Geisenfeld
Ein vergessenes historisches Juwel

Frühere Beschälstation beim Klosterbräu wurde vor 20 Jahren mal kurzzeitig als rustikaler Bierkeller genutzt

06.04.2021 | Stand 23.09.2023, 17:49 Uhr
Eintritt in ein früheres Geisenfeld: Als uriger Gewölbekeller präsentiert sich die frühere "Beschälstation" beim Klosterbräu. Bis in die 1960er Jahre hinein wurde hier dafür gesorgt, dass die Stuten der Landwirte Nachwuchs bekommen. Die grüne Girlande über den Boxen ist ein Überbleibsel aus jener kurzen Phase vor gut 20 Jahren, als die Räumlichkeiten unter der früheren Klosterbräu-Wirtin Maria Schweiger als besonders rustikaler Bier- und Partykeller genutzt wurden. −Foto: Kohlhuber

Geisenfeld - Man betritt das Gebäude am Ende des Hinterhofes beim Klosterbräu-Torbogens, biegt nach ein paar abwärts führenden Stufen links ab - und ist in einer anderen Zeit gelandet: mächtige Gewölbe, dicke Bierfässer, ein knorriger Bohlenboden und uraltes Pferdegeschirr. Wir sind in der früheren Geisenfelder Beschälstation, um die es im zweiten Teil unserer Serie über "Geisenfeld im Untergrund" geht.

Was bitteschön ist eine Beschälstation? Bei den allermeisten jüngeren Menschen wird diese Frage wohl für Kopfschütteln sorgen. Die Antwort: Zu jener Zeit, als Pferde aus der Landwirtschaft noch nicht wegzudenken waren, ließen Bauern aus der Umgebung hier ihrer Stuten besamen. Einige ältere Geisenfelder erinnern sich vielleicht noch an den "Beschälwärter", der immer im Frühjahr für einige Monate mit seinen zwei oder drei Hengsten in den Markt kam. Die Bauern brachten ihre Stuten in das Gewölbe, wo es dann "zur Sache ging". Auch Eigentümer Max Gandorfer hat noch ein paar Erinnerungs-Fetzen an diese Zeit, Mitte des vergangenen Jahrhunderts. "Als Buben haben haben wir immer wieder mal durchs Fenster gelugt, um von den Vorgängen da unten ein bisserl was mitzubekommen", erzählt er schmunzelnd.

Im Wesentlichen präsentiert sich der Gewölbekeller noch genauso wie damals: Ganz vorne im Eck die besonders eingehauste Box, in der der Hengst seinen Pflichten nachkam, daneben vier Warte-Boxen für die Stuten. Aber halt, was hat es denn mit der Girlande auf sich, die sich oben von Box zu Box zieht? Diese dekorative Kette stammt aus jener kurzen Phase vor gut 20 Jahren, als die historischen Gemäuer als Bier- und Weinkeller der besonders rustikalen Art Verwendung fanden.

Ihre Eignung dafür erkannte seinerzeit die damalige Klosterbräu-Wirtin Maria Schweiger. Die Idee, die urigen Räumlichkeiten gastronomisch zu nutzen, kam ihr im Sommer 1999, als die Managerin einer Münchener Firma sie nach einem Konferenzraum fragte. "Ich zeigte ihr zur Gaudi den Rossstall, und sie war total begeistert", erzählte die Wirtin damals dem Reporter der Heimatzeitung. Wenig später veranstaltete die Firma hier mit 50 Leuten tagsüber eine Schulung, und abends dann ein zünftiges bayerisches Fest. Die dafür notwendigen Biertischgarnituren fanden in den Pferdeboxen wunderbar Platz.

Und so ähnlich ging es dann noch ein paar Monate lang weiter: 1999/2000 fanden hier zwei "Ritteressen" sowie das Starkbierfest eines Geisenfelder Vereins statt, und bei drei oder vier Hochzeiten diente der Gewölbekeller zum "Brautverziehen". Am meisten würden sich die Leute bei diesen Veranstaltungen darüber wundern, "dass es hier keinen typischen Pferdegeruch gibt", erzählte die Gastronomin damals beim Besuch der Heimatzeitung.

Diese widmete sich den urigen Räumlichkeiten im Vorfeld des Bürgerfestes im Jahr 2000, weil diese damals wie bei einem Tag der offenen Tür frei zugänglich waren. Und so mancher Besucher konnte es seinerzeit kaum fassen, welches historische Juwel sich da mitten in Geisenfeld versteckt: "Viel Vergleichbares findet man in der Umgebung wohl nicht", lautete damals ein Urteil. Dennoch: Die gastronomische Nutzung der urigen Räumlichkeiten blieb nur eine Episode - wohl auch deshalb, weil Maria Schweiger im Herbst 2001 als Klosterbräu-Pächterin aufhörte.

Seitdem hat sich hinter diesem historischen Juwel der Schleier der Vergangenheit wieder geschlossen, und nichts deutet darauf hin, dass er sich in absehbarer Zeit wieder heben wird. "Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen", antwortet Eigentümer Max Gandorfer auf die Frage, ob er eine abermalige gastronomische Nutzung für denkbar hält. Zum einen seien die Räumlichkeiten oberhalb der früheren Beschälstation von seiner Tochter bewohnt, weshalb "es wohl mit dem abendlichen Lärm ein Problem gäbe", und zum anderen sei der Gewölbekeller für ihn ein "wichtiger Stauraum".

GZ

Gerhard Kohlhuber