus dem Leben des Ehrenbürgers, Näheres über seine Interessen und seine Werte.

So verriet der Pfaffenhofener Unternehmer Jahrgang 1938, dass er es als Kind immer "sehr gemütlich" gefunden hatte, wenn die Familie in den Bombenkeller musste, "weil dann alle beisammen waren". Die ersten Stationen der Firma mit der Zwiebackbäckerei des Großvaters wurden ebenso angerissen wie die schwierigen Nachkriegsjahre, in welchen vor allem die Schulspeisung dem Unternehmen über die Runden half.

Erst in den 50er Jahren begann die Firma, die mittlerweile eine eigene Ethik-Charta führt, die bekannten Baby-Gläschen herzustellen und setzte sich damit auch schnell auf dem Markt durch. "Die Zubereitung von Babynahrung im Haushalt ist zu aufwendig, und wir können die Rohstoffe sorgfältiger auswählen," erklärte Claus Hipp den schnellen Erfolg. Schmunzelnd verwies er auf die Kuss-Fütterung bei den Naturvölkern, wo die Mutter dem Kleinkind die Nahrung vorkaut, und sagte: "Diese Arbeit übernehmen halt jetzt wir."

Er erinnerte auch an die ersten ökologischen Ursprünge des Unternehmens, wie anfangs mit nur fünf Biobauern zusammengearbeitet worden war – mittlerweile versorgen über 6000 Zulieferer die Firma. Seine Marktführerposition sieht Claus Hipp neben der sehr guten Qualität der Rohstoffe auch in der Sicherheit begründet, die das Unternehmen durch seine ständige Lebensmittelforschung und Kontrollen bietet: "Wir finden in einem 50 Meter langen Schwimmbecken ein Salzkorn."

Aber auch als weltweit anerkannter Künstler und Kunstprofessor hat sich Claus Hipp einen Namen gemacht. Momentan hat er eine Professur in der georgischen Hauptstadt Tiflis inne, und wurde sogar zum Honorarkonsul des Landes berufen.

Seine musikalische Ader – Hipp spielt Oboe und englisches Horn im Münchner Behördenorchester – nennt er dafür bescheiden "nur eine Liebhaberei". Eine weitere solche "Liebhaberei" ist für den Unternehmer der Reitsport. Claus Hipp trat von 1960 bis 1977 als Military- und Springreiter erfolgreich bei internationalen Springturnieren an. Er reitet auch heute noch, gibt er zu, aber nicht mehr im Wettbewerb.

"Wie schaffen Sie das nur alles" wunderte sich nicht nur Moderator Joachim Scholl, woraufhin Claus Hipp lächelnd erwidert: "Zeit hat jeder gleich viel." Auch neben den interessanten Gesprächen stimmte an dem Abend alles: das stilvolle Ambiente des voll besetzten Rathaus-Saales trug seinen Teil zur festlichen Atmosphäre bei. Feinsinnige musikalische Untermalung boten Angela Lugscheider am Flügel und Brigitte Hafner an der Klarinette, die im Verlauf des Abends mehrere Stücke interpretierten. Außerdem erhielt Claus Hipp zu seinem kürzlich gefeierten 70. Ehrentag ein Geschenk aus den Händen von Bürgermeister Thomas Herker: "Was schenkt man einem Menschen, der die Freiheit hat, es anders zu machen" hatte das Stadtoberhaupt lange überlegt. Schließlich überreichte Herker eine bibliophile Rarität: ein "Novum Missale Romanum" aus dem Jahr 1727. Dieses stellt eine Messordnung für Geistliche dar und enthält die Beschreibung liturgischer Handlungen. Sichtlich erfreut nahm Claus Hipp den Folianten entgegen.

"Wir sind froh, dass wir diesen Abend erleben durften," sagte Kulturreferent Steffen Kopetzky abschließend nach einem langen Applaus der Gäste für Claus Hipp, und fügte hinzu: "Ich wünschte, Sie wären im Stadtrat." Dieser Wunsch wurde ihm an diesem Abend nicht erfüllt, aber dafür kümmerte sich Claus Hipp um die Signierwünsche der Gäste: Bald hatte sich vor seinem Büchertisch eine lange Schlange gebildet.