Heideck
Ein weißes Zeichen im gleißenden Rot

Besondere Nachtwächterführung erinnert an den großen Stadtbrand im Jahr 1898 in Heideck

19.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:25 Uhr

Heideck (evs) Ein besonderes Erlebnis hatte Nachtwächter Markus Steib versprochen.

Und niemand wurde enttäuscht. Überraschend war zum einen, dass die Hauptstraße abends nicht erleuchtet war und zum anderen, dass dort keine Autos parkten. Mit viel Einsatz war Steib das gelungen. Denn er hatte zuvor alle Anwohner besucht und um Verständnis gebeten. Wer nicht daheim war, fand ein erklärendes Blatt im Briefkasten. Erfreulich, dass letztlich alle Steibs Bitte entsprachen.

Und das war auch gut, weil etwa 250 Besucher zu dieser Führung gekommen waren. Da zahlte sich natürlich die kräftige Nachtwächterstimme aus. Per Funk dankte Steib zu Beginn seinen 15 Feuerwehrkameraden, die während der Führung den Verkehr um die Stadt herum leiteten, so dass sich die Teilnehmer fast wie 100 Jahre zurückversetzt fühlen konnten.

Auch den Trommlerhaufen hatte Steib gewonnen, um die Tour stimmungsvoll zu begleiten. Und als einen Helfer hatte der Nachtwächter einen Scheinwerferträger. Dieser beleuchtete mit hellem Strahl die Gebäude, über die Steib gerade erzählte. So etwa das einstige untere Tor, ein Torhaus, das im 19. Jahrhundert abgerissen wurde. Einst stand auf der Brücke über den Stadtgraben eine Christophorus-Figur aus Sandstein, die man später auf die Brücke am katholischen Kindergarten versetzte. Inzwischen steht die Figur sicher in der KiD-Scheune. Das Brückenkreuz steht dagegen noch beim Anwesen Meisinger auf der Brücke.

Steib erzählte amüsant von den kleinen Schwächen einstiger Hauptstraßen-Bewohner. Vor allem aber schwärmte er von den delikaten Araber-Törtchen, die es im Café Plank gab. Vorm Schwesternhaus, an dessen Stelle in den späten 1970-er Jahren das Haus St. Benedikt erbaut wurde, erläuterte Steib die vielfältigen Aufgaben der Schwestern. Dort war auch der Kindergarten, eine Schwester betreute damals rund 50 Kinder - heute unvorstellbar. Zum Spielen gingen die Kleinen zur "Poppeles-Wiese". Daran konnten sich noch viele Teilnehmer der Führung erinnern.

Keine Zeitzeugen mehr gibt es dagegen von dem großen Stadtbrand am 4. August 1898. Genügend Material für eine große Sonderausstellung im Bürgersaal hatte Markus Steibs Vater Xaver schon vor gut 20 Jahren zusammengetragen, so dass der Sohn als Erzähler nun aus dem Vollen schöpfen kann.

26 Gebäude waren damals niedergebrannt. Alle abgebrannten Anwesen wurden bei der Führung rot angestrahlt, allein das Krach-Anwesen, ein hochgiebeliges Fachwerkhaus aus dem Mittelalter, leuchtete weiß als Zeichen, dass es als einziges vom Flammeninferno verschont geblieben war.

Über die Gründe dachte der Nachtwächter laut nach: Ein Berufskollege bewohnte das Haus damals, der Kaminkehrer Johann Fehn. Gut möglich, dass er die Vorschriften einhielt und beispielsweise kein brennbares Material hortete, Feuerlöscheimer griffbereit hatte oder einfach nur wusste, wie man sinnvoll löschen kann. So bespritzte er von innen die Dachziegeln, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. Es waren also keine übernatürlichen Kräfte am Werk, wie man früher oft vermutete.

Durch die Judengasse, die schmale Gasse hinter dem Rathaus, führte der Weg schließlich zum Marktplatz, wo Markus Steib das Thema einer besonderen Führung im nächsten Jahr ankündigte: die Anwesen der westlichen Hauptstraße.