Neuburg
Ein ungleiches Duo verzaubert

"Frühstück bei Monsieur Henri" überzeugt dank charmanter Hauptdarsteller

28.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:25 Uhr
Lebensfreude trifft auf schlechte Laune: Studentin Constance (Ronja Geburzky) und Grantler Henri (Ulli Kinalzik) im Stück "Frühstück bei Monsieur Henri". −Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Sie leiht sich seine Pantoffeln aus, ohne zu fragen, öffnet das Klavier gegen sein ausdrückliches Verbot und findet den Blick aus ihrem Fenster ins Grüne wundervoll, auch wenn der hinaus auf den Friedhof geht.

"Sie sind so positiv, das geht mir auf den Geist", sagt Monsieur Henri zu seiner Untermieterin, die ihm von Sohn und Schwiegertochter aufgezwungen wurde. Ulli Kinalzik und Ronja Geburzky bilden das Traumduo der französischen Komödie "Frühstück bei Monsieur Henri", die das Publikum im praktisch ausverkauften Neuburger Stadttheater vom ersten Moment hinreißt.

Der jungen Schauspielerin ist die Rolle der - obwohl chronisch pleite - liebenswert-fröhlichen Studentin Constance in zerrissenen Jeans, mit frecher Schnauze und Herz am rechten Fleck auf den Leib geschrieben. Kinalzik brilliert als verbitterter alter Grantler, der seit 30 Jahren seiner Frau nachtrauert, die beim Putzen aus dem Fenster stürzte - allerdings nicht ganz unverschuldet, wie sich später herausstellt. Tatsächlich besticht die von Christian Voss mit leichter Hand inszenierte Komödie nicht nur durch ihren sprühenden Wortwitz, sondern offenbart im Laufe der zehn Szenen zunehmend Tiefgang.

Herrlich ist der verbale Schlagabtausch zu Beginn, als er ihr das Zimmer mit allen Mitteln madig machen will und ihr unter anderem weismacht, dass er kein Bad habe, was sie mit einem Sprung in den kleinen Flur widerlegt. "Ich glaube, ich werde Sie doch nicht behalten", sagt er. Sie kontert: "Ich habe schlechte Nachrichten für Sie - ich nehme das Zimmer. " Dafür muss sie sich allerdings auf einen ungewöhnlichen Deal einlassen. Sie darf mietfrei wohnen, wenn sie sich bemüht, seinem Sohn Paul den Kopf so zu verdrehen, dass der sich von seiner Frau trennt. Ein Spiel, das Constance nur widerwillig, dennoch zunächst erfolgreich mitspielt. Der Plot - alter Mann wird durch jungen Menschen aus seiner Erstarrung befreit - ist nicht neu, aber immer wieder hoch amüsant und berührend, vor allem, wenn er so erfrischend und mit viel Herzblut gespielt wird wie von den beiden.

Florian Battermann und Sonja Wigger als Henris Sohn Paul und dessen Frau Valerie fallen da deutlich ab - was ihnen wohl die Rollen vorgeben. Valerie findet alles "fabelhaft" und entspricht tatsächlich dem Klischee der strohdummen Ehefrau, die keinen anderen Lebensinhalt als ihren Mann hat. Was andererseits bestens zu dem unbeholfenen Biedermann Paul passt, der die Steuerkanzlei seines Vaters übernommen hat ohne das eigentlich zu wollen.

Welche Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Henri der jungen Constance rät, nicht auf ihren Vater zu hören und ihren Traum zu leben und Musik zu komponieren. So reifen alle Figuren, reiben sich aneinander und lernen voneinander. Autor Yvan Calbérac zeigt ihre Entwicklungsprozesse und somit das Leben selbst von der heiteren Seite. Mit klarer Botschaft: Trotz aller Rück- und Schicksalsschläge hält das Leben für jeden kleine Wunder bereit. Ein entspannender Theaterabend, der nachklingt und vom Publikum mit Bravorufen und kräftigem Applaus belohnt wird.

Andrea Hammerl